Fünf Freunde Jagen Die Entführer
sieht.«
»Ja, dann verschwinde ich auch«, sagte Dick. »Ich habe in der letzten Nacht auf den Amerikaner gewartet.
Und da wurde es ganz schön spät, nicht wahr, Tante Fanny? Ich kann kaum noch die Augen offenhalten.«
Julian stand auf. »Na, dann laßt uns doch alle gehen.
Wer nicht gleich schlafen will, kann ja noch ein bißchen lesen. Gute Nacht, Tante Fanny. Und noch vielen Dank für die gute Verpflegung!«
Sie stolperten die Treppen hinauf. Georg und Dick gähnten, als ob sie dafür bezahlt bekämen, und steckten die anderen damit an. Tim trottete hinterher. Er war sehr zufrieden, daß Georg so früh zu Bett ging. Für das lange Aufbleiben hatte er nichts übrig. Meistens spielte Georg dann mit den anderen Karten. Und ihn ließen sie nie mitspielen. Nach zehn Minuten waren alle eingeschlafen.
Die Jungen schlummerten so fest, daß nichts sie aufwecken konnte. Georg aber wurde nach ein paar Stunden plötzlich wach. Tim knurrte. Georg setzte sich im Bett auf. Was war los? »Oh, sicher ist Berta angekommen, Tim«, sagte sie. »Wir wollen sie uns ansehen, ja?«
Gleich darauf knurrte Tim wieder. Georg hörte leise Schritte auf der Treppe. Dann wurde die Schlafzimmertür vorsichtig geöffnet, und im Schein der Flurbeleuchtung stand die Mutter und neben ihr eine kleine vermummte Gestalt: Berta!
Die »Neue« kommt!
Georg starrte zu Berta hinüber. Wie seltsam sah sie aus. Eingehüllt in Mantel und Decken, so daß man nicht sagen konnte, ob sie dick oder dünn war, stand sie dort und weinte bitterlich.
Tim war genauso erstaunt wie Georg. Er war so erstaunt, daß er sogar vergaß zu knurren.
»Sorg dafür, daß der Hund nicht bellt«, flüsterte die Mutter, die fürchtete, er könnte alle aufwecken.
Georg legte die Hand auf Tims Kopf, und die Mutter schob Berta ins Zimmer hinein.
»Sie ist ein bißchen seekrank, die Arme. Und ganz verängstigt. Sie soll schnell ins Bett.«
Berta schluchzte immer noch. Aber bald wurde das Schluchzen leiser und leiser. Georgs Mutter war so freundlich und gut zu ihr, daß das Mädchen sich nicht mehr ganz so verlassen fühlte. »Komm, ich zieh dir deinen Mantel aus. Oh, wie eingepackt du bist! Aber im offenen Motorboot wird es wohl nötig gewesen sein.«
»Wie heißt du?« fragte Berta mit einem letzten Schluchzen.
»Sag Tante Fanny zu mir. So sagen die anderen auch.
Ich glaube, du weißt, warum dein Vater dich zu uns geschickt hat?«
Berta nickte. »Ich wollte aber gar nicht hierherkommen.
Ich wäre viel lieber zu Hause geblieben. Angst vor den Entführern habe ich nicht. Sally paßt ja auf mich auf.«
»Wer ist denn Sally?« fragte Tante Fanny und zog ihr die dicke Strickjacke aus.
»Sally ist mein Hund. Er ist in dem Korb, den ich mitgebracht habe.«
Georg schoß das Blut ins Gesicht. Das wurde ja immer besser! Ein Hund? »Wir können keinen Hund gebrauchen«, fuhr sie Berta an. »Meiner würde das nie erlauben, nicht wahr, Tim?«
Tim machte leise: »Wuff!« Mehr konnte er im Augenblick nicht dazu sagen. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, den nächtlichen Besuch zu betrachten. Wer mochte das sein? Zu gern wäre er vom Bett gesprungen und hätte ihn ein bißchen beschnuppert, aber das erlaubte Georg nicht. Sie hielt ihn fest am Halsband.
»Wenn ich hierbleibe, muß Sally auch bleiben.« Berta sah aus, als wolle sie gleich wieder weinen. »Überhaupt ist das Boot schon längst weg. Ohne Sally wäre ich nie hierhergekommen. Und Vater hat erlaubt, daß ich sie mitnehme.«
»Mutter, sag ihr doch, wie böse Tim sein wird und daß er jeden fremden Hund beißt«, drängte Georg.
Zu ihrem großen Ärger kümmerte sich die Mutter aber gar nicht um das, was sie sagte. Sie wickelte Berta aus einem wollenen Schal und zog ihr Schuhe und Strümpfe aus. Georg begriff nicht, wie jemand in einer warmen Sommernacht so viel anziehen mochte.
Endlich stand Berta in Pullover und Rock da. Ein schlankes, hübsches, kleines Mädchen mit großen blauen Augen und blonden Haaren. Sie lächelte Tante Fanny an und wischte sich mit dem Taschentuch übers Gesicht.
»Danke«, sagte sie. »Darf ich Sally jetzt holen?«
»Heute abend nicht mehr«, sagte Tante Fanny. »Du schläfst da drüben in dem kleinen Feldbett. Und den Hund können wir nicht hereinlassen, weil er und Tim sich vielleicht beißen. Wir müssen die beiden erst miteinander bekannt machen, weißt du? Und dazu ist es heute zu spät. Bist du hungrig? Magst du Tomatensuppe?«
»Ja, bitte. Ich bin ein bißchen hungrig. Ich war
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