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Für ein Lied und hundert Lieder

Für ein Lied und hundert Lieder

Titel: Für ein Lied und hundert Lieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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sehen, ob da Fleisch drin ist oder Stahlarmierung!«
    Ren sank herab wie eine Hure, die ihren letzten Schnaufer tut, und wandte sich ungeniert hin und her. Mörder Nr. 1 zog ihm das Arschloch auseinander, Mörder Nr. 2 nahm die Erdnüsse aus der Hand von Doppelkreuzung und drückte sie ihm rein. Und bei jeder Erdnuss, die er ihm hineinschob, stopfte er mit einem Stäbchen noch zweimal nach.
    Ren streckte den Kopf unnatürlich weit nach vorne, er sah aus wie eine Ente, die vergewaltigt wird, das Maul stand ihm sperrangelweit auf, aber es kam kein Laut aus ihm heraus. Als sie ihm ein paar Dutzend Erdnüsse hineingestopft hatten, triefte Ren nur noch, so schwitzte er; er mühte sich, die Hände auszustrecken und die Füße von Doppelkreuzung zu fassen. Doppelkreuzung hielt ihn mit dem Fuß unten und sagte schockiert: »Der Hund ist eine Schwuchtel, so wahr wie irgendwas!«
    Huang Gang beugte sich vor, sah ihm ins Gesicht und meinte: »Sieht aus, als ob er etwas sagen will.«
    Aus Rens aufgequollenen Augenschlitzen fielen zwei trübe Tränen: »Ich gestehe!«, stammelte er.
    Kurz nachdem Ren in den regelrechten Strafvollzug überführt war, hat er das Geständnis widerrufen – ihm wurden sämtliche Knochen gebrochen, er hatte keine heile Stelle mehr am Körper und auch seine Organe waren ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen. Im Untersuchungsgefängnis hat er ein Jahr lang Blut gehustet. Da die Beweise allzu aufgesetzt waren, zog sich sein Fall über zwei Jahre hin. Am Ende hat ihn die Mittlere Volkskammer zum Tode verurteilt, aber sein Anwalt gab nicht nach und eilte in dieser Angelegenheit persönlich zum höchsten Provinzgericht. Als der Gefängnisarzt davon hörte, stieß er einen langen Seufzer aus: »Jetzt hat der Kerl auf Regierungskosten Medikamente für über 10 000 Yuan gefressen, und gerade wird es besser, da wollen die ihn einen Kopf kürzer machen, wenn das mal kein Unrecht ist!«
    Unter den Tausenden von Felldieben in den Provinzen des Südwestens genießen die vom Kiefernberg in Chongqing einen besonderen Ruf; wenn sie irgendwo mit irgend so einem Schlauberger nicht fertig werden, dann brauchen sie ihn nur hierherzuschicken, schon macht er sich in die Hosen. Dass im Untersuchungsgefängnis jemand totgemacht wird, das war so alltäglich wie Reis zum Essen. Ich hatte sehr viel Glück, dass mir nichts zugestoßen ist.
    Denn als damals die »Kampagne für freizügige Geständnisse und Anzeigen« richtig in Gang kam, kam die gute Nachricht, dass im Untersuchungsgefängnis am Nanji-Tor, in der Stadtmitte, jemand ums Leben gekommen war. Daraufhin musste man gar keine großen Verrenkungen mehr machen, eine Kampagne ging nahtlos in eine komplett entgegengesetzte Kampagne über, die Selbstanzeige-Slogans, die überall klebten, wurden übermalt und durch andere Slogans gegen die tyrannischen Knastkönige ersetzt. In aller Eile vergaßen die Rotfelle unter den Kriminellen die am höchsten gehängten Selbstanzeigeparolen, woraufhin im Gefängnis gleich zwei große Kampagnen gleichzeitig heiß liefen. Die gleiche Vollversammlung der Gefangenen wurde im Freiganghof abgehalten, die gleichen Bürokraten von vier Behörden, dem Sicherheitsamt, der Staatsanwaltschaft, dem Gericht und der Justizbehörde, hielten in gleicher Reihenfolge ihre Reden – der einzige Unterschied: ein zusätzlicher Statist von einem Unglücksraben, der mit auf den Rücken gefesselten Händen vor der Bühne stand.
    Der Kiefernberg entlarvte wie gewöhnlich eine Reihe von Knastkönigen, allen wurden Fußfesseln angelegt mit über siebzig Pfund schweren Superkugeln, damit wurden sie durch den Flur im ersten Stock geführt und an den Pranger gestellt. Jeder von ihnen hatte dazu noch einen Strick um den Hals, an dem er von einem Gangdieb gezogen wurde, und einer von den diensthabenden guten Onkels ging mit einer Bambusgerte in der Hand hinterher, schrie wie ein Viehhändler und trieb die Nachzügler mit Schlägen weiter. Die Fußketten schleiften über den Boden, ein Geräusch wie eine Gerölllawine, das ein langes, nicht enden wollendes Echo hinter sich herzog. Die Oberen hingen an den Zellentüren, drückten die Gesichter nach draußen, um sich das traurige Schauspiel nicht entgehen zu lassen. Doppelkreuzung sagte: »Gruppe acht ist zu weit gegangen mit der Speisekarte, die Oberen haben auf ganzer Linie verloren.«
    Nach gut zwei Stunden wurden die Schritte der Hauptdarsteller schwerer, aber vorangetrieben von der pfeifenden Gerte, schleppten sie

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