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Fuehrungs-Spiel

Fuehrungs-Spiel

Titel: Fuehrungs-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Peters , Hans-Dieter Hermann , Moritz Mueller-Wirth
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Hermann, zusammengearbeitet. Ich hatte sie für das Team engagiert, aber auch für mich und nicht zuletzt für die psychologisch entscheidenden Bereiche der Interaktion und des Kommunikationsmanagements zwischen Trainer und Mannschaft. Ich achtete darauf, dass der »Psycho«, wie wir ihn nannten, bei unseren Lehrgängen und Reisen oft dabei war. Er sollte uns authentisch kennenlernen in der normalen Trainingsarbeit, aber auch im Wettkampfstress, um die notwendigen Rückschlüsse für seine Arbeit ziehen zu können.
    Durch die Arbeit der Psychologen wurden mir, vor allem im kommunikativen Bereich, viele Probleme erst bewusst. Häufig kamen Videokameras zum Einsatz: Bei Besprechungen, Trainingseinheiten, während der Spiele selbst und in der Halbzeitpause hatten sie ihre Kamera unerbittlich auf mich gerichtet. Gemeinsam sichteten wir dann die Zusammenschnitte. Dies war oft nicht leicht zu ertragen, eindrucksvoll – und außerordentlich lehrreich.
    Ich kann diese Methode nur jedem empfehlen, besonders jenen, die ganz sicher sind, dass sie wissen, wie sie als Führungsfigur wirken, wie sie, wie man so schön sagt, »rüberkommen« gegenüber ihrem Team.
    Meinen Spielern entging natürlich nicht, dass während der Halbzeitpause oder bei Mannschaftssitzungen eine Kamera auf mich gerichtet war. Ich erläuterte ihnen ganz offen, dass es sich um eine Hilfestellung handelte und was ich mir von dieser Maßnahme erhoffte, nämlich eine bessere Selbstwahrnehmung. Ich glaube, nein , ich weiß, dass diese offene Art, mit diesen Dingen umzugehen, mein Ansehen und meine Autorität im Team sehr beförderte.
    So waren auch die weiteren Coaching-Gespräche mit den Psychologen sehr offen, ich habe sie an meinen Gedanken, den belastenden, aber auch den beflügelnden, ungefiltert teilhaben lassen. Natürlich war auch aus ihrer Sicht nicht alles falsch, was ich machte. Das Lob von Menschen, von denen man auch Kritik entgegenzunehmen bereit ist, ist doppelt viel wert. Ob Lob oder Tadel – die Gespräche allein führten bei mir schon zu einer spürbaren Entlastung und verbesserten so meine Auftritte gegenüber den Spielern.
    Doch will ich nicht verhehlen, dass ich manchmal ganz schön »gebissen« habe, wie wir sagen, richtig geschluckt also, wenn die »Psycho-Fraktion« mir recht unverblümt anhand der Videobilder dargelegt hatte, dass ich in den Ansprachen gegenüber den Spielern wieder einmal zu hart, zu unklar oder zu unfair war, zu langatmig und ausführlich. Wie sie mir demonstrierten, dass ich zu wenig Blickkontakt zu jenen hielt, die ich gerade anredete, dass meine Körpersprache so gar nicht zu den Worten passte. Außerdem: zu wenig Pausen, zu monotone Stimme. Danke bestens! War ich nicht Weltmeister? Hatte ich nicht schon oft bewiesen, dass ich es konnte, auf meine Art, meinetwegen etwas ruppiger, aber hatten wir nicht schließlich doch – meistens – gewonnen?
    Eben, hätten sie entgegnen können: Gerade im Erfolgsfall ist das Lernen wichtig. Nicht zuletzt durch die Psychologen als meine Coachs hatte ich gelernt, was ich allen Menschen, die Verantwortung tragen, für sich und andere, mit auf den Weg geben möchte: Wer führen will, muss sich führen lassen.

Nachspiel: Über den Umgang mit Erfolg und Misserfolg
    Ich konnte schon immer ziemlich schlecht verlieren. In den Momenten der Niederlage war ich unausstehlich, unsachlich, ungerecht, kurz: Ich war als Führungsfigur in diesen Situationen oft unbrauchbar. Doch Niederlagen gehören zu jenen zwangsläufigen Erfahrungen eines jeden, der Menschen in einem Wettbewerb su mfeld zu führen hat, also zu den Erfahrungen (fast) aller Führungspersönlichkeiten. Im Sport, zumal im Mannschaftssport, sind Niederlagen oft mit einer besonderen Dramatik verbunden. Zwischen riesigem Jubel und tiefer Enttäuschung liegen oft nur Millimeter oder Sekunden oder auch nur eine (falsche) Entscheidung des Schiedsrichters. Ein kaum steigerbares Gefühl der Ohnmacht ist deshalb nach Niederlagen oft die Folge: Alle Organe, alle Körperfunktionen schalten auf »Rot«. Man kann diese hoch emotionalen Reaktionen nicht ausschalten oder auch nur ausblenden. Man kann aber versuchen, die Folgen von Niederlagen zu kanalisieren, die eigenen Reaktionen zu bewerten und in der Folge mit dem Ziel zu steuern, dass sie nicht auf das Team überspringen mögen. Man sollte als Führungskraft mit Vorbildfunktion alles daransetzen, dass das Nachbearbeiten von Erfolg und Misserfolg nicht allein den eigenen kaum zähmbaren

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