Fünf Freunde Im Zeltlager
möchte Ihr Mann seine Ruhe, wenn er nach Hause kommt. Und wir sind doch ein ganzer Haufen!«
Jockels Mutter schüttelte den Kopf. »Nein, bleibt nur. Ich bring ihm das Essen in sein Zimmer, wenn er es will.«
Herr Andreas kam herein. Er sah nicht im Mindesten so aus, wie ihn sich Anne oder die anderen vorgestellt hatten. Er war klein, dunkel, mit blassem Teint und einer Nase, die viel zu groß für sein Gesicht war. Er sah missmutig und unleidlich aus und blieb sofort stehen, als er die Kinder sah.
»Guten Tag, mein Lieber«, begrüßte Frau Andreas ihn.
»Jockel hat seine Freunde eingeladen. Möchtest du den Tee in deinem Zimmer trinken?«
»Ja«, sagte Herr Andreas mit einem gezwungenen Lächeln.
»Das wäre mir am liebsten. Ich hatte heute einen schweren Tag und hungrig bin ich auch.«
»Ich mache dir etwas zurecht«, sagte seine Frau. »Es geht ganz schnell, geh nur schon hinüber.«
Herr Andreas entfernte sich. Anne war überrascht, dass er so mickrig und so unbedeutend aussah. Sie hatte sich einen großen und starken Mann vorgestellt, der alles großartig machte und viel Geld verdiente. Aber wahrscheinlich war er klüger, als er aussah, sonst hätte er nicht so viel Geld verdienen können.
Frau Andreas eilte geschäftig hin und her und holte dieses und jenes. Sie deckte das Tablett mit einem schneeweißen Tuch und stellte darauf die Teller mit dem Essen für ihren Mann. Dann kam Herr Andreas runter und sah zur Tür herein.
»Ist mein Essen fertig?«, fragte er. »Jockel, hattest du einen netten Tag?«
»Ja, danke«, sagte Jockel, während sein Stiefvater das Tablett nahm und wieder gehen wollte. »Wir haben heute Morgen den ganzen Hof besichtigt und haben uns den ganzen Nachmittag unterhalten.
Sag mal, weißt du irgendetwas von Geisterzügen?«
Herr Andreas wollte gerade gehen. Er drehte sich erstaunt um. »Geisterzüge? Was meinst du damit?«
»Julian sagt, es gäbe einen alten, verlassenen Bahnhof, etwas entfernt von hier, und da sollen Züge aus einem Tunnel kommen – mitten in der Nacht«, sagte Jockel. »Hast du schon mal was davon gehört?«
Herr Andreas stand wie angewurzelt da, seine Blicke bohrten sich in das Gesicht seines Stiefsohnes. Er wirkte verärgert und erschrocken. Dann kam er zurück ins Zimmer und schlug die Tür mit dem Fuß zu.
»Ich trinke meinen Tee doch hier«, sagte er. »Du hast also von den Geisterzügen gehört. Ich habe immer vermieden, etwas davon zu erzählen, weil ich deine Mutter und dich nicht ängstigen wollte.«
»Was meinen Sie damit? Soll das heißen, dass da was Wahres dran ist?«, fragte Dick. »So was gibt’s doch nicht!«
»Erzählt mir mal alles, was ihr darüber wisst und wie ihr es erfahren habt«, sagte Herr Andreas und setzte sich.
»Fangt an! Vergesst nichts, ich möchte alles hören.«
Julian zögerte. »Oh – eigentlich ist gar nichts zu erzählen, nur viel dummes Zeug.«
»Erzählt!«
Fast schrie es Herr Andreas heraus. »Und dann sage ich euch auch etwas. Und ich fordere euch auf, nie wieder auch nur in die Nähe des alten Bahnhofs zu gehen. Nie wieder!«
Ein gemütlicher Abend
Die vier Kinder und Frau Andreas blickten erschrocken auf den erregten Mann.
»Schnell! Berichtet mir alles, was ihr wisst. Und dann erzähle ich euch etwas darüber.«
Julian entschloss sich, in wenigen Worten wiederzugeben, was sich ereignet und was der alte Samuel ihnen erzählt hatte.
Er machte es so, dass die Angelegenheit sehr langweilig und uninteressant erschien. Herr Andreas aber hörte mit größter Aufmerksamkeit zu und sah Julian die ganze Zeit an.
Dann lehnte er sich zurück und trank eine ganze Tasse starken Tee auf einen Zug aus. Die Kinder warteten, was nun passieren würde, und waren gespannt, was er ihnen zu sagen hatte.
»Passt auf«, sagte Herr Andreas eindringlich und betonte jedes Wort, »hört gut zu. Keiner von euch darf je wieder zu dem Bahnhof gehen. Es ist ein übler Ort.«
»Warum?«, fragte Julian. »Was heißt das – ein übler Ort?«
»Vor vielen Jahren ist da oft etwas passiert«, sagte Herr Andreas. »Schlimme Sachen. Unglücke. Es wurde danach alles abgesperrt und der Tunnel nie mehr benutzt. Verstehst du? Es war verboten, dorthin zu gehen, und niemand hat es getan, weil alle Angst hatten. Man weiß, dass dort schreckliche Dinge passieren.«
Anne lief eine Gänsehaut über den Rücken. »Aber Sie meinen doch nicht, dass es wirklich Geisterzüge gibt?«, fragte sie. Ihr Gesicht war ganz weiß
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