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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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dass die meisten Touristensouvenirs apfelförmig waren. Die Keramiksachen waren Krüge und Becher in Apfelform, die getrockneten Blüten rochen nach Äpfeln, und die Bleiglasscheibe zeigte eine Eva, die so etwas wie einen überdimensionalen Cox Orange in der Hand hielt. Der Wein war natürlich Cider. Rosige Äpfel leuchteten auf kleinen Ölbildern und Kacheln, Wachsäpfel und apfelförmige Notizblöcke türmten sich in jeder Ecke, und von der Decke herab hingen bescheuerte Plüschäpfel.
    Und an all diesen Sachen steckten Heerscharen von winzigen Schmetterlingen, obwohl, bei näherer Betrachtung waren es   …
    «Elfen!», sagte Jane überrascht. Sie waren winzig und zart, mit streichholzförmigen Körpern und hauchdünnen pastellfarbenen Flügeln in Rot, Gelb und Grün. Apfelfarben.
    «Lucy macht sie. Pro Stück zwei Pfund oder drei Stück für fünf Pfund», sagte Lol.
    Jane fuhr zusammen. Sie hatte ihn nicht gesehen. Allerdings konnte man hinter den Pyramiden aus apfelförmigen Kerzen auf dem Verkaufstresen – grüne und rote Äpfel, mit denen man sein Wohnzimmer in einen Obstgarten verwandeln konnte – eine sitzende Person ohnehin nicht erkennen.
    Er spähte zwischen zwei Kerzenpyramiden hindurch. Sein langes Haar war hinten zusammengefasst, und auf seiner Nase saß eine kleine Nickelbrille mit getönten Gläsern. Besonders groß schien er nicht zu sein.
    «Sorry», sagte Jane. «Ich dachte, es sei niemand hier. Nur   … Äpfel.»
    «Willst du dir eine aussuchen?» Er pflückte eine Elfe von einem Kerzendocht. «Wenn du bei uns über zehn Pfund ausgibst, bekommst du eine gratis. Sie bringen Glück. Angeblich.»
    «Ich bin eigentlich nicht wegen einer Elfe gekommen. Ich suche nach einem Buch über die Geschichte des Ortes.»
    «Aha», sagte er unsicher. «Also, es gibt welche. Ganz bestimmt. Du musst nur so lange suchen, bis du sie findest. Sieh am besten mal dort vorne nach.»
    Er schien nicht hinter seinem Verkaufstresen hervorkommen zu wollen. Ein riesenäugiges Alien-Wesen starrte teilnahmslos von seinem schwarzen Sweatshirt herunter. Jane streckte sich nach einigen Büchern zwischen steinernen Buchstützen, deren Form an eine Art gotischer Rottweiler erinnerte. Sie hatten Äpfel im Maul.
    «Ja», sagte er. «Das da.»
    Als sie das Taschenbuch aus dem Regal zog, schob sie mit dem Ellbogen einen Stapel Grußkarten mit Apfel-Aquarellen über die Regalkante auf den Boden.
    «Das reine Chaos hier drin.» Aber er kam nicht, um ihr beim Aufheben zu helfen. «Lass nur, ich mach das später.»
    Das Buch war nicht sehr dick.
Die schwarzweißen Dörfer. Eine kurze Geschichte.
Jane blätterte es durch. Viele Fotos.
    «Ich versuche, etwas über einen Typen namens Wil Williams herauszufinden.»
    «Aha», sagte er. «Mmh. Tja.»
    «Weißt du, wen ich meine?»
    «Da drin findest du vermutlich nichts über ihn.»
    «Und
wo
finde ich etwas?»
    Er zuckte mit den Schultern. «Schwierig.»
    «Der Laden hier ist meine einzige Hoffnung. Ich brauche es. Für einen Schulaufsatz.»
    «Also   …» Seine Aussprache zeigte, dass er nicht aus dem Dorf stammte. «Das wird schwierig.»
    «Das hast du eben schon gesagt.» Was war mit diesem Typen los? Er wirkte harmlos, aber er benahm sich trotzdem merkwürdig. Fast, als hätte er Angst vor ihr.
    «Das Problem ist», sagte er, «dass Lucy nicht besonders glücklich mit der Geschichte ist, die über ihn verbreitet wird. Sie glaubt, dass es anders war. Lucy hat eben ihre eigenen Ansichten.»
    Dort bekommst du bloß die Version von Miss Devenish
… o.   k. , Mom.
    «Verstehst du», sagte Jane, «ich brauche nichts besonders Tiefgreifendes. Ich meine, wer
war
Wil Williams überhaupt?»
    «Ich dachte, du schreibst an einem Aufsatz über ihn.»
    «Ich   …» Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    Er lächelte und nahm seine Brille ab. Er war älter, als sie geglaubt hatte. Sein Gesicht wirkte zwar ziemlich jung, aber um seine Augen hatten sich die ersten Falten eingegraben. Vermutlich war er eher in Moms Alter. Echt schade.
    «Er war hier Pfarrer.»
    «Ach, wirklich? Und wann?»
    «Im siebzehnten Jahrhundert. So ungefähr 1670.   Ich weiß nicht genau, ob sie damals schon Pfarrer genannt wurden, aber er war jedenfalls einer. Lucy könnte dir das in allen Einzelheiten erzählen, aber sie nimmt sich samstagnachmittags nach Möglichkeit frei. Ich selber weiß nicht viel über die Geschichte. Scheint sowieso mehr Spekulationen darüber zu geben als sichere Erkenntnisse. War eine finstere

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