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Frevelopfer

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Titel: Frevelopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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bei der Geologie geblieben wäre. Dann stellte sie sich vor, was sie wohl machen würde, wenn sie nicht zur Polizei gegangen wäre. Vielleicht wäre sie Lehrerin geworden. Sie hatte etliche Male Kurse für Polizeianwärter geleitet und Spaß daran gehabt, Wissen zu vermitteln. Möglicherweise hätte sie auch weiterstudiert und wäre Wissenschaftlerin geworden, hätte Gletscherläufe oder Erdbeben erforscht. Und manchmal wenn sie die Leute von der Spurensicherung bei ihrer Arbeit beobachtete, konnte sie sich gut vorstellen, dass das vielleicht auch etwas für sie gewesen wäre. Die meiste Zeit war sie aber nicht unzufrieden mit ihrer Arbeit bei der Kriminalpolizei, nur wenn das Hässliche und Bösartige sie mit voller Wucht trafen, zweifelte sie. Sie konnte nicht verstehen, weshalb Menschen sich wie Bestien benahmen.
    »Was machen eigentlich Telefontechniker genau?«, fragte Elínborg, als sie sich mit dem Abteilungsleiter zusammengesetzt hatten. »Worin besteht ihre Arbeit?«
    »Sie befassen sich mit den unterschiedlichsten Dingen«, antwortete der Abteilungsleiter, der Lárus hieß. »Sie sind natürlich für das System zuständig, ebenso wie für die Wartung und die Aufrüstung. Ich habe mich kundig gemacht, was Runólfur betrifft. Er arbeitet seit einigen Jahren für unsere Firma, er kam direkt von der technischen Fachhochschule zu uns, ein guter Mitarbeiter. Wir können uns nicht über ihn beklagen.«
    »War er ein beliebter Mitarbeiter?«
    »Ja, sehr, soweit ich gehört habe. Ich hatte nicht direkt mit ihm zu tun, aber die anderen sagen, dass er zuverlässig war, immer pünktlich, und er hatte ein angenehmes Auftreten. Die Leute hier verstehen einfach nicht, was da passiert ist.«
    »Nein«, sagte Elínborg. »Machen Telefontechniker Hausbesuche?«
    »Ja, genau das hat Runólfur gemacht«, antwortete der Abteilungsleiter. »Er war für die Internetanschlüsse zuständig, für dsl , für interne Telefonanlagen und Glasfaserleitungen. Unsere Firma bietet einen hervorragenden Service an. Die meisten Leute haben unglaublich wenig Ahnung von Computern und Technik. Hier hat vor ein paar Tagen ein Mann angerufen, der den ganzen Tag auf der Maus herumgetrampelt hatte, weil er glaubte, sie müsste mit dem Fuß bedient werden.«
    »Könnten wir eine Aufstellung über die Kunden bekommen, die er in den letzten Monaten besucht hat?«, fragte Elínborg. »Er war doch hier in Reykjavík tätig, oder nicht?«
    »Dazu braucht ihr aber eine gerichtliche Verfügung«, antwortete der Abteilungsleiter. »Eine derartige Liste gibt es bestimmt, aber ich gehe davon aus, dass sie unter den Datenschutz fällt.«
    »Selbstverständlich«, sagte Elínborg. »Die Verfügung wird euch noch vor Feierabend zugehen.«
    »Habt ihr vor, mit allen Leuten zu reden, bei denen er zu Hause war?«
    »Falls nötig, ja«, antwortete Elínborg. »Weißt du von irgendwelchen Freunden von ihm, mit denen wir sprechen könnten? Egal, ob hier in der Firma oder anderswo.«
    »Nein, aber ich kann mich da kundig machen.«
    Der Vermieter hatte vermutet, dass Runólfur ins Zentrum von Reykjavík gegangen war, bevor er ermordet wurde. Die Auswertung der acht Sicherheitskameras, die an den belebtesten Stellen in Reykjavíks Innenstadt angebracht waren, erbrachte jedoch nichts. Das musste nichts bedeuten, denn es gab von seiner Wohnung aus direkte Wege in die Innenstadt, die nicht an den Kameras vorbeiführten. Es war aber auch nicht auszuschließen, dass Runólfur genau gewusst hatte, wo sich die Kameras befanden, und sie umgangen hatte. Man befragte Taxifahrer, ob er ihnen aufgefallen oder womöglich ihr Fahrgast gewesen war, aber dabei kam auch nichts heraus. Dasselbe galt für die Busfahrer, deren Linien durch die Innenstadt führten. Runólfurs Kreditkartenabrechnung wurde gecheckt; anscheinend nutzte er die Karte ausschließlich zum Einkauf von Lebensmitteln und für Ratenzahlungen bei größeren Anschaffungen, wie beispielsweise seinem Computer und dem iPod, sowie zum Bezahlen der monatlichen Gebühren für Telefon, Heizung, Strom und Fernsehen. Die Signale seines Handys waren ausgewertet worden, um festzustellen, ob er sich an dem bewussten Abend von einem Netzbereich in einen anderen begeben hatte. Man konnte Runólfurs Bewegungen nachvollziehen, auch wenn er sein Handy gar nicht benutzt hatte. Als Telefontechniker musste er jedoch gewusst haben, dass es nicht möglich war, Menschen auf diese Weise ganz präzise zu lokalisieren. Es gab einen Sender für den

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