Fünf: Schwarzwald Thriller 1
ihrer Ehe mit ihm nicht mehr glücklich fühlte und dass sie einen fantastischen Mann kennengelernt hätte, mit dem sie auch ihre Sexualität wiederentdeckt hätte, hatte sie ihm mit der gleichen Phrase sein Einverständnis zur Trennung abgerungen.
Ihre braunen Augen blitzten, als sie ihre langen, schweren Haare aus der Stirn strich und mit Bestürzung sah er, dass ihre Hände zitterten.
»Es wird schon alles gut gehen«, sagte er in einer plötzlichen Aufwallung von Mitleid. »Du wirst sehen, dass deine Kopfschmerzen und Schwindelanfälle eine ganz harmlose Ursache haben.« Er vermied es, sie anzusehen, denn er fürchtete, dass sie die Wahrheit in seinen Augen lesen würde. Und die Wahrheit war, dass er nicht an ein glückliches Ende glaubte.
»Natürlich wird es gut ausgehen«, erklärte sie und ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu. »Jean-Paul hat mir erklärt, dass ich nur positive Gedanken in Bezug auf die anstehenden Untersuchungen haben darf.« Ihre Wangen glühten plötzlich vor Begeisterung für die abgedroschenen Phrasen ihres mittlerweile dritten Liebhabers seit ihrer Trennung. »Hast du eine Ahnung, wie viele Menschen nur durch die Kraft ihrer Gedanken geheilt worden sind?« Sie bewegte ihre Hände wie einen Fächer vor dem Gesicht. »Abram-ashankar, abram-ashankar«, murmelte sie und schloss mit einem entrückten Lächeln auf dem Gesicht die Augen.
Ratlos und verlegen wusste Josef nicht, wie er auf das Abgleiten seiner Frau reagieren sollte. »Hm …« Mehr als ein Räuspern fiel ihm nicht ein. Es genügte.
Johanna öffnete die Augen. Ihr Gesicht wirkte auf der weißen Krankenhausbettwäsche unnatürlich blass.
»Wir werden jetzt gehen«, sagte er und beugte sich über sie, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben.
Sie ließ es mit einem Lächeln geschehen.
»Gebt eurer Mama einen dicken Gutenachtkuss, ja?«
Uli musste er das nicht zweimal sagen, aber Andi drückte sich mit verschlossener Miene gegen die Wand. Wie ein Schatten hatte er schweigend in der Ecke gestanden und die Szene mit ausdruckslosem Gesicht verfolgt.
»Willst du mir nicht viel Glück wünschen, Andi?« Johanna streckte ihm mit einem schüchternen Lächeln ihre Hand entgegen.
Nur langsam löste sich Andreas von seinem Platz und ging die paar Schritte zum Bett. Mit gesenktem Kopf ergriff er Johannas ausgestreckte Hand. Dann ließ er sie so schnell wieder los, als hätte er sich verbrannt. Er murmelte »alles Gute«, drehte sich um und ging an seinen Platz an der Wand zurück. Die ganze Zeit hielt er den Blick stur auf den Boden geheftet.
Uli schlang ihre molligen Arme um Johannas Hals. Dann legte sie ihr einen kleinen, weißen Kieselstein in den Schoß. »Der bringt dir bestimmt viel Glück, Mami. Den Edelstein hab ich gefunden, als ich mit Papi Fahrrad fahren geübt hab. Ich bin hingefallen und hab geweint.« Sie betrachtete den Stein voller Stolz. »Aber nur ein bisschen«, fügte sie schnell hinzu.
Josef kämpfte gegen den Kloß in seinem Hals. Er liebte Johanna noch immer. Leidenschaftlich und mit aller Romantik, zu der er fähig war. Aber das war ihr nicht genug gewesen. Er wusste und er akzeptierte das. Und jetzt lag sie in diesem Krankenhausbett und wartete auf ihr Urteil.
Er dachte an den Tag vor vier Wochen, als alles angefangen hatte. Sie war nach dem Einkaufen beim Beladen ihres Autos einfach umgefallen. Andreas, der seine Mutter fallen gesehen hatte, hatte Passanten um Hilfe gebeten, aber noch bevor jemand einen Arzt hatte rufen können, war Johanna bereits wieder bei Bewusstsein gewesen und hatte jede Hilfe abgelehnt.
Am Abend desselben Tages rief sie ihn an. »Kannst du die Kinder abholen, Josef? Bitte! Ich habe so furchtbare Kopfschmerzen, ich halte es nicht mehr aus.«
Er fuhr sofort los.
Andi erwartete ihn am Küchenfenster. Mit dem Zeigefinger auf den Lippen bedeutete er ihm, nicht zu klingeln. Augenblicke später surrte der Türöffner und Josef stürmte die vier Treppen nach oben, immer zwei Stufen auf einmal nehmend.
Johannas Anblick erschütterte ihn. Ihr Gesicht war grau und das linke Lid hing schlaff hinunter. Sie lag zusammengekrümmt auf ihrem Bett und war kaum ansprechbar. Auf dem Nachttisch lag eine halb leere Schachtel Schmerztabletten. Er schlich auf Zehenspitzen aus dem Schlafzimmer. Die Schachtel hielt er in der Hand.
»Weißt du ungefähr, wie viele von diesen Tabletten Mami geschluckt hat, Andi?«
Andreas zuckte mit den Schultern. Unter seinen unzähligen Sommersprossen war seine
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