Fünf: Schwarzwald Thriller 1
Schließlich saß Rainert im Gefängnis. Ihr war schlecht und die Aussicht, in ein paar Stunden wieder in ihrem Gespräch mit Rainert dem personifizierten Bösen persönlich in seine menschgewordene Fratze zu blicken, machte es nicht unbedingt leichter.
Marianne Volz ist … waren die Worte, die Rainert in ein paar Stunden von ihr hören wollte.
Was mochte jemand wie Rainert über ihre Mutter zu sagen haben? Ihre Mutter war eine herzensgute, liebe und anständige Frau. Seit Katrin denken konnte, hatte es zwischen ihnen nie einen ernsthaften Streit gegeben, und ihre Mutter hatte ihr immer das Gefühl gegeben, das größte Geschenk zu sein, das sie jemals erhalten hatte. Was wusste ein Teufel wie Rainert schon von ihrer Mutter?
»Ich frage mich, wie das alles zusammenpasst«, sagte Darren in ihre Gedanken hinein. Er hockte auf dem Boden, vor sich einen Stapel voller Blätter und Blöcke.
»Was meinen Sie, Darren?«, fragte Horn, während er ein Stück Schwarzbrot mit Käse kaute.
»Ich komme mit diesem Profil einfach nicht klar. Nichts, was wir bis jetzt über Rainert herausgefunden haben, lässt sich in irgendein Schema pressen. Seine Mutter, von der wir nicht einmal den Namen kennen, ist gestorben oder abgehauen, als er fünf Jahre alt gewesen ist.«
»Das erklärt das Alter der Kinder, die er entführt hat«, unterbrach ihn Katrin.
»Okay, das erklärt das, aber was noch?«
»Bis zu seinem zehnten Lebensjahr lebte er bei seinem Onkel, einem gewissen Klaus Rainert. Klaus Rainert war ein stadtbekannter Säufer und Schläger. Wahrscheinlich wurde Rainert von ihm verprügelt«, fuhr Darren fort.
»Das erklärt die Misshandlungen der Kinder«, warf Katrin ein. »Also, wenn sein Onkel so ein Ekel gewesen ist, dann lebt er an den Kindern wohl das aus, was er selbst hat erleiden müssen. Was ist so schwer daran zu verstehen?«, fragte sie ungeduldig.
»Daran ist noch nichts schwer zu verstehen«, gab Darren milde zurück, als hätte er die Schärfe in ihrer Stimme nicht gehört. »Aber wenn wir uns die ersten Taten ansehen, dann stellen wir fest, dass er sich währenddessen verändert hat. So, als wäre zum Schluss hin das Motiv ein anderes als zu Beginn.«
»Das hatten wir schon«, erwiderte Katrin. »Er hat die Kontrolle verloren.«
»Das«, mischte sich Horn ein, »wäre zwar eine Erklärung, aber eine falsche, da bin ich mir sicher.« Er nickte in Darrens Richtung. »Wenn er die Kontrolle verloren hätte, dann hätte er Melissas Entführung nicht so lange im Voraus planen und so eiskalt durchführen können. Genau wie diese Sache mit dem Rätsel-Code.« Er schwieg einen Augenblick. »Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass sein verändertes Verhalten wirklich etwas mit seinem Motiv zu tun hat.«
»Aber was könnte das sein?« Darren sah ratlos aus.
»Es muss mit mir und meiner Familie zu tun haben«, sagte Katrin in die Stille hinein. »Alles muss mit meiner Familie zusammenhängen. Immerhin sieht es so aus, als hätte er die letzten Opfer gezielt ausgesucht, um in eine Art Dialog mit mir zu treten.«
»Diesen Gedanken finde ich klasse«, rief Darren spontan. »Er sucht den Dialog! Genau das hat er ja auch getan, indem er verlangt hat, dass du die Verhöre mit ihm führst.«
Katrin lachte bitter auf. »Was für Verhöre denn? Ich darf ja nicht mal Fragen stellen. Stattdessen hat er den Spieß umgedreht und lässt uns wie seine Marionetten tanzen.« Sie war wütend. Und frustriert. Vor allem aber fühlte sie sich schwach und ausgeliefert.
»Bis vorhin habe ich gedacht, es ginge vielleicht um einen privaten Rachefeldzug gegen mich«, warf Horn ein, »weil Melissa die Tochter meiner Nachbarn und die Freundin meiner Tochter ist, aber inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher.«
»Das würde aber am ehesten Sinn machen«, entgegnete Darren nachdenklich.
»Und was ist dann mit dem Bezug auf Katrins Mutter? Und dann dürfen wir auch nicht vergessen, dass er in Katrins Wohnung gewesen ist und dass er dort Julias Unterhemd deponiert hat.«
»Keine Ahnung! Eine Finte? Eine Falle? Einfach nur sinnloser Irrsinn? Vielleicht steht er einfach nur auf Katrin.« Darren schien verzweifelt nach Möglichkeiten zu suchen, die Katrin aus dem Spiel ließen. Aber sie spürte genau, dass er selbst nicht recht an diese Möglichkeiten glaubte.
Kapitel 8
Ralf
W enn man ihn gefragt hätte, wann ihm das Töten zum ersten Mal wirklich Vergnügen be reitet hatte, würde er » Jennifer « sagen.
Ralf war an diesem
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