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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Vergnügen und seinen Interessen aufs beste einzurichten.
    »Auf Wiedersehen, Doktor. Nichts für ungut. Und dann, sagen Sie einmal, wenn man eines will, ist es immer noch Zeit, ein Kind zu haben, wie?«
    »Nicht immer,« erwiderte der Arzt im Hinausgehen.
    Das Wort fiel klar und schneidend wie ein Beilhieb. Und die Mutter, die das Kind aufgehoben hatte, stellte es nun auf die Füße und sagte ihm, es möge spielen gehen. Eine Stunde später, einige Minuten nachdem es zwölf geschlagen hatte, kam Mathieu, der sich in den Werkstätten verspätet hatte, herab, um Morange abzuholen, wie er es ihm versprochen hatte, und nahm den Weg, um ihn abzukürzen, durch die Frauenwerkstätte. Und hier in dem großen Saale, der bereits leer und still war, bot sich ihm unerwartet eine Szene, die ihn verblüffte. Norine, die unter irgendeinem Vorwande zurückgeblieben war, lag, den Kopf zurückgeworfen, mit schwimmenden Augen im Arm Beauchênes, der sie heftig an sich drückte und seine Lippen auf die ihrigen preßte. Es war der unterschlagende Gatte, der hungrige Mann, welcher seine Kraft an andre Stelle trug. Sie flüsterten zusammen, zweifellos irgendein Stelldichein bestimmend. Dann sahen sie Mathieu und blieben erstarrt. Und er eilte davon, höchst peinlich berührt, daß er dieses Geheimnis entdeckt hatte.
     
     

2
    Morange, der erste Buchhalter, war ein Mann von achtunddreißig Jahren kahlköpfig, schon etwas angegraut, mit einem sehr schönen, fächerförmigen Vollbart, auf den er stolz war. Seine runden, hellen Augen, seine gerade Nase, sein hübschgeformter, ein wenig großer Mund hatten ihm in jüngeren Jahren den Ruf eines schönen Mannes verschafft; und er verwendete viel Sorgfalt auf sich, trug stets Zylinder und war sehr darauf bedacht, in seiner Erscheinung die Korrektheit des höhergestellten und gewissenhaften Bureaumannes zu zeigen.
    »Sie kennen unsre neue Wohnung noch nicht,« sagte er zu Mathieu, als sie miteinander die Fabrik verließen. »Sie werden sehen, wie schön sie ist. Ein Schlafzimmer für uns, eines für Reine. Und zehn Schritte von der Fabrik entfernt; ich bin in vier Minuten zu Hause, nach der Uhr konstatiert.«
    Er war der Sohn eines kleinen Handelsangestellten, welcher nach vierzig Jahren engen Bureaulebens auf seinem Schreibtischsessel gestorben war. Und er hatte die Tochter ebenfalls eines Angestellten geheiratet, Valérie Duchemin, deren Vater die Ungeschicklichkeit begangen hatte, vier Töchter zu haben, was den Haushalt zu einer wahren Hölle gemacht hatte, mit allen unvermeidlichen Drangsalen, allen demütigenden Entbehrungen der Armut. Die älteste, Valérie, schön und ehrgeizig, die das Glück gehabt hatte, ohne Mitgift diesen hübschen Mann zu bekommen, welcher obendrein brav und arbeitsam war, hatte seither stets davon geträumt, eine soziale Stufe höher zu steigen, dieser Welt der kleinen Angestellten, die ihr verhaßt war, zu entrinnen, indem sie ihren Sohn zum Arzt oder Advokaten machte. Unglücklicherweise war aber das so sehnsüchtig erwartete Kind ein Mädchen, und sie wurde von Angst erfaßt, sie sah sich, wenn sie so fortfuhr, mit vier Töchtern auf dem Halse, wie ihre Mutter. Da änderte sie das Ziel ihrer Träume, beschloß, sich unbedingt auf dies eine Kind, auf ihre kleine Reine zu beschränken, ihren Mann zu den höchstbezahlten Posten vorwärtszubringen, um ihr eine große Mitgift geben und endlich in jene höhere Sphäre aufsteigen zu können, nach welcher sie ein verzehrendes Verlangen trug. Er, eine schwache und zärtliche Natur, der sie vergötterte, machte sich bald ihren Ehrgeiz zu eigen, dachte unaufhörlich daran, rasch zu steigen, und war voll von stolzen und weitschauenden Projekten. Er befand sich nun seit acht Jahren in der Beauchêneschen Fabrik, sein Gehalt betrug nicht mehr als fünftausend Franken, und das Ehepaar war im höchsten Grade ungeduldig und unzufrieden, denn in dieser Weise würde der Mann nie sein Glück machen.
    »Sehen Sie,« sagte Morange, als sie etwa zweihundert Meter weit den Boulevard de Grenelle hinabgeschritten waren, »das neue Haus dort an der Ecke ist es. Sieht es nicht vornehm aus?«
    Mathieu sah eines jener hohen modernen Gebäude, geziert mit Balkonen und Skulpturen, welches grell gegen die armseligen, kleinen Häuser der Umgebung abstach.
    »Das ist ja ein wahres Palais!« rief er, um Morange Freude zu machen, der sich in die Brust warf.
    »Sie sollen nur erst die Treppe sehen. Wissen Sie, es ist im fünften Stock. Aber auf

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