Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
Feinde
geschaffen. Vielleicht ertappte er jemanden bei irgendwelchen Machenschaften. Übrigens,
falls Sie an Namen interessiert sind, kann ich Ihnen welche nennen, die sich auf
Kosten des Hotels zum Beispiel ab und an einen Urlaub gönnen.«
Wie auf
Knopfdruck drehten sich die Köpfe der Geschwister zueinander. Als ob sie sich auch
ohne Sprache unterhielten, schauten sich die beiden an. Glichen sie gerade gedanklich
die infrage kommenden Namen ab? Bestätigten sie sich in einem bereits lang gefassten
Plan, jemand Bestimmten zu kündigen? Oder hielten sie geschickt ihre Überraschung,
ihr Entsetzen zurück? Johann ergriff das Wort: »Wir glauben zu wissen, wen Sie meinen.
Uns sind bereits einige Ungereimtheiten aufgefallen, denen wir nachgehen werden,
sobald wir wieder in ruhigeren Fahrwassern steuern. Aber ich wollte Sie nicht unterbrechen.
Fahren Sie fort mit Ihrer Theorie.«
»Ich denke
an Ihre Angestellten. Vielleicht haben sie sich zusammengetan, weil sie eine Chance
witterten, den Alten endlich loszuwerden. Sie brachten ihn um und töteten anschließend
die Ehefrau, die etwas gesehen oder Verdächtigungen geäußert hat. Oder nehmen wir
Anuschka. Vielleicht liebte sie Ihren Vater und tötete ihn aus Eifersucht, weil
sie nun aufs Abstellgleis gestellt werden sollte. Wer weiß, es gibt viele Möglichkeiten.«
Nach einer kurzen strategischen Pause sah Liv Maria Overbeck an und sagte: »Aber
wir sind auf einem guten Weg, den oder die wahren Mörder sehr bald herauszufinden.«
Hatte Liv
›wir‹ gesagt? Johann und Maria Overbeck übergingen es, schauten sie nur nachdenklich
an.
»Haben Sie
einen Frosch als Haustier?«, fragte Liv, an beide gewandt. Sie schauten sich schon
wieder abrupt an. Diesmal machte es den Anschein, als wüssten sie mit dieser Frage
nicht viel anzufangen.
»Einen Frosch?
Frau Oliver, ich bitte Sie.« Johann Overbeck war offensichtlich gerade nicht zu
Späßen aufgelegt.
»Das ist
kein Witz. Halten Sie sich Frösche im Terrarium?«
»Nein«,
sagte er etwas zu laut. Seine Schwester schüttelte nur fragend den Kopf.
»Wie kommen
Sie denn jetzt auf so etwas? Wir haben kein Tier, außer einer Katze, die aber weitgehend
selbstständig hier herumläuft und sich ihr Futter selbst fängt.«
Maria ergänzte:
»Black Jack ist hier quasi als Mäusefänger angestellt.«
»Ja, und
bei unseren Arbeitszeiten würde jedes andere Tier restlos verwahrlosen. Frösche
gibt es bei uns nur im Teich im Park. Und die wären wir am liebsten los, weil sie
im Frühsommer so einen Krach machen, dass die Gäste sich beschweren. Es kann übrigens
jetzt täglich losgehen«, teilte Johann Overbeck unwirsch mit.
»Ich spreche
nicht von deutschen Fröschen«, betonte Liv. »Ich dachte, es wäre Ihnen bekannt:
Viele Ihrer Angestellten haben besonders kleine und bunte Frösche als Haustiere.
Gerade wegen der Arbeitszeiten. So gesehen, sind die Frösche recht praktisch. Wenn
sie ihre artgerechte Umgebung in dem Terrarium haben, sind sie unabhängig von Schichtdiensten.«
»Brauchen
Frösche keine Streicheleinheiten?« Maria Overbeck hatte einen Witz gemacht, den
ihr Bruder mit einem genervten Blick quittierte.
»Es sind
alles Pfeilgiftfrösche«, antwortete Liv schnell, auf ihre Reaktionen gespannt.
Johann Overbeck
war der Schnellere: »Ist unser Vater durch Froschgift getötet worden?«
»Ja, es
sieht so aus. Aber so einfach ist es nicht. Denn nicht alle Frösche sind noch giftig.
Wir müssen denjenigen finden, der noch einen giftigen Giftfrosch besitzt.«
Maria murmelte
leise grinsend zu Johann herüber: »Unser Vater hat einen Frosch verschluckt.«
Und Johann
witzelte nun doch zurück: »Vielleicht wollte er einen küssen oder selber ein Prinz
werden?«
Verstört
wollten alle drei sich das Lachen verkneifen. Es schien ihnen äußerst unpassend,
aber es wurde unmöglich, es zu unterdrücken. Sie prusteten plötzlich alle drei über
den Tisch. Maria konnte es noch am besten zurückhalten, aber Johann lachte lauthals
los.
»Entschuldigen
Sie«, er versuchte sich zu beruhigen, »eine Übersprungshandlung, pure Hysterie,
entschuldigen Sie bitte«, und er lachte weiter. Erst nach einiger Zeit hatte er
sich wieder unter Kontrolle.
»Ich hoffe,
Sie haben nun keinen falschen Eindruck von uns, wir mochten unseren Vater«, und
beide lachten erneut los. War es der Wein, die Trauer, die Angst, die Erlösung oder
die Unwissenheit? Erst als das Essen serviert wurde, konnten sich die Geschwister
wieder
Weitere Kostenlose Bücher