Fünf Brüder wie wir
schlimmer: Mörder!
„Ein armes, wehrloses Tier angreifen! Was habt ihr euch dabei nur gedacht?“
„Morgen“, murmelte einer der Brichet-Zwillinge, „knüpfe ich ein Lasso. Dann kann die bescheuerte Ente ihr blaues Wunder erleben!“
Es war ein tolles Pfadfinderlager.
Die Ente schnappten wir nie, aber am dritten Tag baute eine andere Pfadfindergruppe mit Wölflingen ihr Lager auf der Wiese neben unserer Wiese auf.
Das brachte sofort Schwung in die Bude. Wir bastelten uns Steinschleudern und beschossen uns mit Papierkügelchen. Die Jungen aus dem anderen Lager nahmen irgendwann Kieselsteine, daraufhin klärte das einer der Brichet-Zwillinge mit ihrem Pfadfinderführer und danach kehrte wieder Ordnung ein.
Am Abend hielten wir eine große Versammlung der beiden Lager ab. Wir sprachen gemeinsam Gebete und sangen gemeinsam Lieder, während wir alle gemeinsam ums Lagerfeuer saßen. Die Großen ließen heimlich Zigaretten kreisen, wir warfen mit Knallfröschen nach den Kühen von Herrn Tournicot und tauschten Wimpel aus. Danach gingen alle auseinander, bis auf Bagheera und der Anführer des anderen Pfadfinderlagers, die noch die Schnitzeljagd für den nächsten Tag vorbereiten mussten.
Als es in allen Zelten dunkel war, kamen die Brichet-Zwillinge zu uns geschlichen.
„Strafexpedition“, sagten sie. „Die Bauerntölpel von da drüben sollen uns das mit den Kieselsteinen büßen.“
Lautlos arbeiteten wir uns zum anderen Lager vor, immer wieder über Kuhfladen hüpfend. Dann überrumpelten wir sie: Die Kleinen zogen bei ihren Zelten die Heringe heraus, wir anderen warteten, bis sie herauskamen, und rieben sie dann mit Zahnpasta ein.
Jean Eins, der solche Kommandos nicht mag, drohte damit, Bagheera zu holen. Aber keiner hörte auf ihn. Wir kugelten uns im Klammergriff in den Kuhfladen und bewarfen uns gegenseitig mit den übelsten Schimpfwörtern, bis Herr Tournicot im Schlafanzug aus dem Haus gestürzt kam, ein Jagdgewehr in der Hand.
Als er damit mehrmals in die Luft schoss, gab es ein Riesendurcheinander. Die Kühe muhten und galoppierten in alle Richtungen davon. Jean Eins blieb bei seinem Fluchtversuch am Zaun hängen und er war es, der es dann schließlich abgekriegt hat.
„Jungs“, sagte Bagheera bei der Versammlung am nächsten Morgen, „die Pfadfinder in aller Welt sind eine einzige große Familie. Um die Bande zu den anderen Wölflingen hier in Varangeville enger zu knüpfen, veranstalten wir eine gemeinsame Schnitzeljagd. Wer als Erster am Ziel ist, gewinnt den Schatz.“
Sie verteilte Karten und Kompasse und bildete lauter Zweiergruppen. Jeder von uns bekam einen Partner aus dem anderen Lager zugeteilt, damit die Bande zwischen uns enger geknüpft wurden. Dann brachen wir in den Wald auf und die Schnitzeljagd begann.
Anfangs fand ich’s ja noch lustig.
Bei einer Schnitzeljagd muss man den richtigen Weg finden, indem man auf die Spuren achtet, die die Pfadfinderführer gelegt haben. Zwei gekreuzte Äste zum Beispiel bedeuten, dass man auf der falschen Fährte ist, Pfeile zeigen die richtige Richtung an und so weiter.
René, mein Partner aus dem anderen Lager, war ein zappeliger kleiner Rothaariger mit einem Gesicht voller Sommersprossen.
Es war ziemlich nervig, weil er immer als Erster die Fährten auf dem Boden entdeckte. So wie er schnüffelte und schniefte, konnte man glauben, er sei ein Jagdhund, der einem Wild folgt. Aber allmählich kriegte ich raus, dass er nur Rotz in der Nase und kein Taschentuch dabeihatte.
„Beeil dich“, sagte er. „Heute ist mein Glückstag, da könnten wir es schaffen!“
„Bist du dir sicher, dass es da langgeht?“, fragte ich, als er sich vor mir durch ein Dornengestrüpp zwängte.
„Lass mal die Profis ran“, antwortete er nur.
Wir drangen immer tiefer in den Wald ein und die Rufe der anderen Zweiergruppen wurden immer leiser und ferner.
„Da muss irgendwo was schiefgelaufen sein!“, sagte René schließlich, als wir uns völlig verirrt hatten und nicht mehr weiterwussten. „Ich versteh das nicht. Wir sind doch allen Spuren gefolgt.“
„Klar“, sagte ich. „Wenn eben Profis am Werk sind.“
„Ich sag dir mal was, ich bin der beste Spürhund in meiner Gruppe“, schniefte René. „Wenn du nicht wie eine Nacktschnecke rumgetrödelt hättest, dann wären wir schon längst die Sieger.“
„Selber Nacktschnecke“, sagte ich.
Als wir wieder am Ausgangspunkt ankamen, waren wir mit Abstand die Letzten. Sieger war ein Paar, zu dem
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