Fuer immer Ella und Micha
bitte irgendwas machen?«
Ich liege auf dem Bett und lese wieder und wieder die Nachricht. Gestern kam eine SMS von meinem Dad. Angeblich muss er mich sehen, mich etwas fragen. Ich starre die Nachricht an und überlege, ob es eine gute Idee ist, sich wieder auf so eine Nummer mit ihm einzulassen. Wir haben uns zweimal getroffen, und beide Male waren unangenehm und kränkend. Andererseits werde ich nicht aufhören zu grübeln, solange ich nicht erfahre, was er will.
»Weiß nicht … Wir könnten irgendwo was essen gehen.« Ich richte mich halb auf, setze mich auf die Bettkante und schreibe meinem Dad eine SMS , wo er mich treffen will.
Er antwortet schneller, als ich gedacht hätte, und bittet mich, ihn in ungefähr einer Stunde bei der Bäckerei oben an der Ninth Street zu treffen. Zunächst schwanke ich, sage dann aber doch zu.
»Nein, mir ist was dazwischengekommen.« Ich ziehe mir einen schwarzen Hoodie über und schließe den Reißverschluss. »Ich muss jemanden treffen.«
Ethan wirft mir einen bösen Blick zu. »Einen weiblichen Jemand?«
Ich nehme die Hausschlüssel von der Kommode. »Nein, nur jemanden, den ich von früher kenne.«
Nun sieht Ethan verwirrt aus. »Doch nicht Naomi, oder? Denn ich würde dir dringend raten, dich von der fernzuhalten. Die ist durchgeknallt. Gestern Abend hat sie praktisch versucht, mich zu vergewaltigen.«
»Als hättest du was dagegen gehabt!«
»Hey, ich mag Frauen und alles, aber die ist ehrlich ein bisschen zu viel des Guten. Sie ist von dem Barkeeper über einen Typen, der Flyer auf der Straße verteilt, zu mir gewandert. Außerdem steht sie in Wahrheit auf dich.«
»Weiß ich.« Ich stecke meine Brieftasche hinten in meine Jeans. »Du warst nicht der Einzige, bei dem sie es gestern probiert hat.«
»Wow!« Er macht große Augen. »Und ich dachte, ich bin übel.«
Ich packe mein Handy in die Hoodie-Tasche. »Kannst du mir einen Gefallen tun? Kannst du Dylan und Chase sagen, falls sie aufkreuzen, dass ich es eventuell nicht zur Probe schaffe?«
Ethan wühlt durch die mageren Vorräte im Kühlschrank. »Glaubst du, dass die sich blicken lassen? Ich meine, seit du zurück bist, hast du außer Naomi keinen von denen gesehen, und zur Probe gestern sind sie auch nicht gekommen.«
»Ja, ist mir klar.« Ich öffne die Haustür und stelle fest, dass es regnet. »Aber falls sie auftauchen, sagst du es ihnen?«
Achselzuckend holt er einen Karton Orangensaft aus dem Kühlschrank. »Ja, ja, ich sag’s ihnen. Kommt es eigentlich nur mir so vor, oder löst sich eure Band gerade auf?«
»Irgendwie«, murmele ich und schließe die Tür. Ich ziehe die Kapuze auf, gehe die Treppe nach unten und hinaus in den Regen und durch einige Pfützen zur Straße.
Seit dem kleinen Zwischenfall mit Naomi läuft es in der Band nicht mehr. Angefangen hat es damit, dass sie mich mied. Dann verloren Dylan und Chase das Interesse, als sie entdeckten, dass sie eine Menge Geld als Barkeeper in diesem reinen Frauenclub verdienen konnten.
Momentan allerdings mache ich mir mehr Sorgen, was mich beim Treffen mit meinem Vater erwartet.
Als ich bei der Bäckerei ankomme und meinen Dad an einem der Tische sitzen sehe, möchte ich am liebsten umkehren. Nervös trommele ich mit den Fingern gegen mein Bein und betrachte ihn durch die Scheibe, während Regen auf mich herabtropft. Er liest Zeitung und trinkt einen Kaffee. In seinem grauen Anzug mit dem roten Schlips und der Aktentasche neben sich auf dem Boden sieht er wie ein Anwalt aus. Plötzlich geht mir auf, dass ich keinen Schimmer habe, was er macht oder wer er ist. Er ist ein Fremder, genau wie die Leute, die auf dem Gehweg an mir vorbeilaufen.
Ich reiße mich zusammen und betrete die Bäckerei. Drinnen riecht es nach Vanille, was mich an Ella denken lässt. Zwei der acht Tische sind besetzt, und das Mädchen hinter der Glasvitrine voller Cupcakes und Keksen zieht mich mit den Augen aus.
Mein Dad blickt von seinem Kaffee auf, und seine blauen Augen weiten sich. »Ah, Micha, du bist tatsächlich gekommen.«
Ich setze mich ihm gegenüber hin. »Selbstverständlich bin ich gekommen. Wenn ich sage, dass ich komme, dann tue ich es auch. So ein Mensch bin ich nun mal, was du wüsstest, würdest du mich kennen.«
Er räuspert sich mehrmals und streicht imaginäre Falten an seiner Krawatte glatt. »Hör mal, Micha, ich bedaure aufrichtig, was ich getan habe, dass ich ein schlechter Vater und nicht für dich da war.«
Stirnrunzelnd verschränke ich
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