Fuer immer du
meinen Hausaufgaben. Aber eigentlich kaute ich nur auf meinem Füller herum und schweifte mit den Gedanken immer wieder zu diesem Experiment zurück. Ganz plötzlich musste ich weggetreten sein. Jedenfalls fand ich mich auf dem Boden liegend wieder, als ich aufwachte. Über mir die besorgten Gesichter einiger Mitschülerinnen und der Direktorin. Ich war noch nie ohnmächtig geworden. Hatte man während einer Ohnmacht Träume? Ich hatte scheinbar einen. Einen in dem zufällig die beiden Personen eine Rolle spielten, die mir gerade am meisten durch den Kopf geisterten.
Tigger sprang auf meinen Schreibtisch , riss mich aus meinen Gedanken und machte es sich auf dem Biologiebuch bequem. »Runter mit dir«, schimpfte ich. Er kniff die Augen zusammen, rollte sich ein und schnurrte zur Antwort. Ich stupste ihn an. »Runter, nun mach schon.« Ein Auge öffnete sich, musterte mich und schloss sich wieder.
Ich blies ihm ins Gesicht und er setzte sich aufrecht hin und starrte mich aus seinen gelben Augen gelangweilt an. Manchmal konnte er mich in den Wahnsinn treiben. Es kam mir so vor, als wüsste er genau, was ich von ihm wollte und stellte sich mit Absicht stur. Wahrscheinlich war es für meine Mutter genauso frustrierend, wenn ich immer das Gegenteil von dem tat, was sie von mir verlangte.
Mit einer Handbewegung wollte ich ihn wegjagen, wedelte h erum und machte: »Ksch! Ksch!« Das orangefarbene Fellbündel sauste wie eine Kanonenkugel davon, klatschte gegen die Wand neben meinem Bett und landete kreischend auf der Matratze. Das Fell auf seinem Rücken sträubte sich und er fauchte mich an, während ich mit offenem Mund dasaß und an die Wand starrte.
Was war das denn gewesen? Der Kater schoss aus dem Zimmer und achtete dabei darauf, einen weiten Bogen um mich herumzumachen.
»Ich habe dich kein bisschen berührt«, rief ich entrüstet hinter ihm her. Komisch kam mir das dennoch vor. Tigger kann unmöglich so weit gesprungen sein. Nur so aus Neugier hob ich meine Hand und wischte damit durch die Luft. Ich lächelte über mich selbst, wedelte aber noch einmal in Richtung meines Füllers, der vor mir auf einem Heft lag. »Sei nicht blöd«, sagte ich zu mir und schüttelte den Kopf. »Er ist einfach nur erschrocken und hat sich in der Panik verschätzt.« Klar, dein Kater springt weiter als jeder andere auf der Welt, dachte ich und rollte mit den Augen. Ich schüttelte über mich selbst den Kopf und beschloss, nach der armen Katze zu sehen.
Der gnädige Herr reagierte nicht auf meine Rufe. Ich fand ihn zusammengekauert unter dem Sofa. Er fauchte mich an, schlug mit seiner Pfote nach mir, ließ sich dann aber doch hervorlocken – dem Klappern einer Packung Crispies konnte er noch nie widerstehen. Ich ließ meine Finger tastend über seinen Körper gleiten.
»Alles in Ordnung, dir ist nichts passiert«, sagte ich mehr zu mir als zu ihm.
Auch wenn ich noch so lange darüber nachgrübelte, was da eben passiert war, meine Hausaufgaben würden sich nicht von alleine machen. Also setzte ich mich wieder an meinen Schreibtisch. Aber mit der Konzentration war es vorbei. Ich starrte meinen Füller an, der noch immer an der gleichen Stelle lag wie vor meinem Versuch. Wie blöd musste man sein, zu glauben, dass so was wie Telekinese wirklich existierte? Dass man wirklich Gegenstände mit Kraft seiner Gedanken bewegen konnte? Und doch war da so ein inneres Gefühl, das mir sagte, hier lief etwas nicht richtig.
Vor mir blitzten Bilder auf; Adrian, der bei unserem ersten Treffen, wie von unsichtbarer Hand gezerrt rückwärtsstolperte. Eine Autotür, die zuschlug, gerade als mir genau dieser Wunsch durch den Kopf ging. Die merkwürdigen Blicke, die Sam und Adrian gewechselt hatten.
Der Füller begann zu wackeln, während ich ihn weiter anstarrte. Dann schoss er an mir vorbei und prallte an die gleiche Wand wie Tigger.
Einen Moment saß ich da und konnte es nicht fassen. Mein Herz raste vor Schreck. War das wirklich passiert? Nein, so was gab es nicht. Unmöglich. Mein Kopf war wie leergesaugt. Ich starrte die Wand an, die den Flug des Stiftes gestoppt hatte. Fast mechanisch lief ich darauf zu, ließ meine Finger über den rauen Putz streichen. Keine unsichtbare Schnur oder ähnliche Vorrichtungen, die sich jemand hatte einfallen lassen, um ein Spiel mit mir zu spielen.
An solche Dinge wie Magie oder Parapsychologie glaubte ich nicht. Noch weniger an Geister. Aber der Füller war durch das Zimmer geflogen. Er war an der Wand
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