Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
er sei davon überzeugt, verhext worden zu sein. Zwischen den Zeilen ist klar, dass er Wil Williams beschuldigt.»
    «Das steht aber nicht da!», rief Bull-Davies ärgerlich dazwischen.
    «Natürlich nicht», sagte Merrily. «Aber das konnte er auch nicht schreiben, oder? Ich glaube, wir können davon ausgehen, dass er wirklich gelitten hat. Er kam mit seinen eigenen Gefühlen nicht mehr zurecht, die allem widersprachen, was er für richtig hielt. Und möglicherweise befürchtete er, diese Gefühle könnten von anderen bemerkt werden. Ich weiß nicht, mit welchen Vorurteilen Schwule im siebzehnten Jahrhundert zu kämpfen hatten, und auch nicht, ob Thomas Bull ganz besonders gegen sie eingenommen war. Aber mir scheint klar, dass er sich davor fürchtete, für homosexuell gehalten zu werden.»
    Alison sagte: «Es scheint so – und das legt der Text
sehr deutlich
nahe, James, ganz gleich, was du sagst – dass Thomas Bull, nachdem er Wils Anklage wegen Hexerei mit Hilfe gefälschter Aussagen durchgesetzt hatte, fast paranoide Ängste davor entwickelte, was vor Gericht dabei herauskommen könnte.»
    Merrily stellte sich an Alisons Seite, um sie zu unterstützen. «Sie wurde doch nicht gehängt, oder?»
    «Oh doch, sie wurde gehängt, Merrily. Aber erst, nachdem sie schon tot war. Sie haben die Leiche in den Apfelgarten geschafft, ihr einen Strick um den Hals gelegt und sie am höchsten Apfelbaum aufgeknüpft.»
    «Nein!», brüllte James.
    «Vermutlich wurde sie erwürgt», sagte Alison.
    Merrily sagte: «Gibt Thomas Bull zu, dass sie ermordet wurde?»
    «Ja, er schreibt, dass sie ermordet wurde. Und er hatte extreme Gewissensbisse. Das wird nur verständlich, wenn man in Wil Williams eine Frau sieht.»
    «Er war kein schlechter Mann», sagte James. «Nicht der brutale Erzschurke, den Sie aus ihm machen. Er hat überreagiert.»
    «Ha», sagte Mrs.   Goddard.
    «James», sagte Merrily. «Jetzt hören Sie, es gibt eine Menge Dinge, über die Sie uns Klarheit verschaffen könnten. Sie haben die Papiere aus dem Grab geholt, also war in Ihrer Familie offenbar bekannt, wo sie waren. Aber eines verstehe ich nicht. Wenn dieses Tagebuch den Ruf der Bulls und der Bull-Davies wirklich so schädigen konnte, warum haben sie es dann nicht schon längst vernichtet?»
    «Das verstehen Sie nicht, weil Sie es nicht verstehen
sollen
! Diese Sache geht Sie überhaupt nichts an!»
    «Hör doch endlich auf mit dieser Wichtigtuerei!» Alison warf die Arme hoch. «Kannst du nicht endlich einsehen, dass esmanchmal besser ist, reinen Tisch zu machen? Du bist dermaßen verklemmt, dass man sich fragt, wie du überhaupt noch atmen kannst. Jetzt komm endlich, James.»
    «Du verstehst das nicht, du kannst das gar nicht verstehen.»
    «Aber wir müssen es verstehen», sagte Merrily. «Denn wie wir wissen, war die Geschichte mit Wil Williams erst der Anfang.»
    Alison streckte ihre wohlgeformte Hand aus. «James.»
    Fast eine halbe Minute blieb James Bull-Davies reglos stehen. Dann gab er sich einen Ruck und ging langsam durch den Mittelgang.
    Jim Prosser klatschte als Erster, andere fielen ein, und Mrs.   Goddard klopfte mit ihrem Gehstock auf den Steinboden. Als James etwa in der Mitte der Kirche angekommen war, drückte sich jemand aus einer Bank, und er und James warfen sich einen Blick zu. Dann ging James weiter. Der andere dagegen bewegte sich leise zur Tür, an der sich ihm Ken Thomas in den Weg stellte.
    «Ich glaube, es wäre besser, wenn noch niemand geht, wenn Sie einverstanden sind, Sir   … Oh, entschuldigen Sie, Rod.»
    «Wird mir langsam ein bisschen spät, Ken. Ein Bauer muss früh aufstehen.»
    «Ist klar, Rod», sagte Ken und machte sofort die Tür frei.
     
    Lloyd war wieder hinausgegangen, um seinen Vater anzurufen.
    Jane war so wütend, dass sie fast ihre Angst vergaß. Schon die Vorstellung, dass dieser brutale, humorlose Scheißkerl über ihren späteren Wert auf dem Heiratsmarkt nachgedacht hatte, als wäre sie eine Art Zuchtschaf, war ekelhaft. Sie wollte nicht mehr daran denken, was er ihr vielleicht antun würde. Sie musste sich wehren.
    Sie stand auf. Ihre Jeans fühlten sich widerlich an, nachdem sie in dem feuchten Stroh gesessen hatte. Leise schlich sie im Cider-Haus herum. Vielleicht fand sie ja ein Holzpaddel, mit dem sie dieÄpfel unter den Mahlstein drückten. Dann könnte sie sich hinter die Tür stellen und es ihm überziehen, wenn er wieder hereinkam. Im Film funktionierte so etwas immer.
    Aber im Film fand

Weitere Kostenlose Bücher