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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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unter der Tür ihrer Vermieterin. Sie klopfte.
    »Bitte verzeihen Sie die späte Störung, Mrs. Perella.«
    »Aber das macht doch nichts, ich habe nur Zeitung gelesen.« Mrs. Perella war eine gebürtige Neapolitanerin von furchterregendem Aussehen und mit einem Herz aus Gold. Sie war Fritzi zugetan, außerdem nachsichtig, was den verspäteten Eingang der Miete anbetraf, und nahm Nachrichten am Telephon entgegen, ohne zu meckern.
    Zögernd fragte Fritzi: »Hat heute abend jemand für mich angerufen?«
    Mrs. Perella schüttelte den Kopf, sah Fritzis Enttäuschung und drückte ihr sanft die Hand. Fritzi dankte ihr und schleppte sich nach oben.
    Ihr Zimmer im dritten Stock war groß, aber das war auch schon alles, was man an Positivem darüber sagen konnte. Obwohl das Gasventil nicht aufgedreht war, roch der ganze Raum nach Gas; das Gebäude war noch nicht modernisiert.
    Müde und naß hängte Fritzi Hut und Mantel in den Schrank. Ihr Blick fiel auf den Tennisschläger, der in der Ecke lehnte, ein Geburtstagsgeschenk ihrer Eltern. Der Rahmen aus Esche war abgekantet, der Griff aus Zedernholz mit feinen Kerben versehen, um ihn besonders griffig zu machen. Er mußte mindestens zehn Dollar gekostet haben. In ihrem Überseekoffer war er nach New York mitgekommen, wo er unberührt geschlummert hatte, bis sie ausgepackt hatte. Tennis war ein Sport für Leute, die nicht jeden Cent zweimal umdrehen mußten.
    Sie hörte das Rattern der Hochbahn, die von Süden herandonnerte. Fritzi zog die Jalousie auf. Laut raste der Zug vorbei; hellerleuchtete Fenster warfen Schatten auf die Jalousie, schwarz-gelb, schwarzgelb. Der Fußboden bebte. Der Wasserkrug auf dem Waschtisch tanzte. Sie war daran gewöhnt.
    Sie zündete den Gaskamin neben einem gesprungenen Spiegel an, dann wand und schlängelte sie sich, um die Knöpfe auf der Rückseite ihrer Bluse aufzuknöpfen. Um sich an- und auszuziehen, brauchte man als alleinstehende Frau entweder ein Dienstmädchen, einen Geliebten oder die Beweglichkeit eines Schlangenmenschen.
    Sie zog den einen, dann den anderen Ärmel herunter und legte die Bluse aufs Bett, daneben den Rock. Unter ihrem Unterkleid trug sie einteilige Leibwäsche, bestehend aus Unterhose und Korsage, an Hals und Armen mit kostbaren Spitzen verziert. Den Blick zur Decke gerichtet, griff sie unter ihre Korsage und löste die Haken ihrer Büsteneinlagen.
    Sie schlüpfte in einen baumwollenen Morgenmantel, streckte sich auf dem Bett aus und ließ den Abend noch einmal Revue passieren. Mrs. Pats darstellerische Leistung hatte Fritzis Blut ins Wallen gebracht, aber jetzt, im nachhinein, war sie niedergeschlagen und verzagt. Für eine angehende Schauspielerin war die Kluft zu diesem Star beinahe unüberwindlich.
    Welche Voraussetzungen waren nötig, um den Sprung von einem Rang zum anderen zu schaffen? Nach diesem Geheimnis suchte sie noch immer. Was, wenn sie es nie entdeckte? Was, wenn sie eines Tages aufwachte und feststellen mußte, daß ihr Traum nichts als ein jugendliches Hirngespinst gewesen war, von dem sie sich schon vor langem hätte trennen sollen?
    Sie traute sich kaum, das zu denken.
12. FRITZI UND OH-OH
    »Probier mal«, flüsterte Maisie.
    »Ich habe bisher nur ein paarmal geraucht, aber es schmeckt mir nicht«, gab Fritzi zurück.
    »Sei kein Spielverderber! Die sind was ganz Besonderes.« Maisie zeigte ihr das farbenfrohe Päckchen. »Parfum de Paree. Das heißt soviel wie Duft von Paris.«
    Es war eine Viertelstunde vor Mitternacht, einen Tag nach Mrs. Pats Auftritt. Das Bleecker House in der Siebenundvierzigsten Straße West war still - nur das entfernte Quietschen der alten Fahrstuhlkabine war zu hören. In der schäbigen Eingangshalle roch es nach Staub, Zigarrenstummeln in Sandurnen und einem Waschmittel, von dem man im Bleecker anscheinend Unmengen verbrauchte. Fritzi kannte lebhaftere Abende: Türenschlagen, Paare, die um zwei Uhr nachts auszogen, Wimmern und Stöhnen und kreischende Schwüre aus verschlossenen Schlafzimmern. Für gewöhnlich war sie nicht nur damit beschäftigt, Möbel und Lampen im Korridor abzustauben, sondern sprang auch noch von Zimmer zu Zimmer, um Waschtische und Kommoden zu putzen, umgestürzte Stühle aufzustellen und frische Bettlaken aufzuziehen, um die deutlichen Spuren des Beischlafes zu beseitigen. Diese Spuren körperlicher Leidenschaft störten sie nicht, machten sie höchstens nachdenklich und manchmal ein wenig neidisch.
    Maisie Budwigg war von ihrem Posten im vierten Stock

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