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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Leiche gemacht hatte. Sie würden ihm sagen, sie wollten ihm bloß helfen. Das tat die Polizei schließlich immer. Aber inWahrheit interessierten sie sich nur für sich selbst. Genau wie alle anderen auch.
    Bis auf Mom.
    «Glaubst du, sie haben ihn geschnappt?», fragte sie, während sie in die Einfahrt des Pfarrhauses fuhren.
    «Wenn sie ihn geschnappt hätten», sagte Mom ruhig und stellte den Motor ab, «dann würden sie hier auf uns warten. Ich sehe niemanden, du?»
    «Lol würde uns niemals anschwärzen.»
    «Nein», sagte Mom, «das glaube ich auch nicht.»
    Im Pfarrhaus schien Mom kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen. Zu lange nicht geschlafen, zu wenig gegessen. Sie wollte eine Büchse Sardinen für Ethel aufmachen, und als das kleine Schlüsselding abbrach, blieb sie einfach mitten in der Küche stehen und fing an zu schluchzen.
    Irgendwie war das Pfarrhaus daran schuld. Seine riesigen Ausmaße und seine Leere machten Mom viel mehr aus als ihr selbst. Jane fand ein großes Haus einfach nur cool. Nicht, dass es hier spukte, aber das Haus schien Mom wirklich aufs Gemüt zu schlagen. Sie hatte in der Lodge sogar diesen arroganten Coffey kleingekriegt und erreicht, was sie wollte. Und jetzt stand sie hier in ihrer eigenen Küche und heulte sich die Seele aus dem Leib. Jane wusste, dass sie an Dad dachte und daran, wie sie ihre Ehe in den Sand gesetzt hatten und so weiter, und daran, wie dumm sie gewesen war, sich einzubilden, sie könnte eine Gemeinde übernehmen, und an all den anderen Mist, der einem einfällt, wenn man völlig fertig ist und noch dazu an einem Ort, den man hasst.
    «Geh ins Bett, Mom. Bitte. Ich kümmere mich um alles.»
    «Das kann ich nicht. Was ist mit Lol?»
    «Ich warte auf ihn. Bitte geh ins Bett.»
    Mom wischte sich an ihrem Pulloverärmel die Augen ab. «Sorry.»
    «Du bist übermüdet.» Jane nahm ihr die Sardinenbüchse aus der Hand.
    «Ich habe ihm einen Schlüssel gegeben», sagte Mom. «Oder?»
    «Ja, ich glaube schon. Mach dir keine Sorgen. Geh schlafen.»
    Mom sah sie leicht misstrauisch an.
    «Ich gehe dann auch in mein Zimmer», sagte Jane. «Ich gehe nicht mehr weg, ich versprech’s dir.»
    Jedenfalls nicht heute Nacht. Muss mich vorbereiten. Muss alles richtig machen.
     
    Im
Black Swan
gab es eine Lounge für Übernachtungsgäste. Im Fernseher lief ohne Ton ein Film über Surfer. Eine Kellnerin servierte zwei älteren Paaren an einem Fenstertisch Kakao.
    Lol ging zu einem Tisch in der Nähe der Tür. Eine der älteren Damen lächelte Lol an. «Guten Abend», sagte er mit seiner leisen und doch klangvollen Pfarrersstimme. Dann setzte er sich ruhig hin und verschränkte locker die Finger.
    Sie würde kommen. Sie hatte ihn hierherbestellt. Lächelnd und nickend hatte sie die dreißig Sekunden mit Hochwürden Locke gesprochen, die James Bull-Davies brauchte, um neue Drinks zu besorgen. Die perfekte Schauspielerin. Jede ihrer Bewegungen wurde von der explosiven Wut gesteuert, die in ihr brodelte.
    Jetzt konnte er das wahrnehmen. Hochwürden Sandy Locke, der alles mit einer gewissen Distanz betrachtete, schien auch noch sehr viele andere Dinge wahrnehmen zu können, die dem verkorksten, introvertierten Lol Robinson verborgen geblieben waren.
    Dann kam Alison herein. Die älteren Herrschaften unterbrachen ihr Gespräch. Die Damen wirkten geradezu entsetzt, als sich diese Blondine mit dem unanständigen Kleid zu dem Geistlichen setzte. Die Herren dagegen schien der Anblick zu erfreuen.
    «Hi.» Lol lächelte. «Was hast du ihm erzählt, wo du hingehst?»
    «Mir die Nase pudern. Und dann habe ich in der Damentoilette eine Bekannte getroffen. Man weiß ja, wie die Frauen sind.»
    «Ich lerne es gerade», sagte Lol. «Endlich.»
    «Er wird schon jemanden zum Reden finden. Bekommt erst mal gar nicht mit, dass ich nicht da bin. Und was das da angeht», Alison deutete auf seinen Priesterkragen, «verkneife ich mir die Frage.»
    «Willst du was trinken?»
    «Keine Zeit.»
    «Also redest du», sagte Lol, «und ich höre zu.» Er fühlte sich, als würde er schweben und könnte sein Gewicht dabei ideal ausbalancieren. Zum ersten Mal in seinem Erwachsenenleben hielt er das Gleichgewicht.
    Alison warf ihr Haar zurück. «Ich schätze, die Devenish hat es dir erzählt, Gott sei ihrer Heidenseele gnädig.»
    «Nein, ich bin selbst draufgekommen.»
    «Du?»
    Er grinste. Sie konnte ihn heute Abend nicht verletzen. Er senkte die Stimme. Und dann machte er den Sprung ins Dunkle.
    «Ich frage

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