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Frost

Frost

Titel: Frost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Rector
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Grund.
    Eine Sekunde später hörte ich ihn stöhnen.
    Ich stand starr an der Kante.
    Ich musste mir das Geräusch eingebildet haben. Es musste der Wind sein. Aber ich wusste, dass das nicht stimmte. Es gab hier keinen Wind, nur den dicht fallenden Schnee.
    Eine ganze Weile stand ich so da, unter dem Baum, und starrte ihn von oben an. Ich lauschte.
    Dann hustete er.
    Da war ich schon ein paar Schritte entfernt.
    Syl versuchte, sich umzudrehen, aber er schaffte es nicht und stöhnte wieder.
    Es klang irgendwie traurig und panisch.
    Ich ging wieder zurück und rutschte den Abhang hinunter. Der Schnee lag unten kniehoch, und ich musste mich hindurchkämpfen. Dann hatte ich es bis zu ihm geschafft, streckte meine Hand aus. Und dachte nach.
    Was sollte ich tun?
    Der Abhang war steil und hoch. Ich hatte nicht die Kraft, ihn hochzuziehen. Und selbst wenn ich das gekonnt hätte, hätte ich es niemals geschafft, ihn zum Hotel zurückzutragen.
    Es war zu spät.
    Ich konnte nichts mehr tun.
    Syl atmete schwer, stöhnte, versuchte, sich umzudrehen.
    Ich musste hier weg, nach oben klettern, verschwinden, aber ich konnte mich nicht bewegen.
    Ich konnte ihn doch nicht einfach so dort liegen lassen.
    Also trat ich zu ihm und drehte ihn auf den Rücken.
    Er schaute mich direkt an, sein Blick war abwesend und glasig, und er bewegte den Kopf hin und her, bevor er michwieder ansah. Erkennen blitzte in seinem Gesicht auf, dann Verstehen, dann Angst.
    «Ich kenne dich», sagte er.
    Seine Stimme war trocken und dünn.
    Ich wich zurück.
    Der Schmerz in meinem Kopf war unerträglich.
    Syl hob die Hand und versuchte, noch etwas zu sagen, aber ich hörte nur seinen rasselnden Atem.
    Ich begann, den Abhang hinaufzuklettern.
    Syl schrie auf, seine Hand zitterte.
    Ich kletterte weiter.
    Als ich oben ankam, hörte ich, wie er sich bewegte, wie er versuchte, etwas zu sagen und sich aufzurichten. Ich konnte nichts tun, sagte ich mir, man konnte ihm nicht mehr helfen. Ich musste weitergehen, er würde es sowieso nicht schaffen, egal, was ich unternahm.
    Ob das stimmte oder nicht, wusste ich nicht so genau. Aber es reichte, um mich wieder in Bewegung zu setzen.
    Ich hörte ihn husten, aber ich schaute mich nicht mehr um. Er rief nach mir mit dieser schwachen, trockenen Stimme, und ich spürte, wie etwas in mir schrumpfte.
    Ich musste mich auf Sara und das Baby konzentrieren. Ich musste es für sie tun, sie verließen sich auf mich, ich musste stark sein.
    Egal, was passierte, ich musste stark sein.
    Als ich weit genug entfernt war, hielt ich an und sah mich um. Der Baum stand schlank und kräftig unter seiner Schneelast.
    Das war meine letzte Chance.
    Wenn ich jetzt nichts tat, würde Syl da unten erfrieren. Wenn ich ihm nicht half, hätte ich ihm genauso gut einen Revolver an die Stirn halten und abdrücken können.
    Tief im Inneren wusste ich, dass ich ihn nicht da draußen sterben lassen konnte, dass ich dazu nicht fähig war, dass ich einfach nicht so war.
    Aber schließlich tat ich genau das.

13
    Ich folgte meinen Fußspuren über das Feld, und als ich den Spielplatz erreicht hatte, konnte ich kaum noch stehen. Der Schmerz kreischte in meinem Schädel und machte es mir fast unmöglich, mich aufrecht zu halten.
    Vor mir duckte sich die Schildkröte, und ich fixierte sie und zwang mich, auf sie zuzugehen. Schließlich erreichte ich sie und lehnte mich gegen ihren Panzer. Meine Beine waren wie Pudding, und plötzlich erblühte ein ganzer Wald von schwarzen Blumen hinter meinen Augen. Die Welt drehte sich. Ich übergab mich in den Schnee.
    Das jagte mir einen solchen Schrecken ein, dass ich weiterging.
    Mein Fuß stieß gegen etwas, und ich fiel hin. Als ich versuchte, mich wieder aufzurichten, hatte ich keine Kraft mehr in den Armen.
    Also blieb ich liegen, mit dem Gesicht nach unten, und lauschte meinem Atem. Mein Gesicht wurde langsam taub vor Kälte.
    Ich musste an Vincent denken und schloss die Augen. Es hätte mich treffen sollen.
    Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber als ich aufschaute, konnte ich unser Häuschen erkennen. Es war so nah.
    Schließlich schaffte ich es doch, mich aufzurappeln, und wankte über den Parkplatz. Ich musste mich an die Wand lehnen, als ich das Haus erreichte.
    Schwarze Schatten verdunkelten die Ränder meines Blickfelds, und ich beugte mich vor, bis ich wieder klar sehen konnte. Dann tastete ich mich Zentimeter für Zentimeter die Wand entlang zu unserem Zimmer.
    Als ich bei der Tür angekommen war,

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