Fünf: Schwarzwald Thriller 1
Leute gesund machen.«
Josef ging vor seiner Tochter in die Hocke, bis sie endlich auf gleicher Augenhöhe waren. »Nein, mein Liebling. Das glaube ich nicht. Ein Traum ist eben auch einfach nur ein Traum.« Die Hoffnung in den Augen seiner Tochter sterben zu sehen, brachte ihn beinahe um, aber er konnte nicht anders.
Zum ersten Mal verstand er Johanna. Sie hatte sich geweigert, die Kinder weiter über den Zustand ihrer Ehe zu belügen, obwohl er sie für viel zu jung gehalten hatte, um verstehen zu können, dass sie ihn nicht mehr liebte.
Er sah, dass es ihm viel mehr um sich und seine verletzte Seele gegangen war, wenn er Johanna angefleht hatte, um der Kinder willen bei ihm zu bleiben.
Jetzt ging es ihm genauso. Um nichts in der Welt hätte er Uli eine Hoffnung machen können, deren Erfüllung nicht auf der Hand lag. »Weißt du, mein Schatz, ob Mami wieder gesund wird oder nicht, entscheidet nur der liebe Gott. Vielleicht vermisst er deine Mami und möchte, dass sie wieder ein Engel in seinem Himmel wird, und holt sie deshalb zu sich.«
Uli schniefte.
So hatte er sich den Morgen nicht vorgestellt. Aber eigentlich hatte er nach der beschissenen Nacht auch gar nicht besser werden können. »Bist du so lieb, Strubbelchen, und weckst deinen Bruder, die Schlafmütze?«
Uli nickte tapfer. Sie kam um den Stuhl herum auf ihn zu und drückte ihren runden Kopf fest an seinen Bauch. »Ich hab dich ganz doll lieb, Papi.«
»Ich liebe dich auch, Strubbelchen.« Er gab ihr einen kleinen Klaps auf den Po.
Mit ein paar schnellen Schritten war Uli bei der Treppe. »Zuerst spring ich auf ihn und dann kneife ich ihn in den Bauch«, jubelte sie und rannte die Treppe nach oben, so schnell ihre kurzen Beine sie tragen konnten.
Armer Kerl, dachte er Sekunden später, als auf einen wilden Schrei ein wütendes »Blöde Kuh« folgte.
Das Stückchen Normalität, das die Kinder auf diese Art in sein Leben brachten, war das Beste, das ihm an diesem Morgen passierte.
*
Katrin massierte ihren schmerzenden Nacken. Sie hatte einen müden Blick auf ihre Armbanduhr geworfen und erschrocken festgestellt, dass es bereits zehn Uhr morgens geworden war. »Bin ich eingeschlafen?«, fragte sie entsetzt und setzte sich auf. Sie lag in eine weiche, warme Decke gehüllt auf Darrens Sofa. Ihre Schuhe standen neben dem Couchtisch aus schwarzem Schiefer. »Wie lange habe ich denn geschlafen?«, fragte sie, während sie müde aufstand und sich streckte.
»Nur ein paar Stunden.« Darren reichte ihr eine Tasse Kaffee. »Ich habe schon ein bisschen Wasser dazugetan«, sagte er, verhielt sich aber sonst betont distanziert.
»Darren, ich …«, setzte sie an, wurde aber sofort von ihm unterbrochen.
»Du musst mir nichts erklären, Katrin«, sagte er und der Schmerz in seinen Augen tat ihr beinahe körperlich weh. »Ich habe Mist gebaut und ich verstehe, wenn du sagst, dass du mir nicht mehr vertrauen kannst. Aber ich bitte dich trotzdem, Katrin, mach die Tür nicht ganz zu. Vielleicht erkennst du ja doch, dass meine Gefühle für dich nichts mit all dem hier zu tun haben und dass ich mich, egal, wie und unter welchen Umständen auch immer, in dich verliebt hätte.«
Sie nickte schwach. »Ich werde es versuchen, Darren. Aber ich weiß nicht, ob ich es kann.«
»Mehr kann ich nicht verlangen«, sagte er und nahm den Block, auf dem Katrin ihre Notizen gemacht hatte, bis sie eingeschlafen war. »Ich habe die Liste abgeschlossen. Das Einzige, was jetzt noch fehlt, sind die Details zu Emma Schmids Ermordung.«
Katrin seufzte. Sie wusste, was auf sie zukam, und unwillkürlich verkrampfte sie sich. Sie zog die Beine eng an den Körper und ließ sich von ihren Erinnerungen mitnehmen. »Sie war im Kinderturnen«, erzählte sie mit geschlossenen Augen. »Die Stunde begann um halb fünf und ging bis um Viertel nach sechs. Ihre Mutter hatte ihr erlaubt, zusammen mit ihren Freundinnen Lea und Benita nach dem Turnen allein nach Hause zu gehen. Die drei machten sich also auf den Weg. Sie hatten das Sportgelände gerade erst verlassen, als ein Wagen neben den Mädchen hielt und ein Mann gezielt nach Emma rief. Was er ihr sagte, haben die anderen zwei nicht verstanden. Aber Emma fing an zu weinen, das haben beide Kinder erzählt, und zwar ohne, dass der Mann irgendwie brutal geworden wäre. Er musste ihr irgendeine schlimme Geschichte erzählt haben. Auf jeden Fall ging Emma plötzlich um das Auto herum und machte Anstalten, einzusteigen. Das darfst du
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