Fünf Freunde im alten Turm
Korridor, der von einer Tür zur anderen führte. Welche aber war nun die richtige? Das ließ sich leicht erraten! Die Türen aller Zimmer standen offen, nur eine einzige war geschlossen.
»Hier muss es sein!« flüsterte Julian und klopfte an die Tür.
»Wer klopft denn da?« rief eine schwache, vergrämte Stimme. »Bestimmt nicht Matthias, der hat keine Manieren. Mach die Tür auf und verhöhne mich nicht mit dem Klopfen!«
»Der Schlüssel steckt«, sagte Dick. »Schließ auf, Julian, schnell!«
XIX. Viel Aufregung
Julian drehte den Schlüssel um und öffnete die Tür. Eine kräftige alte Frau saß in einem Stuhl am Fenster und las. Sie wandte sich nicht um.
»Warum kommst du so früh am Morgen, Matthias?« erkundigte sie sich, ohne sich umzudrehen. »Und wieso hast du plötzlich so gute Manieren und klopfst an? Erinnerst du dich an die Zeit, als du noch wusstest, wie man sich älteren Leuten gegenüber benimmt?«
»Es ist nicht Matthias«, antwortete Julian. »Wir sind es, wir wollen Sie befreien.«
Die alte Dame drehte sich um und starrte die Kinder erstaunt an. Dann stand sie schnell auf. Die Kinder bemerkten, dass sie zitterte.
»Wer seid ihr denn? Lasst mich schnell hinaus, bevor Matthias kommt!« Sie stieß die vier Kinder und den Hund beiseite und stürzte zur Tür. Aber dann blieb sie stehen.
»Was soll ich tun? Wohin soll ich gehen? Sind diese Männer immer noch hier?« Sie wankte zurück ins Zimmer und sank in ihren Stuhl. Dabei bedeckte sie ihr Gesicht mit den Händen.
»Ich fühle mich nicht wohl. Gebt mir etwas Wasser!« Anne sprang sofort zum Tisch, goss aus einem Krug etwas Wasser ins Glas. Die alte Dame nahm es und trank. Fragend blickte sie Anne an.
»Wer seid ihr? Was hat das zu bedeuten? Wo ist Matthias? Das ist doch alles gar nicht wahr!«
»Frau Thomas - Sie sind doch Frau Thomas, nicht wahr?« begann Julian. »Die kleine Elli, die Tochter des Schäfers, hat uns zu Ihnen geführt - sie wusste, dass man Sie gefangenhält. Erinnern Sie sich an Ellis Mutter? Sie hat uns erzählt, dass sie früher bei Ihnen gearbeitet hat.«
»Ellis Mutter - Grete - ja, ja! Aber was hat Elli damit zu tun? Ich glaube es nicht! Das ist nur eine Falle! Wo sind die Männer, die meinen Sohn getötet haben?«
Julian warf Dick schnell einen Blick zu. Die alte Dame schien ein wenig sonderbar zu sein - oder der Besuch der Kinder hatte sie zu sehr erregt.
»Diese Männer, die mein Ludwig hergebracht hatte, wollten mein Haus kaufen«, flüsterte sie heiser, »aber ich wollte es nicht verkaufen. Wisst ihr, was sie mir darauf antworteten? Sie behaupteten, dass in diesem Berg hier, tief, tief unter meinem Haus ein seltenes Metall liegt, ein wichtiges Metall, das ein Vermögen wert ist. Wie nennt man das?«
Sie schaute die Kinder fragend an, als erwarte sie, dass sie es wüssten, und schüttelte den Kopf, als sie keine Antwort erhielt.
»Wie sollt ihr es auch wissen, ihr seid ja noch Kinder. Aber ich verkaufe nichts, nein, ich verkaufe mein Haus nicht, auch nicht das Gestein. Und wisst ihr auch, wofür sie das Metall brauchen? Für Waffen, um damit Menschen zu töten! Aber ich habe nein gesagt, niemals verkaufe ich mein Haus, damit die Männer in den Berg eindringen und Bomben herstellen können. Es ist gegen das Gesetz Gottes, sagte ich, und ich, Berta Thomas, tue so etwas nicht!« Die Kinder hörten ehrfürchtig zu. Die alte Dame war ganz außer sich. »Dann fragten sie meinen Sohn, der sagte ebenso wie ich nein. Darauf schleppten sie ihn fort, und dann töteten sie ihn – und nun sind sie unten schon an der Arbeit. Ja, ja, ich höre genau den Lärm, den sie machen. Ich spüre mein Haus wanken, ich sehe seltsame Dinge. Aber wer seid ihr?
Und wo ist Matthias? Er hält mich hier in meinem eigenen Zimmer gefangen. Er erzählte mir von Ludwig, aber Ludwig ist tot. Ein böser Mensch, dieser Matthias, er ist auf der Seite dieser Männer, dieser Übeltäter!«
Sie schien für einen Augenblick die Anwesenheit der Kinder vergessen zu haben. Was war nun zu tun? Julian überlegte, dass die arme Frau viel zu schwach war, die Stiegen hinunterzusteigen, durch den langen unterirdischen Gang zu wandern und durch das Loch in die Heide emporzuklettern. Er bedauerte schon, dass er mit dieser Befreiungsidee so voreilig gewesen war. Am vernünftigsten wäre es, die Tür wieder abzusperren und die Dame einstweilen hier zu lassen, bis sie die Polizei verständigen konnten. Denn jetzt musste die Polizei auf alle Fälle
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