Für ein Lied und hundert Lieder
gezogen, streckte die Faust aus und gähnte, dass es meinen ganzen Körper nach oben zog, da wurde ich von einem Wachhabenden mit den Spitznamen Zärtlichkeit Liu festgehalten. Wie eine verlorene Seele verbarg er sich hinter dem Fenster, spähte eine ganze Weile herein, dann streckte er den Finger aus und zupfte an dem Reisnapf, der auf dem Fensterbrett stand. Ich war für einen Augenblick vor Schreck wie gelähmt.
»Hast du dich genug entspannt, Dichter?«
Seine Stimme war voller Bedauern. Ich gratulierte mir zu meinem Glück – dieser dürre und getrocknete Polizeibeamte hatte Sympathien für die Studentenrevolte. Am Anfang, als ich in das Gefängnis kam, hatte er mich privat in sein Büro zitiert und mich das »Massaker« lesen lassen und dabei tiefe Seufzer ausgestoßen.
Unerwarteterweise unterrichtete mich unser Regierung Ju am nächsten Morgen, ich müsse die Zelle verlassen, die großen gegen kleine Fesseln tauschen, und verkündete, die Zeit, in der ich sie tragen müsse, werde verlängert. Der letzte Rest meines Idealismus wurde auf diese Weise auf einen Schlag zerstört. Dieser Ju machte sich lustig: »Wie, immer noch nicht zufrieden? Wenn es etwas zu essen gibt, wirst du gefüttert, wenn du scheißen musst, macht dir einer die Hose auf, du führst ein Leben wie ein König.«
Ich bat ihn, mich einmal loszumachen, lehnte am Rand der Treppe und ging nicht in die Zelle, Regierung Ju lachte nur kalt: »Du bist doch der große Dichter, ich kleiner Polizeibeamter würde es nicht wagen, dir etwas abzuschlagen, also wirst du hier mit mir diesen drei Kerlen dort beim Sonnenbad zuschauen, sie haben in der Zelle um die Wette gesungen, ihre Regelverletzung war nicht ganz so schwer wie deine.«
Der Dachvorsprung schützte vor den Sonnenstrahlen, aber ich konnte von der blendend weißen Mauer gegenüber ahnen, wie sengend die Sonne sein musste. Die Gefangenen, barfuß und kahlköpfig, wie sie waren, standen mit hängenden Händen innerhalb von mit Kreide gezogenen Kreisen am Fuße der Mauer, der Schweiß, in dem sie trieften, war schnell vertrocknet, die drei geblendeten kahlen Kürbisse standen in einer flachen Salzlake, dann wurden sie gelb, verbrannten, mir wollte es scheinen, als würde ich den Geruch von gebratenen Kartoffeln wahrnehmen.
Genau um zwölf Uhr mittags bekam ein Gefangener einen Hitzschlag und fiel um. Regierung Ju befahl den Rotfellen einen Kübel kaltes Wasser herzuschaffen, um ihn wieder aufzuwecken. Vom Boden stieg ein wallender Siededampf auf; als die große Mauer mit Wasser in Kontakt kam, gab es brodelnde Wasserblasen, und dann pellte sich ein großes Stück von der Haut der Mauer ab.
»Der große Vorsitzende Mao sagt: ›Es ist eine unerschöpfliche Freude, mit dem Himmel zu kämpfen.‹«
Regierung Ju ließ sich von einem Rotfell mit einem Fächer Luft zuwedeln und ermunterte dabei die Bestraften: »Für jeden eine Schale Wasser und dann weiter mit der Freude, die ein Kampf mit dem Himmel macht.«
Auch ich profitierte von dem Befehl, mir wurde eine Schale Wasser hineingeschüttet, der heiße Schweiß verwandelte sich kurzzeitig in zahllose Blutegel, die am ganzen Körper herumbissen, ich drückte beide Hände hart auseinander und langte nach unten, um mir den Wirbel zu kratzen, das Gesäß, die Lenden, den Lendenfortsatz; und ich schaukelte mit den Knien, um mir über Wangen und Hals zu wischen, hob dann wieder beide Arme hoch, um das Kinn an die Achseln zu schwingen, wo das Jucken am unerträglichsten war.
Aber es gab Teile des Körpers, an die keine Kunstfertigkeit hinreichte, da blieb einem nichts anderes übrig, als sich wie ein Hund eine Mauer zu suchen und sich an einer unebenen Stelle zu wetzen, bis Blut kam. Als Regierung Ju das sah, klatschte er vor Vergnügen in die Hände: »Was für ein Schauspiel, dort tanzen Bergheilige mit bloßen Füßen in der Sonne, hier wetzt sich ein Intellektueller die Haut von der Pelle.«
Ich schwankte zwischen Scham und Wut und verlangte, in die Zelle zurückgebracht zu werden. Die Sonne neigte sich langsam gegen Westen, die drei Gefangenen wechselten mit der Sonne ihren Bestrafungsort, wo sie auf dem glühend heißen Boden von einem Fuß auf den anderen sprangen.
Da ich wegen irgendwelcher Verstöße häufig die Hände auf den Rücken gefesselt hatte, wurden Jucken und Kratzen zu einem Krebsgeschwür – wenn es irgendwo anfing zu jucken, konnte ich mich noch an einem Mauervorsprung und an einer Ecke des Kang wetzen; am schlimmsten zu
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