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Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Titel: Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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Haar, aber keine Falten, und an einem Band um seinen Hals baumelte eine Lesebrille. Einem Rocker glich er ebenso wenig wie ich Dolly Parton.
    »Guten Morgen, ich bin Peter Miller«, grüßte er mich und reichte mir die Hand, die groß und warm war. »Willkommen in den Zwillingsstädten.« Er lachte auf. »Aber was sage ich denn? Ich heiße Sie ja in Ihrer eigenen Heimat willkommen.«
    Willkommen.
Das Wort tat meiner Seele gut. Der angebliche Gastgeber ohrenbetäubender Partys führte mich lächelnd ins Vestibül. Der rot geflieste Boden glänzte, und die Strickmützen und karierten Schals, die an fast allen der Birkenholzhaken hingen   – die hatten wir mal von einer Reise in den Itasca State Park mitgebracht, als wir die Quelle des Mississippi sehen wollten   –, waren dem Winterwetter im Mittleren Westen völlig angemessen. Er hängte meinen Mantel an einen der leeren Haken. »Der Kaffee ist schon fertig. Es macht Ihnen hoffentlich nichts aus, dass er entkoffeiniert ist«, sagte er, als er mich ins Esszimmer führte, wo mit gestreiften Tellern und orangefarbenen Bechern für zwei Personen gedeckt war. »Einen Mais-Muffin?«
    Ich hatte im Coffeeshop des Hotels schon Pfannkuchen gegessen, sagte aber nicht Nein. Der Mann lächelte, während er Kaffee und geschäumte Milch einschenkte. »Köstlich«, sagte ich, weil ich nicht wusste, wie ich das Gespräch eröffnen sollte. Aus irgendeinem entfernten Zimmer drang klassische Musik zu uns.
    »Es tut mir leid, dass ich so schwer zu erreichen war«, sagte Peter Miller. »Aber ich bin gerade erst aus Panama zurückgekommen.«
    »Haben Sie dort Urlaub gemacht?«
    »Am Kanal gearbeitet. Ich bin Geologe an der Universityof Minnesota und mit finanziellen Mitteln des Smithsonian Institute ausgestattet.«
    »Wie interessant«, erwiderte ich und strich Butter auf meinen Muffin. »Das heißt dann wohl, dass sie in letzter Zeit gar nicht in der Stadt waren?«
    »Ein halbes Jahr lang. Mein Sohn hat mit meiner Frau hier gewohnt, bis   …« Er wandte den Kopf, scheinbar fasziniert von einem morgendlichen Sonnenstrahl, der durch eines der bleiverglasten Fenster fiel. »Meine Ex«, fügte er hinzu, als er mich wieder ansah. »Wir haben uns getrennt. Sie ist nach Oklahoma gezogen.«
    Ich suchte nach Worten. »Oh, das tut mir leid.« Und nicht nur, dass sich der Familienstand dieses Fremden geändert hatte, sondern auch, dass ich hier in seine Privatsphäre eindrang, weshalb mir meine Mission inzwischen völlig absurd erschien. Mir tat einfach alles leid, bis auf den Kaffee und vor allem den Mais-Muffin. Davon hätte ich am liebsten zwei gegessen.
    Er wischte meine Verlegenheit beiseite. »Was bringt Sie nach Minneapolis, Mrs Blue?«
    »Quincy«, sagte ich. »Ein Interview.« Ich erzählte ihm von meiner Arbeit, und die höfliche Ausdruckslosigkeit im Gesicht dieses Geologen sagte mir, dass er den Namen Maizie May noch nie gehört hatte.
    »Ihrer Nachricht habe ich entnommen, dass Sie in diesem Haus aufgewachsen sind«, sagte er, nachdem ich aufgehört hatte, nach Art einer Sylvia Swenson vor mich hinzuplappern. »Möchten Sie sich mal umschauen?«
    Nur allzu gerne.
»Aber bloß, wenn es Ihnen wirklich nichts ausmacht.«
    Mein Mieter lächelte und stand vom Tisch auf. »Kommen Sie.« Er begann mich durch die Räume im Erdgeschoss zu führen, die alle makellos waren.
    Ich konnte noch sehen, wie meine Mutter in der hellblauen Küche stand und Suppe kochte aus dem Gemüse, das sie imGarten angebaut hatte; wie sie im Wintergarten las, umgeben von Kissen, deren verblichene Bezüge sie vor Jahren selbst genäht hatte; wie sie im Wohnzimmer nach einem Band des Lexikons suchte, das immer noch am selben Platz stand, in einem Regal, das jetzt halb leer war. Ich sah Peter Miller eine große Lücke anstarren, seine Frau hatte ihre Bücher wohl mitgenommen. »Möchten Sie Ihr Mädchenzimmer sehen?«
    Ich machte eine Show daraus, auf meine Uhr zu sehen. »Herrje«, sagte ich.
Herrje?
»Ich habe ein Taxi bestellt, das mich in einer Viertelstunde abholen kommt.«
    »Aber Sie sind doch den weiten Weg hierhergekommen.« Nun war er der Vater, der sanft auf seine Tochter einredet, die aus dem College nach Hause gekommen ist. »Gehen Sie nur rauf   – ich warte hier unten.«
    Ich ging die Treppe hinauf und sah auf dem Absatz aus dem Fenster, um den Holzapfelbaum zu betrachten, der im Mai voll rosaroter Blüten sein würde. Dann schlich ich weiter und öffnete die erste Tür. In diesem Zimmer hatten

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