Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
einen zweiten rosa Drink. Ich trank und aß, aß und trank. Da war definitiv etwas in diesem Cocktail, irgendetwas Wunderbares. Ich beschloss, ihn zu
meinem
Drink zu machen. Ich hatte noch nie einen bestimmten Drink für mich entdeckt, der Gedanke daran wärmte mich und machte mich glücklich.
Ich ging ein letztes Mal meine Notizen durch. Dann stand ich vom Tisch auf, um zu gehen. Der Raum schwankte.
Ich war betrunken – oder sagen wir: beschwipst –, und das war nicht gut, gar nicht gut. Seit ich in meiner Prä-Xander-Ära nach einer unseligen Studentenparty neben einem Typen aufgewacht war, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, überwachte ich meinen Alkoholgenuss stets sehr sorgfältig. Marihuana? Vergiss es. Wenn jemand einen Joint herumgehen ließ, tat ich nur so, als würde ich daran ziehen. Aber inmeinem Kopf hörte ich Autumns melodiöse Stimme, die mir versicherte, dass alles bestens laufen würde. Später, wenn das Vorstellungsgespräch beginnen würde, wäre die Wirkung des Alkohols sicher bereits verflogen. Ich sollte mich nicht so aufregen! Ich kaufte Pfefferminzbonbons in der Drogerie nebenan und bat dann den Fahrer, loszufahren.
Bei Bespoke Communications begrüßte mich eine platinblonde Empfangsdame, die eben einen Strauß Nelken arrangiert hatte. Rosa!
»Hi«, kicherte ich und stellte mich vor. »Diese Blumen sind herrlich.« Sie waren ziemlich gewöhnlich, aber ein Kompliment kann nie schaden.
»Mr Jonas erwartet Sie«, sagte sie, und ich musste wieder kichern. Dann führte die Empfangsdame mich einen schmalen Flur entlang, und ich betrat einen langen, dämmrigen Raum.
»Chloe Keaton?«
»Mr Jonas?« Ein Mann drehte sich in seinem Stuhl herum und stand auf, um mir die Hand zu geben. Winters Jonas war vollkommen kahl! Ich sah ihn vor seinem Badezimmerspiegel stehen und sich um eine perfekte Rasur bemühen. Das konnte nicht einfach sein, vor allem nicht am Hinterkopf, doch ich sah keine Kratzer oder Heftpflaster. »Wir tragen ja das gleiche Jackett!«, rief ich. Seins war auch schwarz.
»Oh, ja«, sagte er. »Stimmt.«
War der Fußboden gewellt? Wahrscheinlich. Dieses Gebäude war genau die Art von Feuerfalle, die in Manhattan als charmant durchging. Ich sah auf und lächelte Winters Jonas an. Er erwiderte mein Lächeln, und ich fühlte mich besser als je zuvor in meinem Leben. Anscheinend gewöhnte ich mich langsam an diese Jobsucherei!
»Nun, Chloe, erzählen Sie mir von sich«, sagte er.
Ich kannte meinen Text. »Ich bin eine Führungskraft mit vielen Fähigkeiten«, begann ich und versuchte, meine traditionelle Weiblichkeit anzunehmen, um meine Ziele zu erreichen– was bedeutete, die Beine an den Fesseln zu kreuzen und immer weiter zu lächeln. »Ich genieße den Respekt all meiner Kollegen aufgrund meiner unbestreitbaren Fähigkeiten. Doch auf ein Talent bin ich besonders stolz: darauf, ein Team aufbauen und leiten zu können.«
Machte es etwas aus, dass das einzige Team, das ich je geleitet hatte, das in der Tennisschule von Miss Porter war? Mr Jonas schien es mir abzukaufen.
»Was befähigt Sie zu all dem?«, fragte er.
»Meine Energie!« Seine dunkelblauen Augen musterten mich, doch davon ließ ich mich nicht irritieren. »Ich kremple die Ärmel auf und führe ein Team durch gutes Beispiel, mit Leidenschaft, Energie, Kreativität und harter Arbeit.«
»Chloe, lassen Sie uns einen Blick in Ihre Arbeitsmappe werfen«, sagte er. Und das taten wir dann auch. Wir redeten über jede einzelne Seite und brachen immer wieder gemeinsam in Gelächter aus, viel Gelächter. Das Vorstellungsgespräch dauerte eine ganze Stunde!
Als ich an diesem Abend nach einem Nickerchen aufwachte und Xander mich fragte, wie das Gespräch in der Agentur gelaufen sei, konnte ich mich an nichts mehr erinnern. Ich war nicht einmal sicher, wie ich nach Hause gekommen war.
Arthur wusste es nicht, aber – hier bitte die Titelmelodie von ›Law & Order‹ einspielen – Mr Geizkragen stand vor Gericht. Alle Stunde änderte ich meine Meinung über den armen Trottel. Als ich aufwachte, war ich überzeugt, an einer ArtGedächtnisschwund gelitten zu haben, als ich mich von ihm hatte schwängern lassen. Doch sobald ich meinen Tee intus hatte – Kaffee war erst mal tabu für Mama Jules –, war ich wieder etwas milder gestimmt. Mal ehrlich, wer war schon eine glatte Zehn? Mein strahlender Arturo vergötterte meine geschundenen Füße und hielt sogar noch mein geistlosestes Geschwätz für
Weitere Kostenlose Bücher