Frontlinien
küssen, oder?«
Die Dunkelheit verbarg Toms Lächeln, aber Chakotay
wusste, dass es existierte.
Er lächelte ebenfalls, während er in die Schatten blickte.
»Nicht einmal um mein Leben zu retten. Aber ich… ich
möchte nicht, dass Sie glauben, wir seien keine Freunde gewesen.«
Stille folgte diesen Worten. Oder vielleicht auch nicht. Alles schien langsamer zu werden.
»Ich habe nie etwas anderes angenommen, Chakotay«, sagte Paris. »Ich habe Sie immer für meinen abgebrühten,
moralistischen und fast humorlosen Freund gehalten. Und ich bin Ihr sarkastischer, manchmal aufsässiger und eigensinniger Freund.«
Chakotay lachte leise, was ihm neuerlichen Schmerz im
Rücken bescherte.
Die Luft war so dünn…
Risse in der Außenhülle… Kühlmittellecks… die
Lebenserhaltungssysteme ausgefallen…
Janeway… B’Elanna… Seven…
Harry… Tom… Neelix…
Tuvok… Captain Janeway… B’Elanna…
Ätzender Rauch… Chen und die anderen… Hatten sie den
Maschinenraum rechtzeitig verlassen?
Ja, bestimmt. Oder? Chakotays Rücken schmerzte und er
hörte, wie Paris etwas sagte. Schatten wirbelten über die Brücke und seine Lider wurden immer schwerer. So dünne Luft… Und die Dunkelheit schien noch finsterer zu werden.
»Paris?«
»Ja?«
»Was machen Sie da?«
»Nichts, Chakotay… nichts.«
30
»Wie geht es ihm?« Schwärze. Das ganze Universum schien nur aus pechschwarzer Finsternis zu bestehen.
»Er müsste gleich wieder zu sich kommen.«
Stimmen hallten durch die Dunkelheit, als sich die Schwärze in grauen Nebel verwandelte, in dem hier und dort Licht blitzte. An einigen Stellen zeigte sich sogar Farbe.
»Wie schwer wurde er verletzt?« Es war eine sanfte Stimme, besorgt und voller Anteilnahme, aber auch fest und stark. Ihr vertrauter Klang schob die Finsternis noch etwas weiter fort.
»Schwerer als die anderen. Im Rücken kam es zu
Lazerationen, die sich entzündeten, und außerdem hat er sich zwei Rippen gebrochen.«
Sein Rücken, ja… Er schmerzte nicht mehr. Das Stechen
hatte ihn zuvor auf Schritt und Tritt begleitet, war dadurch zu einem Teil seines Selbst geworden. Eine der beiden Stimmen hatte ihn geheilt – der Mann.
»Gleich ist er wieder bei Bewusstsein. Sie haben ihn
buchstäblich im letzten Augenblick an Bord gebeamt.«
Chakotay versuchte, den Kopf zu heben und die Augen zu öffnen – vergeblich.
»Er atmet pfeifend«, erklang erneut die Stimme der Frau.
Sprachen sie über ihn? Er hörte überhaupt keinen pfeifenden Atem. Nach einigen Sekunden spürte er den eigenen
Herzschlag, langsam und gleichmäßig, vernahm außerdem ein leises, zischendes Pfeifen.
»Das ist normal«, sagte der Mann. Der holographische
Arzt… Er befand sich an Bord der Voyager, in der Krankenstation. Zunächst hatte er nur die Worte verstanden, ohne die Stimmen zu identifizieren. Mit dem langsamen
Erwachen ging eine wichtige Erkenntnis einher – er war nicht tot!
»Ich musste kohlenstoffreiches Sputum entfernen«, sagte der Doktor.
»Und damit meinen Sie was?«, fragte Janeway.
»Ruß im Hals. Hinzu kommen Verbrennungen in den oberen Atemwegen, eine Bindehautreizung und ein akutes
Kehlkopfödem. Wie ich schon sagte: Sie haben ihn gerade noch rechtzeitig an Bord gebeamt. Bei der ersten Tricorder-Sondierung ergab sich ein Anteil von achtzehn Prozent
Kohlenmonoxid im Blut. Alle Personen brauchten eine
Hämoglobin-Injektion, um den Sauerstoffanteil des Blutes zu erhöhen.«
Die Stimme des Mannes fuhr noch eine Zeit lang auf diese Weise fort und Chakotay gestattete es sich, in die Dunkelheit zurückzusinken. Er versuchte nicht erneut, sich aus der Finsternis zu befreien und gegen sie anzukämpfen. Stattdessen ließ er sich von ihr umfassen, wie von einem warmen,
stärkenden Kokon. Es ertönten weiterhin Stimmen, über eine unbestimmte Zeit hinweg, und ihr Klang war ebenfalls warm, sogar erfrischend.
Dann zischte etwas neben seinem Ohr und plötzlich löste sich die Dunkelheit ganz auf. Von einem Augenblick zum anderen wurde das Universum zu hell, selbst durch die geschlossenen Lider. Innerlich – und vielleicht auch äußerlich – schreckte er davor zurück.
»Chakotay?«, flüsterte Janeway in unmittelbarer Nähe.
Er versuchte, zu nicken und zu sprechen. Der Hals war steif, der Gaumen trocken.
»Cap…tain…«
»Schonen Sie Ihre Stimme, Commander«, sagte der Doktor.
Chakotay hob die Lider ein wenig, senkte sie aber sofort wieder, denn das Licht war noch immer viel zu
Weitere Kostenlose Bücher