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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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denken nur an sich selbst. Dürfte ich Sie zum Abendessen nach Hause einladen? Mein Vater würde Sie bestimmt gerne kennenlernen.«
    Carl war so überrascht, daß er nicht gleich antwortete. »Klar doch, gern. Aber das ist wirklich nicht nötig.«
    »Ich weiß. Aber mich würde es freuen. Leider wohnen wir ziemlich weit draußen. Im Winter wohnen wir in der Woodward Avenue, aber im Sommer in Grosse Pointe.«
    »Fahren da nicht die Elektrischen raus?«
    »Doch«, sagte sie und ließ ihren Sonnenschirm ins Gras fallen, um ihre Handtasche zu öffnen. »Würde Ihnen Samstag abend passen?«
    »Ja, sehr gut sogar«, beteuerte er. Dann ging ein Grinsen über sein Gesicht. »Ich glaube, ich habe noch nie eine junge Dame getroffen,
    die Autorennen mag.«
    »Mein Vater steht gewissermaßen in Verbindung mit Autos, deshalb interessiere ich mich dafür. Obwohl Vater ganz und gar nicht begeistert ist, daß ich mir die Rennen alleine ansehe. Er versucht, es mir zu verbieten, dann muß ich ihn immer dran erinnern, daß ich bereits volljährig bin. Meist ärgert er sich darüber. Ich scheine viele Männer damit zu ärgern. Deshalb bin ich auch immer noch ledig. Meinen Sie nicht auch, daß es daran liegen könnte?« Es klang spöttisch, aber ihm entging nicht die gewisse Wehmut in ihrer Stimme. »Darf ich mir Ihre Schulter ausleihen?« Sie drückte einen Zettel auf seine Schulter und schrieb etwas mit einem Bleistift darauf. »Das ist die Adresse. Paßt Ihnen sechs Uhr?«
    »Ich muß bis sechs Uhr arbeiten.«
    »Dann halb acht?«
    »Das ginge, Miss - hm, Tess.«
    »Ich sehe Sie also Samstag.« Ernst schüttelte sie ihm ein zweites Mal die Hand, dann drehte sie sich um, und während sie den Sonnenschirm aufspannte, schritt sie über den Graben und bei dem weißen Zaun in den Sonnenschein hinein. Carl war fasziniert von den Bewegungen ihrer Hüften unter dem Rock. Sein Körper reagierte prompt.
    Entsetzt fiel ihm ein, daß er vergessen hatte, sie nach der passenden Kleidung zu fragen. Für Grosse Pointe, wo die Reichen der Woodward und Jefferson Avenue ihre Sommerhäuser hatten, brauchte er wahrscheinlich eine Krawatte. Aber er besaß keine. Wenn ihm Jess keine leihen konnte, mußte er sich bei Mabley’s oder Rothman’s eine kaufen.
    Tess verschwand hinter der Haupttribüne, und Carl blieb auf dem Boden der nackten Tatsachen zurück. Er sah, daß sich Artie Flugel mit Hoot unterhielt. Mit schmerzenden Armen und Schultern schlenderte er zu ihnen hinüber. In seinem Zimmer stand immer eine Flasche des Einreibemittels Mustang bereit. Heute abend konnte er gar nicht schnell genug heimkommen.
    »Pech gehabt, mein Junge.« Artie schüttelte Carls Hand. Artie war mindestens vierzig, untersetzt, mit zerfurchtem, wettergegerbtem Gesicht.
    »Nächstes Mal kriegst du den Staub zu schlucken.« Carl kramte in seiner Tasche und bezahlte seine Wettschuld. Schmunzelnd machte sich Artie davon.
    Hoot musterte Carl mit spöttischem Blick. »Was ist so komisch?« wollte Carl wissen.
    »Das Mädchen. Ihr scheint euch gut zu verstehen.«
    »Warum nicht? Sie ist hübsch. Außerdem hat sie mich am Samstag zum Essen eingeladen.«
    »Ach wirklich? Ich nehme an, du weißt, wer sie ist?«
    »Sie heißt Teresa. Reicht das nicht?«
    »Wie es aussieht, bewegst du dich nicht in den Kreisen der HighSociety von Detroit. Vor allem nicht in denen, die Autos herstellen. Teresa Clymer ist die Tochter von Lorenzo Clymer.«
    Jesse kam gerade rechtzeitig, um mitzuhören. »Meinen Sie Clymer wie Clymer, >das Qualitätsauto für qualitätsbewußte Menschen«?«
    »Genau das meine ich.«
    »Er hat Gießereien«, informierte Jesse Carl. »Auch die, in der ich arbeite.« Mit dem verdammt gefährlichen flüssigen Metall, einer Arbeit, die kein Weißer anrühren würde. Das sagte Jesse nicht zu Hoot, aber er und Carl waren Freunde, und zu ihm hatte er es gesagt. Jesse nannte es »Niggerarbeit«.
    »Clymer hat in Wirklichkeit keine Autofabrik«, erklärte Hoot. »Er stellt der Firma nur seinen Namen zur Verfügung. Das ist nichts Ungewöhnliches, J. L. Hudson macht genau das gleiche. Clymer investiert schon seit Jahren in Autofirmen. Ich schlage vor, du leidest am Samstag abend plötzlich an Bauchschmerzen. Clymer und seine Freunde, die Autos für zweitausend Dollar herstellen, halten deinen Arbeitgeber für einen Mann, der nur unsinnige Ideen hat. Clymer besaß Anteile an Henrys zweiter Firma, bei der Henry ausgestiegen ist - sie heißt jetzt Cadillac. Ich würde sagen, daß die

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