Frisch verlobt
macht mir nichts aus. Ich bin immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, mich fit zu halten.“
„Für dich wäre das bestimmt kein sonderliches Training.“
„Glaubst du?“
„Da bin ich mir sicher. Aber es ist nett von dir, das anzubieten. Danke.“
Da war noch mehr. Er konnte es in ihren Augen lesen. Das Problem mit Expartnern war, dass sie genau wussten, womit sie einen verletzen konnten. Er oder sie kannte die Schwachstellen unterhalb der Gürtellinie. Und wie es aussah, hatte ihr Ex keine Skrupel, sie dort anzugreifen.
Er berührte ihre Wange. „Er hat unrecht.“
„Womit?“
„Was auch immer er gesagt hat.“
„Das weißt du doch nicht.“
„Doch, ich weiß es.“
Hawk war freundlich, seine Berührung tröstend und auch ein kleines bisschen sexy. Genau das, was ich jetzt brauche, dachte Nicole.
Sein Blick fiel von ihren Augen zu ihrem Mund, und ihr ganzer Körper reagierte mit einem Prickeln und leisen Seufzern. Dabei hatte der Mann sie nicht einmal geküsst. Wie machte er das nur?
Bevor sie es aber noch herausfinden konnte, war auf dem Korridor der Lärm von mehreren Jugendlichen zu hören. Sie trat einen Schritt zurück.
„Verstärkung“, sagte er leichthin. „Ich werde sie bitten, die Schachteln hereinzutragen.“
Was bedeutete, dass sie nur einmal gehen mussten und ihr dann kein Vorwand mehr blieb, noch länger zu bleiben. Aus irgendeinem Grund aber wollte sie gerne bleiben.
„Hier ist dein Wechselgeld.“ Sie griff in ihre Jeanstasche und zog das Geld heraus.
„Heb es auf für das nächste Mal“, meinte er. „In einer Woche werde ich wieder bestellen.“
„Einverstanden.“
„Du wirst doch bleiben und an der Besprechung teilnehmen, nicht wahr?“
„Ich, eh, ja sicher.“ Denn die Alternative wäre, nach Hause zu gehen und ihren Freunden auszuweichen, die sie zurzeit alle bemitleideten.
Hawk schickte ein paar der Jungs los, um die mitgebrachten Desserts zu holen. Als sie zurückkamen, war Raoul bei ihnen und rief ihr einen Gruß zu. Sie ging hinüber, um dabei zu helfen, die Sachen aufzubauen.
„Flippst du jetzt aus, weil ich hier bin?“, fragte sie ihn. „Vielleicht findest du ja, dass dein Boss sich viel zu sehr in dein Privatleben einmischt?“
Raoul lächelte. „Kein Mensch sagt mehr ‚ausnippen‘.“
„Aber sicher doch.“
„Weil Sie so hip sind?“
„Kein Mensch sagt mehr ‚hip‘. So viel weiß ich.“
Der Junge lachte. „Es ist in Ordnung, wenn Sie bleiben.“
„Gut. Vielleicht kann ich dir ja auch ein paar Tipps geben.“
„Möglich. Coach sagt, dass Frauen wie eine geheimnisvolle Insel sind und dass ein kluger Mann sich immer über die Grenzen seiner Fähigkeiten im Klaren ist.“
Eine interessante gemischte Metapher. Nicole zweifelte nicht daran, dass Hawk mehr Erfahrungen besaß als der Durchschnittsmann und dass Raoul gut daran tat, auf ihn zu hören.
Wenige Minuten später saßen sie alle auf Klappstühlen, Nicole direkt neben Hawk. Darüber freute sie sich, denn er war genau die Ablenkung, die sie brauchte.
Er betätigte eine Fernbedienung. Der Raum wurde dunkel und auf dem großen Bildschirm an der Wand erschien ein körniges Bild von dem Spiel.
„Ihr habt Glück gehabt, Jungs“, begann Hawk seine Erklärungen. „Beim Anspiel habt ihr geschludert. Die Grundlagen sind alles. Wilson, du warst zwei Sekunden zu spät von der Linie weg. Green, deine Aufgabe ist es, den Quarterback zu decken. Wenn der Gegner durchbricht, erzielen wir keine Punkte. So einfach ist das.“
Er sezierte jede einzelne Sekunde des Spiels, lobte, wo es angebracht war – was nicht allzu häufig der Fall zu sein schien –, und gab seine konstruktive Kritik ab. Seine Erklärungen waren leicht zu verstehen, sogar Nicole war in der Lage, ihm zu folgen … zumindest während der ersten zehn Minuten oder so. Dann aber merkte sie, wie seine Hand leicht über ihren Arm strich.
Fast wäre sie durch die unerwartete Berührung aufgeschreckt, aber sie schaffte es, ruhig sitzen zu bleiben und wie beiläufig hinzusehen, als seine Finger die Innenseite ihres Handgelenks streichelten. Langsam, zärtlich, und ohne sie dabei anzusehen.
Theoretisch war an diesem Kontakt überhaupt nichts Erotisches. Es musste gar nichts bedeuten. Aber so heiß, wie seine Haut sich anfühlte, und die Art, wie er mit seinem Daumen dann weiter über ihre Handfläche strich – am liebsten hätte sie sich gewunden, und sie musste sich anstrengen, ihren Atem unter Kontrolle zu halten.
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