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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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abschneiden. Bei mir Azubi werden. Ha.
     
    Meine Lieblingsjeans zwicken dermaßen, dass ich das Gefühl habe, mumifiziert zu werden. Egal: dann lasse ich eben den Knopf offen. Und den Reißverschluss. Wozu gibt’s Gummibänder. Loch und Knopf locker verbunden, und das Ganze hält. Meine Oberschenkel befinden sich in schraubstockartigem Zustand, und das Atmen fällt etwas schwerer als normal. Was soll’s: Ist wohl noch niemand in seinen Jeans erstickt. Und wenn ich die Erste sein sollte,
habe ich immerhin ’ne Topschlagzeile. Ich ziehe ein weißes Herrenhemd drüber, schön lang, und kremple die Ärmel hoch. Geht doch. Sieht gar nicht mal übel aus. Die Spaghettis, genannt Haare, stecke ich hoch und haue alles, was mein Make-up-Täschchen hergibt, aufs Gesicht. Viertel vor acht stehe ich parat. Ich sehe nicht schlecht aus – für meine Verhältnisse und Möglichkeiten.
     
    Sabine ist pünktlich. Christoph nicht. Kommt ein Notarzt zu spät vom Arbeiten, kann ich ja noch Verständnis aufbringen. Leben retten geht vor Pünktlichkeit. Aber seit wann rettet ein Anwalt Leben? Hier in Deutschland – ohne Todesstrafe? Wäre mir jedenfalls neu. Unzuverlässige Kröte. Kurz vor neun taucht der Herr Jurist völlig ohne schlechtes Gewissen endlich auf. »Der Schröder wollte mich noch mal sprechen. Den Fall mit dem Gartenzaun durchsprechen. Weil ich in dem Thema besser drin bin.« Er sieht mein Gesicht und holt nur schnell nochmal Luft für seine ausschweifende Verteidigungsrede. Das kann er. Gelernt ist gelernt. »Hör mal. Guck nicht so. Was soll ich denn machen, wenn einer der Partner mich um Rat fragt? Soll ich vielleicht sagen, ich muss heim, meine Lebensgefährtin will auf die Juchhe?«
    Warum eigentlich nicht? Aber die Partner, die alten Luchse, die wissen schon, wie sie es machen müssen. Arbeit delegieren. Da kann ich echt noch was lernen. »Der Partner hat um Rat gefragt!« Oh, toll. Wie schmeichelhaft für meinen Christoph. Vom großen Gott Kanzleipartner um Rat gefragt zu werden. Zum Thema Gartenzaun. Spektakulär. Beim nächsten Großputz frage ich auch um Rat.
    »Sorry du«, sagt er noch, guckt dabei aber eindeutig auf
Sabine. Jetzt nichts wie weg. Den Restabend will ich genießen. Den lass ich mir nicht vermiesen. Das bisschen Ausgehen. Wer weiß, wann ich wieder ins Leben darf. Ich, die immer gesagt hat: »Wenn ich mal Mutter bin, bleibe ich die Alte. Nur wegen einem Kind muss man doch sein Leben nicht aufgeben.« Was man so alles sagt, bevor die kleinen Dinger auf der Welt sind. Was man vor allem so alles glaubt.
     
    Es wird ein wunderbarer Abend. Gut – Sabine redet etwa zwei Stunden am Stück über ihren Mischi, ihren Liebsten, der mein alter Klassenkamerad ist und den sie im Krankenhaus fast an meinem Wochenbett kennen gelernt hat. Er klingt in ihren Schilderungen vollkommen anders als der Mischi aus meinen Schulerinnerungen. Keine von uns hat Mischi damals gemocht. Weil er so ein fleischiges Aussehen hatte. Und das mit Metzgereieltern. Sabine will meine Schulerzählungen nicht hören: »Ich weiß längst, wie fies ihr zu Mischimaus wart, er hat mir alles haarklein geschildert.« Ein Jammerlappen ist er also auch noch. Aber Sabine steht nun mal dermaßen auf Ärzte, dass ihr Verstand da komplett aussetzt. Wer bei ihr während Emergency Room anruft, wird gesteinigt. Verbal. Seit sie die Sendung regelmäßig schaut, hat man nahezu das Gefühl, sie wäre selbst Ärztin. So hat die ihr Spezialvokabular aufpoliert. »Man kann durch Fernsehen auch lernen«, behauptet Sabine. Na ja. Muss ihr Mischimausi beim Sex den Kittel anlassen, damit sie ja nicht vergisst, dass er zur heilenden und rettenden Zunft gehört? Ich spare mir die Frage und trinke während ihrer ausgiebigen Schilderungen drei Cocktails. »Und wie läuft’s bei dir?«, will sie dann, nach detailgetreuer
Schilderungen der sexuellen Künste von Mischi, tatsächlich noch wissen. Dass ich mich an Sex kaum mehr erinnere, geschweige denn welchen habe, verschweige ich. Nach drei Cocktails kommt mir mein Leben außerdem erheblich besser vor, als es so tagsüber ist. »Prima«, antworte ich und bestelle mir noch einen weiteren Caipirinha. Nummer vier.
     
    Die Cocktails bezahle ich noch zu Hause. Gott, was ist mir schlecht! So nah war ich der Kloschüssel schon lange nicht mehr. Nach monatelanger Abstinenz wäre eine Weißweinschorle wohl schlauer gewesen. Auch kalorienmäßig. Ich wiege am nächsten Tag glatt eineinhalb Kilo mehr als vorher.

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