Frostbite
brachte er mit sich.
Es ist nicht von Dauer, dachte sie. Sobald sie sich wieder
verwandelte, würde ihr Körper die Verletzung heilen. Sobald sie sich wieder
verwandelte …
Sie musste nachdenken. Sie musste einen Plan schmieden. Die
Schmerzen mussten warten.
Sie mühte sich auf die Füße und stolperte zu Bobby hinüber, der
zusammengekrümmt am Boden lag. Er war bei Bewusstsein, aber sein Gesicht war
schmerzverzerrt. »Lester«, rief sie, »Lester, komm her!«
»Ist er weg?«, fragte der Pilot und kam um seinen Hubschrauber herum. »Glaubst du, er kommt zurück?«
Chey schüttelte den Kopf. »Dafür ist er zu schlau. Komm, hilf mir
mit Bobby!«
Gemeinsam zogen sie Fenech in eine sitzende Haltung. Der Agent hielt
sich zusammengekrümmt die Brust, aber als Chey seine Hände nach unten zog,
entdeckte sie, dass er schwach wie ein Kätzchen war. Sie zog am Halsausschnitt seines Polohemds und begutachtete
seinen Oberkörper. Auf seinem Brustbein breitete sich bereits ein großer blauer
Bluterguss aus. Powell hatte ihn ziemlich hart getroffen. »Kannst du reden?«,
fragte Chey. »Kannst du etwas sagen?«
»Der verfluchte Scheißkerl!«, stöhnte er. »Der verfluchte Scheißkerl!«
»Ich schätze, du wirst es überleben«, sagte sie und ging neben ihm
in die Hocke.
Sie spähte über das Wasser,
unsicher, was sie als Nächstes sagen sollte. Die Sonne stand noch immer hoch
über den Bäumen, aber sie schätzte, dass es auf neun Uhr zuging. Sie hätte
einen Blick auf die Uhr ihres Handys werfen können, aber dazu hätte sie mit der
gebrochenen Hand in ihre Tasche greifen müssen.
»Hör zu«, sagte sie schließlich, »es tut mir leid, aber …«
»Warte!« Bobby tastete den Boden ringsum ab und fand schließlich
seine Sonnenbrille. Sie musste weggeschleudert worden sein, als Powell ihn
getroffen hatte. Das rechte Glas war übel zerkratzt, trotzdem polierte er die
Brille an seinem Hemd und setzte sie wieder auf. »Okay«, sagte er. »Chey, du
weißt, was ich für dich empfinde. Du weißt, dass ich dir vertraue. Wenn ich dir
also meine nächste Frage stelle, dann möchte ich, dass du das bitte nicht
falsch verstehst.«
»In Ordnung«, erwiderte sie, aber es klang eher wie eine Frage.
»Bist du eigentlich völlig verblödet?«, wollte er wissen. »Wusstest
du, dass die Waffe gesichert war? Ich glaube mich zu erinnern, dass das Teil
deiner Ausbildung war. Jener Ausbildung, wegen
der ich Scheiße fressen und deinen bescheuerten Onkel überreden musste,
sich für dich einzusetzen.«
»Ich habe Mist gebaut, ich weiß«, sagte sie. »Aber es war keine
Absicht. Hör zu, das nächste Mal …«
Er legte ihr einen Finger auf die Lippen. »Glaubst du allen Ernstes,
es gibt ein nächstes Mal? Das klingt wie ein guter Witz. Vielleicht würde ich
sogar lachen, hätte ich nicht die Befürchtung, meine Milz könnte reißen. Lass
mich noch einmal sagen …«
»Warte, warte, du …«
»Chey, du bist gefeuert! Du bist nicht länger im Team. Ich rufe ein
paar Freunde, und wir bringen den verdammten Scheißkerl zur Strecke. Genau das
wird passieren. Ich arbeite schon viel zu lange an diesem Projekt und lasse
nicht zu, dass du es gegen die Wand fährst.
Lester, pack die Lagerausrüstung aus! Der Scheißkerl kehrt heute Nacht
bestimmt nicht zurück, nachdem er weiß, dass wir Silbermunition haben. Chey,
hilf mir, mich in den Hubschrauber zu setzen. Ich glaube, ich ziehe einen
Polstersitz diesen beschissenen Steinen vor.«
Jede Bewegung sandte Schmerzen durch Cheys Körper wie Erdstöße vor einem Vulkanausbruch. Sie kippte
beinahe um. Aber sie half Bobby beim Aufstehen und humpelte auf den
Hubschrauber zu. Lester tat wie befohlen und holte einen Stapel Nylonsäcke aus
dem Frachtraum.
»Bobby«, sagte sie, als er im Hubschrauber saß.
»Vergiss es.«
»Bobby, da gibt es noch etwas zu bedenken.«
Sein Kopf rollte zur Seite, bis er sie ansah.
»Ich werde mich verwandeln.«
Er runzelte die Stirn.
»In schätzungsweise einer Stunde geht der Mond auf. Jedes Mal bei
Mondaufgang verwandele ich mich. In einen Wolf.«
Er nickte, schien sich deswegen aber keine großen Sorgen zu machen.
»Dann werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um dich und
Lester zu töten.« Er wollte protestieren, aber Chey hob die unversehrte Hand,
um ihn daran zu hindern. »Darüber entscheide ich nicht mit dem Willen. Wenn ich
mich verändere, töte ich alles Menschliche, das mir in die Quere kommt. Ich
glaube, ich sollte von hier verschwinden. In
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