Frozen Time (German Edition)
einem Satz auf den kleinen Vorsprung, den die Ladefläche unter dem Container bildet. Mit den Fingern krallt er sich an der Oberkante des Sammelbehälters fest, zieht sich hoch und verschwindet in dem Container. Bevorich überhaupt kapiert habe, was Robin tut, ist auch Milo bereits aufgesprungen.
»Komm schon.«
Ich nehme Anlauf, springe und spüre, dass meine Fußspitzen auf der Ladefläche landen. Ich muss um mein Gleichgewicht ringen, meine Finger suchen Halt, finden ihn, klammern sich fest. Dann hieve ich mich über die hohe Kante des Containers und lande schon wieder in einem weichen Wäscheberg. Noch immer habe ich keine Ahnung, wohin die Fahrt uns führen wird, aber ich kann nur hoffen, dass der Roboter, auf dem wir sitzen, schneller ist als die Officer!
KAPITEL 11
»Wohin …?«, will ich wissen, aber Robin legt seinen Zeigefinger an die Lippen und bedeutet mir zu schweigen, vermutlich, damit uns die Officer nicht hören können.
Wenn mein Orientierungssinn mich nicht trügt, bewegen wir uns weg vom Zentrum in Richtung der äußersten Zirkel der Metropole, wo die Entsorgungsanlagen angesiedelt sind. Dass wir uns in einem Container mit getragener Kleidung befinden, verstärkt diese Vermutung noch. Ich werfe Milo einen fragenden Blick zu, aber der zuckt nur mit den Schultern und reibt sich dann mehrmals kräftig über den Oberarm. Vermutlich hat ihm die unnötige Prügelei mit Robin einige blaue Flecken eingebracht.
Ich frage mich, warum der Roboter keinen Alarm geschlagen hat, als wir aufgesprungen sind, kann mir die Antwort aber selbst zusammenreimen. Die meisten Arbeitsroboter signalisieren nur eine Störung, wenn sie in ihrer Aufgabe unterbrochen werden. Da wir den RecycleRob aber weder gestoppt noch vom Weg abgebracht haben, hat er vermutlich gar nicht registriert, dass er drei Passagiere aufgenommen hat.
Nach einer Weile wird die Notbeleuchtung der Gänge schwächer, die Lampen tauchen in immer größeren Abständen auf. Ich schätze, dass wir uns bereits nicht mehr unter den Wohnblocks der Metropole, sondern im Bereich der Entsorgungsanlagen befinden.
»Wir sind gleich da«, bricht Robin schließlich das Schweigen. »Bereit machen zum Abspringen.«
»Wohin fahren wir denn nun?«, will ich jetzt endlich von ihm wissen, doch er ignoriert meine Frage auch dieses Mal und klettert schon über den Rand des Containers.
Wieder zuckt Milo mit den Schultern. »Schlimmer kann es ja eigentlich nicht mehr werden«, sagt er und bringt ein schiefes Grinsen zustande. Mein Herz wird für einen kurzen Augenblick leichter, als ich es sehe.
»Wenn du meinst«, gebe ich zur Antwort, und gemeinsam klettern wir ebenfalls aus dem Container und lassen uns auf Robins Zeichen auf den Boden fallen. Etwas unbeholfen kullern wir durcheinander, während der Roboter unbeirrt seine Fahrt fortsetzt. Es ist sehr dunkel in diesem Teil der Keller, und ich bin froh, dass Robin sich beinahe blind auszukennen scheint. Wir bleiben dicht hinter ihm, als er uns weiterführt, trotzdem stolpere ich mehrmals gegen harte Gegenstände, die uns den Weg versperren. Doch schlimmer als die Dunkelheit ist ein Übelkeit erregender Gestank, der immer stärker wird, je weiter wir uns fortbewegen, und obwohl ich unwillkürlich anfange, flacher zu atmen, überkommt mich das Gefühl, würgen zu müssen.
»Was ist das?«, stoße ich hinter vorgehaltener Hand hervor. Robin lacht. Anscheinend kann ihm der Gestank nichts anhaben.
»Die Fäkalienentsorgung. Die großen Sammelbecken befinden sich ganz in der Nähe. Vielleicht könnt ihr euch jetzt vorstellen, warum die Officer nicht auf die Idee kommen, uns hier zu suchen? Sie können sich wohl kaum vorstellen, dass Menschen bereit sind, in diesem Duft zu leben.«
Ich nicke, obwohl mir klar ist, dass Robin das in der Dunkelheit nicht sehen kann, aber ich bin nicht gewillt, meinen Mund noch einmal zu öffnen und damit zu riskieren, dass mehr von diesem infernalischen Gestank als unbedingt nötig in meine Atemwege dringt. Schließlich bleibt Robin vor einer verschlossenen Tür stehen und macht mit einem Klopfzeichen auf sich aufmerksam.
Die Tür wird von innen geöffnet, und im hellen Licht, das durch den Spalt fällt, erkenne ich ein Mädchen, das etwa in meinem Alter sein muss. Lange, dunkle Haare fallen um ihr ebenmäßiges Gesicht, dessen einziger Makel eine etwas zu klein geratene Stupsnase zu sein scheint. Auch die Proportionen ihres Körpers sind perfekt, zumindest lassen das die Rundungen unter
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