Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
frei liegenden Po mit einem großen
Frotteehandtuch.
Kurze Zeit
später kam diese mit einer Schüssel voll braun-grünem Schlamm herein. In langsamen,
leisen, fast rhythmisch zur Melodie passenden Sätzen erzählte sie Liv von der entschlackenden,
straffenden und nährenden Wirkung der angewärmten Mineralerde, die sie ihr nun auf
den Körper schmierte. Sie fing an den Beinen an und arbeitete sich streichelnd fort
bis zum Rücken, den Armen.
»Ist der
wirklich aus dem Rhein?«, wollte Liv wissen.
»Ja, Teile
daraus sind aus dem Rhein, allerdings speziell gefiltert und gereinigt und angereichert.«
»Alles klar.«
Für Liv ein weiterer Marketing-Gag.
»Und nun
drehen Sie sich bitte behutsam um«, trug sie Liv auf. Eine ziemlich glitschige Angelegenheit,
die Liv auf der Plastikfolie knisternd meisterte. Nun lag sie im warmen Matsch und
die Prozedur ging auf ihrem Vorderkörper weiter. Nachdem so weit alles eingeschmiert
war, klappte sie seitlich die Plastikfolie über Liv und umwickelte sie wie ein Bonbon.
»Stopp! So nicht!«, protestierte Liv. »Sie glauben doch nicht, dass ich mich von
Ihnen fesseln lasse! Ich kann mich kein Stück bewegen, was soll das denn wieder?
Machen Sie das sofort ab!« Schnell wickelte Virginia Perle die Folie ab. Die Röte
stieg ihr ins Gesicht, Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn. Weshalb war sie
so aufgeregt?
»Was halten
Sie davon, wenn ich Ihre Arme außen vor lasse und die Beine nur leicht einzeln umwickle?«,
fragte sie nach kurzer Überlegungspause. »Ansonsten kann die Körperpackung nicht
ihre volle Wirkung entfalten.«
»Na gut«,
lenkte Liv ein, »wir versuchen es.« Ihre Arme hatten ihre Freiheit zurück. Über
die Folie und die Arme wurden locker ein paar Handtücher gelegt. Es wurde mollig
warm. Livs Füße wurden ebenfalls mit Handtüchern bedeckt. Wenigstens hatte sie nun
das Gefühl, dass sie sich jederzeit selbst befreien konnte. Liv hörte Virginia Perle
noch murmeln, sie solle sich entspannen. Die Mineralerde sollte nun ihre Wirkung
entfalten, sie sei ganz in der Nähe. Falls Liv sich unwohl fühle, müsse sie es nur
sagen. Unerwartet schnell schlief Liv ein.
33
Durch ein lautes Gespräch wurde
Liv geweckt. Ihr war sehr warm. Was war los, warum konnte sie sich so schlecht bewegen?
Liv versuchte, sich frei zu strampeln, bis sie die Situation, in der sie sich befand,
begriff – gerade noch rechtzeitig, um nicht von der schmalen Liege zu fallen. Schweißperlen
standen auf ihrer Stirn, aber wegwischen fiel durch die vielen Tücher schwer.
›Jetzt ganz
entspannt bleiben‹, beruhigte sie sich.
Abgelenkt
wurde sie durch das aggressive Gespräch zweier Frauen im Vorraum. Livs Atem war
zu laut, so hielt sie ihn an, was die unbehagliche Situation noch verstärkte. Instinktiv
wusste sie, dass da draußen ein Gespräch stattfand, das verheimlicht werden wollte.
Die beiden Frauen fühlten sich unbeobachtet und hatten etwas Wichtiges zu besprechen.
Liv musste herausfinden, wer sich mit ihrer Kosmetikerin unterhielt. Den Tonfall
von Virginia Perle kannte sie ja nun zu gut, aber wer war die andere und worüber
sprachen sie? Liv badete inzwischen in ihrem Schweiß in der Plastiktüte und ihr
Herzschlag drohte das Geflüster zu übertönen, aber es hatte sich gelohnt. Was Liv
da hörte, hätte sie sich nicht träumen lassen. Genug, um zu wissen, wer sich mit
der Kosmetikerin verbünden wollte. Nun konnte Liv auch rufen, dass sie endlich jemand
befreite.
Liv tat
so, als wäre sie eben erst aufgewacht. Schnell war Virginia bei ihr, ihre Augen
sahen Liv forschend an, aber sie sagte nichts. Liv hielt es für besser, die Damen
noch in Sicherheit zu wiegen. Sie musste unbedingt Frank sprechen, am besten sofort.
Nachdem
sie von der Folie befreit war, glitschte Liv von der Liege, ging in die benachbarte
Dusche und spülte die Mineralerde ab. So richtig genießen konnte sie nicht, ihre
Gedanken an den Fall hielten sie davon ab.
34
In Livs aufgeräumtem und geputztem
Zimmer lag das iPhone.
Sie mochte
es nicht, wenn andere sich in ihrem Zimmer zu schaffen machten – in einem Hotel
nahezu unvermeidlich. Liv blieb wachsam.
»Frank?
Ja, hallo, hier spricht Liv. Hast du Zeit? Sofort? Ich habe da etwas gehört, das
dich sehr interessieren wird. Kannst du kommen? Wir treffen uns am besten in einer
Stunde draußen am Rosenbeet.«
Er sagte
ohne weitere Nachfragen zu. Er schien Liv noch immer zu trauen und ihr zuzutrauen,
dass sie ihm in diesem Fall weiterhelfen könnte.
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