Friedhof der Kuscheltiere
Atem -- dann sah er die Aussicht, die sich hinter ihnen aufgetan hatte.
»Hübsch hier oben«, sagte Jud und steckte sich einen Halm Wiesenlieschgras zwischen die Zähne. Für Louis' Gefühl war es die Untertreibung des Jahrhunderts.
»Es ist grandios!« stieß Rachel hervor und wandte sich fast anklagend an Louis. »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
»Weil ich es nicht wußte«, sagte Louis ein bißchen beschämt. Sie standen noch immer auf ihrem eigenen Grundstück; er hatte nur bis heute noch nicht die Zeit gefunden, den Hügel hinter dem Haus hinaufzusteigen.
Ellie war schon ein gutes Stück voraus gelaufen. Jetzt kam sie zurück und sah sich gleichfalls mit unverhohlenem Erstaunen um. Church strich ihr um die Beine.
Der Hügel war nicht hoch, aber das brauchte er auch nicht zu sein. Im Osten versperrten dichte Wälder die Aussicht, aber wenn man nach Westen blickte, senkte sich das Land in einem goldenen, schläfrigen Spätsommertraum. Alles war still, dunstig, lautlos. Es war nicht einmal ein Orinco-Laster auf der Fernstraße, der den Frieden hätte stören können.
Es war natürlich das Flußtal, in das sie hinabblickten, das Tal des Penobscot, auf dem die Holzfäller einst ihre Stämme aus dem Nordosten nach Bangor und Derry gebracht hatten. Aber sie standen hier südlich von Bangor und etwas nördlich von Derry. Der Fluß strömte breit und friedlich dahin, wie in seinen eigenen Traum versunken. Am jenseitigen Ufer konnte Louis Hampden und Winterport ausmachen, und am diesseitigen glaubte er allen Windungen der schwarzen, parallel zum Fluß verlaufenden Route 15 fast bis nach Bucksport folgen zu können. Sie blickten über den Fluß, die üppigen Bäume, die ihn säumten, die Straßen, die Felder. Der Turm der Baptistenkirche von North Ludlow ragte aus einer Gruppe alter Ulmen heraus, und rechts davon sahen sie den stabilen Backsteinkasten von Ellies Schule.
Über ihnen wanderten weiße Wolken langsam auf einen Horizont von der Farbe verblichener Jeans zu. Und überall lagen die spätsommerlichen Felder, abgeerntet am Ende der Wachstumsperiode, ruhend, aber nicht tot, in unbeschreibbaren Gelbbrauntönen.
»Grandios ist das richtige Wort«, sagte Louis endlich.
»Früher nannte man das hier Prospect Hill«, sagte Jud. Er steckte eine Zigarette in den Mundwinkel, zündete sie aber nicht an. »Ein paar Leute tun es heute noch. Aber seit so viel junges Volk in die Stadt gekommen ist, gerät der Name fast in Vergessenheit. Ich glaube nicht, daß schon viele Leute hier heraufgekommen sind. Man erwartet nicht, viel zu sehen, weil der Hügel nicht sehr hoch ist. Trotzdem kann man...« Er wies mit der Hand in die Landschaft und verstummte.
»Man kann alles sehen«, sagte Rachel mit leiser, ehrfürchtiger Stimme. »Und das gehört uns?«
Noch bevor Louis antworten konnte, sagte Jud: »Ja, es ist ein Teil des Grundstücks.«
Und das, dachte Louis, war nicht ganz dasselbe.
Im Wald war es kühler, vielleicht um vier oder fünf Grad. Der Pfad, immer noch breit und gelegentlich mit Blumen in Töpfen oder Kaffeedosen markiert (die meisten verwelkt), war jetzt mit trockenen Kiefernnadeln übersät. Sie hatten ungefähr vierhundert Meter, jetzt bergab, zurückgelegt, als Jud Ellie zurückrief.
»Das ist ein hübscher Spaziergang für ein kleines Mädchen«, sagte Jud freundlich, »aber ich möchte, daß du deinen Eltern versprichst, immer auf dem Pfad zu bleiben, wenn du hier heraufkommst.«
»Das verspreche ich«, sagte Ellie prompt. »Warum?«
Er warf einen Blick auf Louis, der stehengeblieben war, um sich auszuruhen. Gage auf dem Rücken zu tragen war Schwerarbeit, sogar im Schatten dieser alten Kiefern und Fichten. »Wissen Sie, wo wir sind?«
Louis überlegte und verwarf Antworten: Ludlow, North Ludlow, hinter meinem Haus, zwischen Route 15 und dem Middle Drive. Er schüttelte den Kopf.
Jud deutete mit dem Daumen über die Schulter zurück. »Da hinten gibt es alles mögliche«, sagte er. »Da liegen Städte. Vor uns gibt es nur Wälder über fünfzig Meilen oder mehr. Man nennt es hier den Wald von North Ludlow, aber er reicht bis Orrington und zieht sich dann nach Rockford hinüber. Es ist ein Teil des Landes, das dem Staat gehört und das die Indianer zurückhaben wollen, wie ich Ihnen erzählte. Ich weiß, es klingt merkwürdig, wenn ich behaupte, daß Ihr hübsches Haus da unten an der Hauptstraße mit Telefon, elektrischem Licht, Kabelfernsehen und dergleichen mehr am Rande einer
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