Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
und goss perfekt ein. Dann sah er zu mir herüber. Ich warf ihm eine Kusshand zu – ich konnte ihn ja nicht in die Arme schließen und
Maseltow
rufen. Eine Mutter in meiner Nähe klopfte mir auf die Schulter und eine andere hob den Daumen. Keine von beiden war Chloe.
»Sobald ihr aufgegessen habt, dürft ihr wieder spielen gehen.« Die Lehrerin hatte den Satz kaum beendet, da sprang Henry schon auf, wobei einige Käsewürfel auf den Boden plumpsten, und rannte in die Ecke mit den Bauklötzen zurück, die größeren Jungen im Schlepptau. In den nächsten zehn Minuten war er Architekt, Vorarbeiter und Ingenieur in einem und brüllte Anweisungen, während er die Konstruktion eines weiteren Kolossalbaus überwachte. Es war den Lehrerinnen hoffentlich ebenso klar wie mir, dass mein Sohn eine geborene Führungspersönlichkeit war, vielleicht sogar der nächste Frank Lloyd Wright.
Ich strahlte vor mütterlichem Stolz und Ehrgeiz, als ich mich zu Chloe umdrehte und einen Anlauf zu einem Gespräch nehmen wollte. Doch sie bequatschte gerade die Assistenzlehrerin. Jede von uns hatte heute ihre eigenen Pläne, aber sie ahnte nicht mal die Hälfte von meinen. So wie ich vorübergehend einfach nicht darüber nachdachte, welche Geschichte ich nachher unserem Chef als Entschuldigung auftischen würde, so hatte ich eine ganze Stunde lang meine Grübelei darüber unterdrückt, ob ich den Job bei Bespoke nun bekommen würde – den, den die Fiese Fiona und ich beide nur
Chloes Job
nannten. In diesem Moment hörte ich eine helle Stimme meinen Namen rufen. »Mrs Fisher-Wells!«, sagte jemand. »Schauen Sie mal!« Dash trug einen Plastikzwicker auf seiner kleinen Stupsnase und hatte eine Arzttasche in der Hand. »Ich mache jetzt Ihren Check-up!«
Als Chloe seine Stimme hörte, drehte sie sich mit einem strahlenden Lächeln um. Ich ging in die Hocke. Dash stieß mir ein Stethoskop an die Brust, lächelte mich dann mit Grübchenin den Wangen an, und stieß es noch einmal fest dagegen. »Alles prima«, verkündete er grinsend.
»Oh, vielen Dank, Dr. Keaton«, sagte ich. Er hatte den Kloß in meinem Hals übersehen und, als ich Chloe ansah, auch den Schmerz in meiner Magengrube.
Jamyang wartete vor der Jackson Collegiate, als unser Albtraum endete. Der Chauffeur setzte sie und Dash zu Hause ab und fuhr mich weiter nach Manhattan zu meinem eigenen Vorstellungsgespräch. Ich warf ein schwarzes Wolljackett über, das ich mir von Jamyang hatte mitbringen lassen, und beschloss, dass ich so kreativ genug für eine Werbeagentur aussah.
Da ich noch anderthalb Stunden totschlagen musste, ließ ich den Fahrer ein paar Blocks von der Agentur entfernt parken, kaufte ihm einen Kaffee und ein Schinkensandwich und ging dann selbst in ein Bistro, um eine Tasse grünen Tee zu trinken und meine Notizen noch mal durchzugehen. Ich wollte gerade bestellen, als ich am Nebentisch vier Frauen bemerkte, die sich gerade zuprosteten. Ihre Drinks waren rosa, was gut zur Farbe ihrer Wangen passte. Es erschien mir wie eins von Autumns Zeichen. »Was trinken die Frauen dort?«, fragte ich die Kellnerin.
»Die Spezialität des Hauses, ist ein bisschen retro, wie eine Art Limonade. Pink Lady«, sagte sie. »Sehr beliebt.«
»Das probiere ich mal«, erwiderte ich. Ein echter Drink würde mich etwas entspannen. Ich las gerade in der Kundenreferenzlisteder Werbeagentur, als die Kellnerin mir ein Getränk mit Cocktailkirsche obendrauf servierte. Wie eine Limonade schmeckte es nicht – wenn es auch um einiges süßer war als die Mojitos in Kalifornien.
Ich versuchte, mich auf das Vorstellungsgespräch zu konzentrieren, während ich trank. Die Headhunterin, eine Freundin von Arthur Weiner, war seltsam überrascht gewesen, von mir zu hören. Doch nachdem ich ihr meine Bewerbungsunterlagen zusammen mit einem höflichen Anschreiben geschickt hatte, vereinbarte sie für mich einen Termin bei einer Werbeagentur. »Der Eigentümer hatte sich eigentlich schon entschieden«, sagte sie. »Ich musste ihn überreden, sich noch mit Ihnen zu treffen. Und er hat nur zugesagt, weil Ihre Unterlagen so außergewöhnlich gut sind.«
Außergewöhnlich gut.
Ich hatte mich gefühlt, als würde ich einem Kammermusikkonzert lauschen!
Ich ging meine Notizen noch einmal durch und sah auf meine Armbanduhr. Immer noch zu früh, um aufzubrechen. Ich bestellte einen Salat und, weil ich mich seit Monaten nicht so entspannt gefühlt hatte – danke, Pink Lady! –, gleich noch
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