Fruehlingsherzen
dass Sie mir alles stehlen, was ich besitze, aber Sie bleiben ja nicht lange. Sie werden sich einen anderen Ort suchen müssen, um sich zu verstecken.“
Kyla antwortete nicht. Sie verfügte über keinen „anderen Ort“ und kannte auch keine Leute, auf die sie zählen konnte, seitdem ihr Bruder auf einem Flugzeugträger irgendwo im Pazifik Dienst tat. Insofern war dieser Mann ihre einzige Chance, und ganz besonders gut war, dass er ebenso wenig scharf darauf war, die Polizei aufzusuchen, wie sie selbst. Sie hätte gern gewusst, warum. Aber vielleicht gelang es ihr ja, die Wahrheit noch aus ihm herauszuholen.
Er lenkte den Wagen auf die Küstenstraße, und sie passierten die grünen Warnlichter des Navy Piers. Ja, zweifellos befand er sich auf dem Weg zu einem der luxuriösesten Hotels des Seeufers. Wie schön wäre es gewesen, wenn sie sich auf den Aufenthalt dort hätte freuen können! Aber vielleicht wurde alles besser, wenn sie sich ein wenig mit diesem Mann anfreundete. Der erste Schritt war natürlich, seinen Namen zu erfahren.
„Da wir für eine gewisse Zeit zusammen sein werden …“, begann sie tapfer. „Eine sehr kurze Zeit.“
Himmel, wie kann man nur so stur sein, stöhnte Kyla innerlich. Frustriert zog sie sich in ihre schützende Hülle zurück. „Wie auch immer. Jedenfalls wüsste ich gern, wie ich Sie nennen soll.“
„Pete. Nennen Sie mich Pete.“
„Ist das Ihr richtiger Name?“
„Ja.“
„Ich bin Kyla Finnegan – obwohl Sie mich nicht danach gefragt haben.“
„Ich wollte es gar nicht wissen. Ich habe das Gefühl, als sei es besser, so wenig wie möglich über Sie zu erfahren.“
Kyla beabsichtigte genau das Gegenteil bei Pete. Je mehr sie über ihn wusste, desto besser. Ob er ihr nun freundschaftlich gesinnt war oder nicht, er war ihre einzige Hoffnung, bis ihr Bruder Trevor in drei Tagen auf Urlaub kam.
Was für ein Chaos, dachte Pete, als er den Wagen in die Tiefgarage des Hotels lenkte. Sein Leben lang war er nicht vom geraden Pfad des Gesetzes abgewichen und hatte nie etwas getan, was die üblichen Streiche junger Männer überstieg.
Bis heute Abend. Unfähig, Peggys hysterischem Flehen zu widerstehen, hatte er ihren Wunsch erfüllt, weil er gehofft hatte, ihr Verdacht sei unbegründet. Sein Pech, dass ihre Vermutungen sich als korrekt erwiesen hatten. Nun sah es ganz so aus, als müssten Peggy und er seinen Schwager damit konfrontieren. Peggy wollte Jerald nicht verlassen. Er war ein guter Vater, und seine Töchter liebten ihn. Peggy anscheinend auch, obwohl Pete sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, warum.
Er wusste auch nicht, wie Jerald reagieren würde, wenn er davon erfuhr, dass sein Schwager heimlich sein Büro durchsucht hatte. Möglich, dass er versuchen würde, Petes Karriere zu zerstören. Jerald war schon immer ein rachsüchtiger Lump gewesen. Und falls er wirklich Beziehungen zur Mafia unterhielt, war er noch viel gefährlicher, als er, Pete, bisher geglaubt hatte.
Und dann diese Frau, die angeblich den Mord an Arturo Carmello beobachtet hatte – war sie wirklich nur ein harmlosesOpfer unglücklicher Umstände, oder war sie selbst eine gefährliche Verbrecherin? Was immer sie auch sein mochte, sie war jedenfalls klug genug, seine Verwundbarkeit für ihre Zwecke auszunutzen. Denn im Augenblick durfte er auf keinen Fall zulassen, dass Jerald schon etwas von seinen nächtlichen Aktivitäten erfuhr. Zuerst musste er mit Peggy sprechen, die ganze Sache sorgfältig durchdenken und herausfinden, ob Arturo Carmello tatsächlich erschossen worden war.
Er parkte den Wagen und zog die Handbremse. Zu schade, dass es nicht auch eine Notbremse für sein Leben gab.
„Das ist ein hübsches Hotel.“ Ihre Stimme klang irgendwie zaghafter und schüchterner als zuvor.
„Meine Schwester …“ Beinahe hätte er ihr erzählt, dass seine Schwester seinen Aufenthalt in diesem Hotel bezahlte. Aber das wollte er lieber für sich behalten, denn das gab dem Ganzen zu sehr den Anschein einer Mantel- und Degenkomödie.
„Was ist mit Ihrer Schwester? Ist sie hier etwa Hoteldirektorin oder so etwas Ähnliches?“
„Nein.“ In der schwachen Parkhausbeleuchtung wirkten Kylas Augen unnatürlich groß, und er dachte daran, wie auffallend blau sie waren. Auch an einige andere Dinge erinnerte er sich. Den Vanilleduft, den ihre Hände ausstrahlten, wie weich ihre Brüste waren und die erstaunlich starke sexuelle Erregung, die ihn erfasst hatte, als sie die Schenkel
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