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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wir einfach, daß ich am Sarg deines toten Sohnes über dich hergefallen bin, daß ich dich getreten habe, als du am Boden lagst, daß ich seinen Sarg umgestoßen und dabei den Verschluß zerbrochen habe, so daß du ein letztes Mal die Hand deines Kindes sehen konntest -- oder zu sehen glaubtest. Vergessen wir das alles. Lassen wir die Vergangenheit ruhen.
    Es ist zwar ein entsetzlicher Gedanke, aber von mir aus könntest du tot umfallen, Irwin, du altes Schwein -- wenn das nicht meine Pläne zunichte machen würde.
    »Schon gut, Mr. Goldman«, sagte er gelassen. »Es war -- nun --, es war für uns alle ein schwerer Tag.«
    »Es ist nicht gut«, beharrte er, und Louis begriff -- er begriff es wider Willen --, daß Goldman nicht nur taktierte, daß er nicht nur Bedauern heuchelte, weil er seinen Willen durchgesetzt hatte. Der Mann weinte beinahe, und er sprach langsam, zitternd, eindringlich. »Es war für uns alle ein grauenhafter Tag. Und ich bin daran schuld. Ich, ein törichter, dickköpfiger alter Mann. Ich habe meiner Tochter wehgetan, als sie meine Hilfe brauchte. Ich habe dir wehgetan, und vielleicht brauchtest du meine Hilfe auch, Louis. Daß du jetzt das tust -- dich so verhältst --nach allem, was ich getan habe... ich komme mir vor wie der letzte Dreck. Und ich glaube, so muß ich mir vorkommen.«
    Wenn er doch bloß aufhörte. Wenn er doch bloß damit aufhörte, bevor ich schreie und alles verpfusche.
    »Rachel wird dir erzählt haben, Louis, daß wir noch eine Tochter hatten...«
    »Zelda«, sagte Louis. »Ja, sie hat mir von Zelda erzählt.«
    »Es war eine schwere Zeit«, sagte Goldman mit zittriger Stimme. »Für uns alle. Am schwersten vielleicht für Rachel -- Rachel war dabei, als Zelda starb. Aber auch für Dory und mich. Dory hätte fast einen Nervenzusammenbruch gehabt...«
    Und was meinst du, was Rachel hatte? hätte er am liebsten geschrien. Glaubst du etwa, ein Kind könnte keinen Nervenzusammenbruch haben? Noch zwanzig Jahre danach geht sie in die Luft, wenn sie nur den Schatten des Todes sieht. Und nun ist das passiert. Diese elende, grauenhafte Geschichte. Es ist schon fast ein Wunder, daß sie nicht im Krankenhaus liegt und intravenös ernährt werden muß. Also erzähl mir nicht, was für eine schwere Zeit es für dich und deine Frau war, du alter Bastard.
    »Seit Zelda tot ist, haben wir uns irgendwie an Rachel geklammert -- wir haben versucht, sie zu beschützen -- es wieder gutzumachen. Sie für die Probleme zu entschädigen, die sie jahrelang mit ihrem Rücken hatte. Sie dafür zu entschädigen, daß wir nicht da waren.«
    Der alte Mann weinte tatsächlich. Warum mußte er weinen? Das machte es Louis schwerer, an seinem reinen, unverdünnten Haß festzuhalten. Schwerer, aber nicht unmöglich. Ganz bewußt rief er sich das Bild von Goldman wieder ins Gedächtnis, die Hand in der Tasche seiner Hausjacke, um das überquellende Scheckbuch herauszuholen... Doch plötzlich sah er Zelda Goldman im Hintergrund, ein ruheloses Gespenst in einem stinkenden Bett, das käsige Gesicht voll Bosheit und Qual, die Hände zu Klauen verkrümmt. Das Gespenst der Goldmans. Oz der Große und Schreckliche.
    »Bitte«, sagte er. »Bitte, Mr. Goldman. Irwin. Das genügt. Machen Sie die Dinge nicht schlimmer, als sie ohnehin schon sind, ja?«
    »Ich weiß jetzt, Louis, daß du ein guter Mensch bist und daß ich dich falsch eingeschätzt habe. Und ich weiß auch, was du jetzt denkst. So töricht bin ich nicht. Töricht, ja -- aber nicht so töricht. Du denkst, ich sage das alles nur, weil ich es mir jetzt leisten kann. Du denkst, er hat bekommen, was er will, und jetzt versucht er, mich abzufinden... aber ich schwöre dir, Louis...«
    »Es reicht«, sagte Louis sanft. »Ich will -- ich kann nichts mehr davon hören.« Jetzt zitterte auch seine Stimme. »Okay?«
    »Also gut«, sagte Goldman und seufzte. Louis hatte den Eindruck, daß er vor Erleichterung seufzte. »Aber ich möchte noch einmal sagen, daß es mir leid tut. Du brauchst meine Entschuldigung nicht zu akzeptieren! Aber deshalb habe ich angerufen, Louis -- um mich zu entschuldigen.«
    »In Ordnung«, sagte Louis. Er schloß die Augen. Sein Kopf dröhnte. »Danke, Irwin. Ich akzeptiere Ihre Entschuldigung.«
    »Danke«, sagte Goldman. »Und danke auch dafür, daß du sie mit uns kommen läßt. Vielleicht ist es das, was sie beide brauchen. Wir erwarten sie am Flughafen.«
    »Gut«, sagte Louis, und plötzlich kam ihm ein Gedanke. Er war so

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