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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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Sie mir zu sagen, Herr? Ohne Fug und Recht, ohne Richterspruch machen Sie einen Menschen ehrlos, der höchstens nur leichtsinnig gewesen ist und dessen Eitelkeit Sie selber und Ihre Frau flattiert haben? Das ist ein ehrloser Streich der Selbsthilfe, Herr von Brühl, und ich sage es Ihnen ins Gesicht: von diesem Augenblick an haben Sie meine Achtung verloren!«
    »Majestät, darauf ausführlich zu antworten, ziemt mir nicht. Ich habe den Friedemann Bach heimlich aufheben lassen und wußte, daß ich damit einen Akt der Gewalt beging. Nicht, weil er sich meiner Tochter in unerlaubter Weise genähert, habe ich's getan -- mir hätte es genügt, ihm mein Haus zu verschließen -- aber er hat sich an königlichem Blute, in seinem verblendeten Ehrgeiz an der Majestät selbst versündigt!«
    »Was? Was sagen Sie da?«
    »Ich sage, Majestät, daß er nicht meiner Tochter den Hof gemacht, sondern sich in entweihender Weise dem Sprößling meines in Gott ruhenden Fürsten genähert hat, und ich in diesem Augenblick noch nicht weiß, ob die Tochter König Augusts II. nicht in neun Monaten einen Musikantensprößling haben wird!«
    »Brühl! ist das wahr?«
    »Majestät, ich weiß es nicht, ich ahne es nur! Wenn dem aber so ist, mögen sich Euer Majestät selbst fragen, ob die Strafe zu groß für das Vergehen war. Ich habe die junge Dame aufs Land geschickt, um das Faktum abzuwarten. Daß ich den Menschen
sans facon
aufheben ließ, liegt in der Sache selbst und in Rücksicht auf den notwendigen Schleier, den ich auf die verunglimpfte Majestät werfen mußte. Wenn Euer Majestät mir es als Entehrung anrechnen, daß ich in übergroßer Sorgfalt die Heiligkeit der Majestät -- selbst in ihren verlorensten Zweigen -- verehre und schütze, nun -- ich bitte um meine Entlassung!« Brühl schwieg; sein Auge ruhte mit kühner Sicherheit auf dem König, der sinnend vor ihm stand.
    »Sie haben recht, Brühl! Ja, die Heiligkeit unseres Blutes muß selbst in seinen traurigen Abirrungen geehrt werden. Sie sind ein rechtschaffener Mann! Ich bin zufrieden! Sehen wir die Sache als nicht geschehen an. Ich nehme mein Urteil über Sie zurück!« August reichte Brühl die Hand, die dieser an seine Lippen drückte.
    »Und Sie glauben, daß das Mädchen ...?« Der König stockte.
    »Ich hoffe, daß meine Befürchtungen trügen. Antonie ist wenigstens den Blicken der Welt entzogen, und wenn es irgend gelingt, Majestät, eine anständige Partie von Distinktion für sie zu finden ...«
    »Versteht sich, sofort soll sie heiraten, sofort! Sie wird königlich dotiert werden. Lieber Brühl, ich bin zufrieden mit Ihnen!«
    Während der Minister, überlegen lächelnd, den König verließ und im stillen beschloß, den jungen Offizier im Auge zu behalten, um seinen Übereifer bei passender Gelegenheit mit Kassation zu belohnen, war dieser bereits auf dem Wege zu Merperger.
    Er verlangte den Oberprediger allein zu sprechen, und der greise Diener Gottes wollte schier verzweifeln, als er das Entsetzliche vernahm. Er konnte nicht anders: er nahm sein Käppchen vom kahlen Scheitel, kniete nieder und betete. Dann stand er hastig auf und sagte: »Ich will meine Tochter rufen, Herr Leutnant.«
    Ulrike trat ein. Ihr Herz schlug in banger Ahnung, sie zitterte heftig. -- »Mein liebes Kind, ich habe dir etwas mitzuteilen, das dich sehr erschüttern wird. Gott hat dir aber eine edle Seele, ein großes Herz und einen Lebensmut gegeben, der dir über alle Trübsal hinweghilft. Wer aber ein großes Gemüt empfangen hat, dem gibt der Herr auch viel zu tragen und bürdet ihm Lasten auf, die andere zerschmettern würden. Der arme Friedemann ist an dem schlimmen Ort -- gemütskrank geworden!«
    »Er ist wahnsinnig! Gott, mein Gott, er ist wahnsinnig!«
    »Ja, mein Kind! Aber vielleicht wird's besser mit ihm, wenn eine liebevolle Hand ihn pflegt.«
    »Ja, Vater!« sagte das Mädchen einfach, aber in diesem Ja lag so viel Adel der Gesinnung, so starker Tatwille zur werktätigen Liebe, daß es Tacker ganz andächtig zumute wurde. »Nimm ihn zu dir, Vater; drüben im Gartenhaus ist Raum genug, dort kann er ganz ungestört leben. Und wenn ich ihn pflege, wird er auch gesunden. Der Herr möge mir diese Gnade gewähren!«
    »Bringen Sie ihn also her, Herr Leutnant! Hier ist er sicher und ungefährdet; ich werde ihn schon schützen vor dem Brühl. Gottesdienst geht vor Menschendienst!«
    »Ich danke Ihnen in des Vaters Namen, lieber Herr Pastor! Bereiten Sie, bitte, alles vor; in der Nacht

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