Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
sich über die schweißbedeckte Stirn und nickte bedächtig.
    »Das war wirklich großartig gefahren da im letzten Moment«, gratulierte er.
    »Das einzig mögliche.« Carls Beine zitterten von der ständigen Arbeit an den Pedalen. Er deutete auf die große Platane, die ihn beinahe geköpft hätte. »Ich muß mich setzen.«
    Er lehnte sich mit dem Rücken an den Baumstamm. Die Geier umlagerten den Special, sie zerlegten ihn, schnitten mit ihren Taschenmessern Stücke aus den Reifen und rüttelten an der Windschutzscheibe, um sie herausheben zu können. Lieber Gott, der Mann dort hat sogar eine eigene Handblechschere mitgebracht.
    »Tut mir leid, daß ich deinen Wagen zu Schrott gefahren habe, Hoot.«
    »Laß dir da keine grauen Haare wachsen; ist noch genügend Geld da, um einen neuen zu bauen.« Wie viele andere reiche, junge Detroiter Erben gab es auch für Hoot Edmunds nicht so viele Möglichkeiten, die Zeit herumzubringen. Er hatte sich für Autos entschieden, er liebte ihre Geschwindigkeit, Verwegenheit und den Hauch von Luxus, der sie umgab.
    »Warum hocken sich diese Narren bloß auf den Zaun?« beschwerte sich Jesse. »Warum haben die Wachen sie nicht verjagt?«
    »Sie haben’s versucht«, antwortete jemand hinter Hoot mit süßer, heller Stimme. »Wir haben uns nicht verjagen lassen, weil man dort einfach die beste Sicht hat.« Diese Mitteilung wurde von einem Mann im Graben übertönt, der laut sagte: »Schau dir das an, Jack, sein Mechaniker ist ’n Nigger.«
    Jesse rollte mit den Augen und wandte sich angewidert ab. Carl warf dem Flegel im Graben einen vernichtenden Blick zu. Die Person hinter Hoot trat zur Seite, um sich zu erkennen zu geben. Die Platanenblätter zeichneten ein hübsches Schattenmuster auf die Vorderseite ihrer leuchtendweißen Bluse.
    »Sie haben wirklich einige Leben gerettet. Das war sehr mutig von Ihnen«, fuhr sie fort. Carl vermochte seinen Blick nicht zu lösen - er glaubte zu ertrinken in den schönsten dunkelblauen Augen, die er jemals gesehen hatte.
    Ganz der vollendete Gentleman, der er nun einmal war, entschuldigte sich Hoot, als er Carls Interesse bemerkte. Er schlenderte zurück zum Autowrack. Sein Auftauchen trug keineswegs dazu bei, die hemmungslos reißenden, biegenden, schneidenden Geier zu entmutigen. Hoot legte sich den Spazierstock über die Schulter und betrachtete den Vorgang mit einer Mischung aus Verwunderung und Bestürzung.
    Jesse wandte sich in die andere Richtung, weg von den Weißen, um sich mit Bull Durham aus seinem Säckchen eine Zigarette zu drehen.
    »Sie sind ein ausgezeichneter Fahrer«, sagte das Mädchen. Carl fragte sich, woher sie die Erfahrung nahm, darüber zu urteilen. »Fahren Sie schon lange?«
    »Hab’ letzten Sommer damit angefangen. Es ist eigentlich nicht schwer. Man braucht starke Arme und Schultern, und man muß das Risiko eingehen zu sterben, bevor man dreißig ist.« Das hatte er lächelnd gesagt. Sie lachte.
    »Man braucht dazu viel mehr, Sir. Zum einen Geschicklichkeit. Und wie ich sah, besitzen Sie davon eine ganze Menge.«
    Carl war noch nie einer jungen Frau begegnet, die so unverblümt war wie sie; nicht keß, nur geradeheraus. Sie war ungefähr in seinem Alter, ungefähr genauso groß wie er und rundherum wohlgeformt. Ihre Hüften waren breit, ihre Brüste voll. Sie hatte ein hübsches, rundes Gesicht, blonde Locken und volle Lippen, die zum Küssen wie gemacht waren. Und diese lebhaften Augen - so dunkelblau, wie er sich das Wasser der Südsee vorstellte. Er wollte immer schon einmal die Südsee erleben. In der Zwischenzeit würde er sich mit ihren Augen zufriedengeben. Sie war geschmackvoll, wenngleich nicht teuer gekleidet und trug einen gebänderten Strohhut sowie einen gestreiften Sonnenschirm.
    Carl drückte sich vom Platanenstamm ab und stand auf, trotz ihrer Beteuerung, das dies nicht nötig sei. Als er auf sie zuging, bemerkte er, daß Hoot sie beide mit einem seltsam grübelnden Blick ansah.
    »Tja, ich danke Ihnen für das Kompliment, Miss ...«
    »Ich heiße Teresa, aber Tess ist mir lieber.«
    »Carl. Carl Crown.« Er streckte ihr die Hand entgegen, die immer noch in dem schmierigen Lederhandschuh steckte, den er nun hastig abstreifte. Ihre Hand war kühl und fest. Er spürte, wie sein Körper darauf reagierte; er war seit Monaten nicht mehr mit einer Frau zusammengewesen.
    »Die Art von Selbstlosigkeit, die Sie an den Tag gelegt haben, müßte irgendwie belohnt werden«, sagte das Mädchen. »So viele Menschen

Weitere Kostenlose Bücher