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Fuehrungs-Spiel

Fuehrungs-Spiel

Titel: Fuehrungs-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Peters , Hans-Dieter Hermann , Moritz Mueller-Wirth
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frischverliebt ist, ist anders zu behandeln als jemand, der gerade von seiner Freundin verlassen worden ist. Wer gerade vor Abitur oder Examen steht, erfährt durch den Trainer mehr Nachsicht im Vergleich zu den Kollegen, die sich gerade im normalen Studienalltag oder in der Sportfördergruppe der Bundeswehr eher routiniert bewegen.
    Das ist doch selbstverständlich? Mag sein. Aber dieses Verfahren ist weit aufwendiger, als es scheinen mag, und es erfordert von Führungsfiguren viel, nämlich den Mut zur Ungerechtigkeit. Denn natürlich kann man nicht jeden Sonderstatus öffentlich zur Diskussion stellen, zumal es ja in vielen Punkten auch um vertrauliche Dinge geht, die im großen Mannschaftskreis nichts verloren haben. Die Kunst des Führens in diesem Bereich ist, ein so großes Vertrauen in der Mannschaft aufzubauen, dass alle wissen: Es geht dem Trainer im Endeffekt nicht um Sonderrechte und Lieblingsschüler, sondern um das Wohl der Mannschaft. Erfolge sind für den Aufbau dieses Vertrauens natürlich der beste Nährboden. Aber selbstverständlich warb ich immer, besonders bei den Führungsspielern, für meine Maßnahmen und erläuterte meine Motive. Differenzieren, so war und ist mein Credo, ist Ausdruck höchster Wertschätzung jedes Einzelnen, ein Zeichen von Fürsorge, nie von Willkür.
    Ein Kader mit 25 gut funktionierenden, gleichgeschalteten, disziplinierten Hochleistungsmaschinen wird, wenn es hart auf hart kommt, nicht erfolgreich sein, so gerecht der Trainer seine Spieler auch behandelt haben mag. Um optimal zu funktionieren , braucht ein Team Hierarchien, beispielsweise, wenn es um das Übertragen von Verantwortung durch die Führungsfigur geht. Nicht jedes Teammitglied ist gleichermaßen in der Lage, diese Führungsverantwortung zu übernehmen. Ich nenne das »vertikale Hierarchie«. Ein erfolgreiches Team braucht jedoch auch eine »horizontale Hierarchie«. Darunter verstehe ich die Notwendigkeit, Ungleichheiten im Wesen der einzelnen Teammitglieder, dem Verhältnis Einzelner zum Trainer zu akzeptieren. Voraussetzung für beide Hierarchie-Konstellationen ist dabei das gemeinsame Ziel. Dass dies immer im Blick aller bleibt, dafür trägt der Trainer die Verantwortung. Nur dann kann er sein Prinzip der »Differenzierung« glaubwürdig vermitteln.
    Differenzieren bedeutet also, das Zentrum zu pflegen und gleichzeitig die Ränder in ihrer Individualität zu kultivieren. Die Kunst des Führens ist, die Ränder wachsen zu lassen, ohne dass das Zentrum, das Herz des Teams in Mitleidenschaft gezogen wird. So wird über die Ränder Kraft ins Zentrum geleitet, eine Kraft, die entscheidend sein kann, wenn es darauf ankommt. Ohne die Ränder wirst du immer Zweiter! Nur mit den Rändern kannst du gewinnen. Ganz oben, wenn es um alles geht, um den ganz großen Triumph, um die großen Gefühle, um die letzten fünf Prozent, dort, wo die Luft ganz dünn ist, dort macht Differenzieren den Unterschied.
    Differenzieren – grundsätzliche Anmerkungen
    Jeder Mensch ist einzigartig und reagiert individuell auf seine Mitmenschen und seine Umwelt. Es gibt unzählig viele Bereiche, in denen sich Menschen voneinander unterscheiden können, zum Beispiel in ihrem Aussehen, ihrer Gestik und Mimik, ihrer Denkweise, in Sprache und Verhalten. Jeder Mensch weist eigene charakteristische Merkmale auf, die sich in seinen persönlichen Vorlieben, Routinen, Plänen, Werten und Interessen, Eigenschaften oder in den Zielen, die er anstrebt, widerspiegeln. Der amerikanische Psychologe Joy Paul Guilford definiert die Persönlichkeit eines Individuums als dessen einzigartige, unverwechselbare Persönlichkeitsstruktur, als die Summe der »Persönlichkeitszüge«, der Wesensmerkmale. Diese Merkmale einer Persönlichkeit werden als stabile Faktoren gesehen, die in vergleichbaren Situationen kontinuierlich zu gleichen oder jedenfalls ähnlichen Verhaltensweisen und Neigungen führen. Diese Verhaltensweisen und Neigungen sind wiederum individuell und markieren so weitere Unterscheidungsmerkmale zwischen Menschen. Diese Merkmale zu erkennen, sie zu verstehen und zu verinnerlichen ist eine wichtige Aufgabe für Führungskräfte, denn die Förderung dieser Merkmale steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Person. Wie aber lassen sich diese Persönlichkeitszüge erkennen, kategorisieren und – im Verhältnis zur Umwelt und zur jeweiligen Situation – beeinflussen? Darum soll es im Folgenden gehen.
    Die

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