Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
hatte?
»Mir geht’s gut«, log ich. Es war mir egal, ob mich wer hörte oder sah, und sogar dass mir der Schnodder aus der Nase tropfte. »Richtig gut.« Der Marlboro-Mann kehrte zu seinem Pick-up zurück, warf mir aber über die Schulter noch einen Blick zu.
»Q, wer zum Teufel war das?«, fragte Jake.
»Niemand«, sagte ich jammernd. »Es ist so unfair. Aber es geht gar nicht um die Wohnung, es ist diese Anmaßung.« Ich dachte noch einmal nach. »Doch, es
geht
um die Wohnung. Ich habe sie gefunden. Ich will sie für uns haben. Verdammt noch mal!«
Jake und ich hatten bereits darüber gesprochen, uns zurückzuziehen und Arthur die Wohnung zu überlassen, wo er dann unglücklich bis ans Ende seiner Tage leben würde, wie ich mir ausgemalt hatte. Wir würden unsere Suche nach einem Zuhause einfach fortsetzen. Aber Horton hatte eine andere Ansicht vertreten. »Sind Sie verrückt geworden?«, polterte er. »Wohnungen wie diese sind wie Kometen, die alle fünfzig Jahre mal vorbeifliegen. Noch so eine Chance werden Sie nicht bekommen. Wenn Sie diese Wohnung kaufen, können Sie dort für den Rest Ihres Lebens bleiben. Und wenn Sie irgendwann mal verkaufen wollen, können Sie ein Vermögen machen. Außerdem dachte ich, Sie lieben diese Wohnung.«
In meiner Fantasie hatte ich schon Wände in blassesten Rottönen gesehen, blanke, mit Ebenholzintarsien verzierte Parkettfußböden, weiche weiße Sofas, eine lange, mit grauem Wildleder bezogene Chaiselongue und Sträuße von Pfingstrosen in hohen, zylindrischen Glasvasen. Die Fenster hatten keine Vorhänge und gaben den Blick auf die Stadt frei. MeinZuhause war luftig und voller Licht. Und immer war eine heitere, leise Musik im Hintergrund zu hören.
Doch Horton war noch nicht fertig gewesen. »Dies sage ich Ihnen jetzt als ein Mensch, der Ihnen helfen will: Wer’s findet, dem gehört’s. Lassen Sie sich von Ihrer falschen Freundin und diesem – entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise – dämlichen Arschloch von einem Freund doch nicht eine Immobilie wegnehmen, die Ihnen zusteht. Und übrigens, Fran will, dass
Sie
die Wohnung bekommen.« Ich konnte hören, dass Horton hyperventilierte. »Ich kann noch heute eine Anwältin beauftragen, den Kaufvertrag aufzusetzen. Was sagen Sie?«
Ich hatte Ja gesagt. Im Laufe der Woche trafen Jake und ich uns mit Hortons Anwältin, und schon bald schoben wir Geldsummen hin und her und schrieben Schecks, darunter auch einer mit einer erschreckenden Anzahl von Nullen. Zehn Prozent des Wohnungspreises mussten auf einem Treuhandkonto hinterlegt werden, ein weiterer großer Betrag wurde für die Anwaltskosten zurückgelegt.
Als ich am nächsten Tag auf unsere Konten sah, überkam mich die Kaufreue. Nicht, dass wir notwendigerweise die Käufer waren. Wir hatten noch strapaziöse Wochen voller Papierkrieg vor uns, damit Horton dem Vorstand der Eigentümer einen umfassenden Bericht über unsere finanzielle Lage vorlegen konnte. Diese Fremden würden private Details über uns erfahren, die ich nicht einmal meinen Eltern erzählen würde, wenn sie noch lebten. Erst wenn der Vorstand diesen voyeuristischen Bericht vorliegen hatte, würde er überhaupt in Erwägung ziehen, einen Gesprächstermin mit uns anzuberaumen. Horton wies mich immer wieder darauf hin, dass ich Geduld haben müsse, extrem viel Geduld.
»Was haben wir nur getan?«, hatte ich Jake in der Woche zuvor gefragt. »Haben wir uns da in etwas hineinziehen lassen?«
»Ich hasse es, wenn du im Nachhinein zweifelst«, sagteer. Und ich muss gestehen, das tue ich regelmäßig. Eine Entscheidung ist für mich ein Vorschlag mit baldigem Verfallsdatum. »Wir haben das jetzt ausgehandelt – es ist ein verdammt guter Deal, und wir haben es beide satt, noch weiterzusuchen. Außerdem«, sagte Jake voraus, »wird sich dieser Arthur zurückziehen, sobald er hört, dass wir einen Vertrag haben.«
Nur, dass er das nicht tat. Arthur Weiner ließ nichts unversucht. Fehlte bloß noch, dass er auf der Sheep Meadow im Central Park ein Symposion einberief, um zu diskutieren, warum ihm, Mr Ich-wohne-hier-seit-1989, die Wohnung zustand. Ich sah quasi schon vor mir, wie er auf der riesigen Wiese all seine Nachbarn bedrängte, bis sie schließlich eine Petition unterschrieben mit der Forderung, dass unser Kaufvertrag in den Bethesda-Brunnen geworfen werde.
»Willst du diese Wohnung?«, wiederholte Jake, als ich an der Tankstelle stand. Ich sah auf meine Armbanduhr. Halb elf, meine
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