Froschkuss (German Edition)
beförderte den Korken mit einer schwungvollen Geste aus der Flasche. „Ich hatte dir doch erzählt, dass Nele und Betty zusammenziehen wollen“, sagte er, während er Wein in unsere Gläser einschenkte. „Eigentlich hatte Nele schon einen Nachmieter, aber der ist in letzter Minute abgesprungen. Ist doch super, nicht?“
Ich stimmte ihm zu, obwohl ich innerlich so etwas wie Enttäuschung fühlte. Okay, ich hatte Leon während der vergangenen Wochen oft genug am liebsten in die Wüste geschickt, aber andererseits war er mir auch irgendwie ans Herz gewachsen. Hatte er außerdem schon vergessen, dass wir ziemlich heißen Sex hatten? Und das nicht nur einmal? Leons dunkelbraune Augen leuchteten, während er mir sein neues Domizil beschrieb. „... eine wunderschöne Altbauwohnung ist das, mit Holzfußboden und hohen Decken, und die Nachbarn sind auch sehr nett.“
„Wie viele Zimmer hat die Wohnung denn?“, fragte ich förmlich.
Leon nahm sein Glas und prostete mir zu. „Nur zwei, aber mehr brauche ich auch nicht. Vielen Dank übrigens noch einmal, dass du mich die ganzen Wochen ausgehalten hast!“
„Das habe ich gern getan“, sagte ich traurig. Ich trank einen Schluck Weißwein. „Wie geht es denn mit dir, Betty, Nele und Luisa jetzt weiter?“
„Keine Ahnung“, erwiderte er sanft. „Ich habe wenig Erfahrung als Papa. Aber ich liebe die Kleine, sehr sogar.“
Seine Stimme klang trotzig, deshalb beugte ich mich nach vorne und berührte seine Hand. „Das kann ich gut verstehen. Luisa ist wirklich ein süßes Baby.“
Als ich meine Hand wieder wegziehen wollte, verhinderte er es, indem er meinen Arm ergriff. „Sonia“, begann er leise, „das zwischen uns ...“
„Du brauchst dir keine Gedanken machen. Es war schön mit dir. Aber ...“
„Aber was?“ Er zog mich auf seinen Schoß und umschlang mich mit seinen langen Armen. Ich spürte die Hitze seines Körpers durch den dünnen Stoff meines Kleides, aber etwas in mir wehrte sich dagegen, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. „Ich weiß nicht“, flüsterte ich, und er presste sich noch fester an mich, „du hast doch jetzt schon so etwas wie eine Familie. Du hast ein Kind mit einer anderen Frau, auch wenn ihr kein Paar seid ...“ Leon stieß mich behutsam von sich weg, nahm mein Gesicht in beide Hände und blickte mir ernst in die Augen: „Aber das hat doch alles nichts mit uns zu tun.“
Ich rutschte von seinem Schoß herunter. „Doch, das hat auch etwas mit uns zu tun. Wie stellst du dir das vor? Wollen wir am Wochenende alle zusammen mit Luisa spazieren gehen und danach gemeinsam Tee trinken? Das geht doch nicht gut. Welche Rolle soll ich denn dabei spielen?“
Leon erhob sich und nahm mich in den Arm, so fest, dass es schmerzte. „Das kann ich dir auch nicht sagen“, erwiderte er ruhig, „aber ich glaube nicht, dass es große Probleme geben wird. Du denkst einfach zu viel nach, Sonia. Man kann nicht alles vorausplanen, schon gar nicht, wenn es um die Liebe geht.“
Er küsste mich zärtlich. „Lass dir Zeit“, sagte er schließlich und streichelte mir über die Wange. „Ich kann warten.“
28. Kapitel
Kruse und Johannsen waren jetzt bestimmt schon drei Stunden im Büro von Lars, um ihre Analyse zu präsentierten, wie uns Gitti verraten hatte. Ich saß vor meinem Computer und brachte einfach gar nichts zustande. Lustlos formulierte ich jetzt schon zum dritten Mal den Anfang eines Artikels über „Maritimen Wohnstil“, aber es kam nur Schrott dabei heraus. Sophie und Dominic waren ebenfalls in ihre Arbeit vertieft. Es war schon fast unheimlich still in unserem Büro, nur hin und wieder klingelte das Telefon von Gitti, die sich als einzige nicht ihre gute Laune verderben ließ. Ich hatte schon den ganzen Tag ein schlechtes Gefühl, eine gewisse Vorahnung, dass die Unternehmensberater Lars Personaleinsparungen empfehlen würden. Ich hatte mich ein wenig über die Arbeit dieser Menschen im Internet informiert, denn bislang hatte ich mit diesem Thema noch gar nichts zu tun gehabt. Unternehmensberater waren meistens projektbezogen im Einsatz und zwar nur für einen gewissen Zeitraum und immer an einem anderen Ort. Sie lebten die Woche über im Hotel und arbeiteten bis zu 14 Stunden am Tag. Viele Unternehmen beauftragten Consultingfirmen, weil die eigenen Manager Fehler begangen hatten, die finanzielle Situation oder Auftragslage schlecht war oder aber um Mitarbeiter loszuwerden. Kündigungen waren immer eine unangenehme
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