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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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wollen mich in Widerspruch mit mir selbst setzen, mich zu dem Geständnis bringen, daß ich mir die sieben Kinder Moineauds gefallen lasse und ihrer bedarf, während ich mit meinem festen Vorsatz, bei einem einzigen Sohn zu bleiben, die Familie verstümmele, um das Vermögen nicht zu verstümmeln. Frankreich, das Land der einzigen Sühne, wie man es jetzt nennt, nicht wahr? Nun denn, es ist so! Aber, mein Lieber, die Frage ist so kompliziert, und wie sehr recht habe ich im Grunde!«
    Und er setzte seinen Standpunkt auseinander, schlug sich an die Brust, indem er ausrief, er sei liberal, er sei Demokrat, er sei Anhänger eines jeden wirklichen Fortschrittes. Er erkenne bereitwillig an, daß Kinder hervorgebracht werden müßten, daß die Armee Soldaten brauche und die Fabriken Arbeiter. Nur aber trete er auch für die Pflicht der Klugheit der höheren Klassen ein, er stehe auf dem Standpunkt des Reichen, des Konservativen, welcher sich in dem erworbenen Vermögen stabilisieren wolle.
    Und Mathieu begriff schließlich die brutale Wahrheit: des Kapital ist gezwungen, auf die Vermehrung des Heeres des Elends zu rechnen, es muß die Fruchtbarkeit der besoldeten Klassen befördern, um die Fortdauer seines Gewinnes zu sichern. Das Gesetz ist, daß zuviel Kinder da sein müssen, damit genug billige Arbeiter da seien. Ueberdies entkleidet die Spekulation mit den Arbeitspreisen die Arbeit aller ihrer Würde, und sie wird als das ärgste aller Uebel betrachtet, die in Wirklichkeit das edelste aller Güter ist. Und dies ist daher das fressende Krebsgeschwür: Im Lande der politischen Gleichheit und der ökonomischen Ungleichheit wirkt das kapitalistische Regime, der schlecht verteilte Reichtum dahin, die Fortpflanzung zugleich einzudämmen und zu befördern, dergestalt die Ungleichheit der Verteilung immer noch vergrößernd: auf der einen Seite die Reichen mit einzigen Söhnen, welche, indem sie gierig ihren Besitz vor jeder Schmälerung schützen, denselben immer vermehren; auf der andern Seite die Armen, deren untergeordnete Fruchtbarkeit das Wenige, das sie haben, immer noch mehr zerbröckelt. Es sei morgen die Arbeit geehrt, eine gerechte Verteilung des Reichtums vollzogen, und das Gleichgewicht wird sich von selbst ergeben. Andernfalls steuern wir der Revolution zu, und daher das stündlich sich mehrende Grollen, die Krämpfe, von denen die alte, in Auflösung begriffene Gesellschaft geschüttelt wird.
    Aber Beauchêne spielte sich triumphierend auf den umfassenden Geist hinaus, erkannte den beunruhigenden Fortschritt der Entvölkerung an, wies auf ihre Ursachen hin, den Alkoholismus, den Militarismus, die Sterblichkeit der Neugeborenen und zahlreiche andre. Dann gab er die Heilmittel an, Herabsetzung der Zölle fiskalischer Hilfsmittel, an denen er keinen Gefallen finde, weiteste Freiheit der Testierung, Revision der Ehegesetze, nicht zu vergessen die Konstatierung der Vaterschaft.
    Boutan unterbrach ihn endlich.
    »Alle diese Maßregeln würden nichts nutzen. Es sind die Sitten, die man ändern muß, und den Begriff der Moral, und den Begriff der Schönheit. Wenn Frankreich sich entvölkert, so ist es, weil es dies will. Es ist daher einfach nötig, daß es dies nicht mehr wolle. Aber welch eine Aufgabe, eine ganze Welt neu zu schaffen!«
    Worauf Mathieu mit heiterem Stolze ausrief:
    »Nun denn, wir werden sie neu schaffen! Was mich betrifft, ich habe schon angefangen!«
    Constance lachte ziemlich widerwillig und antwortete endlich auf seine Einladung, daß sie ihr mögliches tun werde, daß sie aber sehr fürchte, daß sie nicht imstande sein werde, einen Sonntag für Janville zu erübrigen. Ehe er ging, gab Boutan Maurice einen leichten freundschaftlichen Schlag auf die Wange, worauf der Knabe, der unter dem Geräusche der Konversation geschlummert hatte, die schweren Augenlider hob. Und Beauchêne scherzte noch zum Schluß:
    »Also, Maurice, du hast gehört, es ist beschlossene Sache. Mama geht morgen zum Storch, um dir ein Schwesterchen zu bestellen.«
    Aber das Kind protestierte, fing zu weinen an.
    »Nein, nein, ich will nicht!«
    Mit einer leidenschaftlichen Gebärde umschlang ihn Constance, die sonst so steife und kalte Frau, und küßte ihn aufs Haar.
    »Nein, nein, mein Liebling! Du siehst ja, Papa macht nur Spaß. Niemals, niemals, ich schwöre es dir!«
    Beauchêne begleitete den Doktor. Er fuhr fort, zu scherzen, voll Lebensfreude, zufrieden mit sich und den andern, in der Sicherheit, sein Leben nach seinem

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