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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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mit den Wissenschaften von ihnen im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert entstanden seien, oder daß »der Autor«, als jemand, der nicht Urheber, sondern eher Effekt seiner Texte sei, in unserem Zeitalter, da Texte in multivalentere Beziehungen zueinander träten, verschwinden müsse, oder daß die Vernunft etwas sei, das vom philosophischen Diskurs bis zur Medizin vor allem der repressiven Kategorisierung und dem Ausschluß von Leuten und Sachen dient, die man, als unvernünftig, tunlichst unterdrücken will.
    Das alles leidet nur vordergründig an einem schweren Hau in der Sache, einem ideologisch-idealistischen Zwölfender von Denkfehler, wonach Rede und Symbolgeschichten das Eigentliche seien, menschliche Praxis aber das Abgeleitete, im Licht der Ideen und Textwelten erst Verständliche.
    Daß das ein Schmarren ist, weiß nämlich eh jeder: Als ob, beispielsweise, das Herausstellen und Bereden und Verkaufen von Sex-Zeichen nicht mit härtester Unterdrückung zahlloser Arten sexueller Lebensweisen wunderbar zusammenginge, als ob man auf den Repressionsbegriff verzichten könne, weil es Sexualität als Anpassungsköder gibt, wie seit Urzeiten, wo ewig lange vor allem Ehe und Puff zuständig waren: Dann ist halt der Puff größer geworden und die Ehe geschrumpft, kein Grund, die Repression als kritische Kategorie zu verabschieden, nur weil der so schön späte, an den Liberalisierungserfolgen seit der Aufklärung müde parasitierende Herr Foucault so viele pornographische Bücher und Kunstwerke kennt, daß sie ihn schon wieder langweilen. Das also läßt sich nur zu leicht aufl ösen.
    In Wirklichkeit ist der Denkfehler nicht das Entscheidende, nur durch Dummheit wird man ja nicht zum Idol der demoralisierten Intelligenz (aber es hilft, schon klar). Ihn für das Entscheidende zu halten, hieße sogar, denselben Denkfehler noch einmal zu begehen. Das Entscheidende ist, daß Foucault den ganzen Wix selber nicht glaubt, ihn nämlich, oft im selben Text, schon wieder halb zurücknimmt.
    Wo er sagt: Es gibt keine Repression, sagt er zugleich: Na ja, wobei, irgendwie doch, und dasselbe ist es mit dem Subjekt, dem Autor, dem Wesen des Menschen: Es gibt sie, aber auch irgendwie zugleich nicht, sie sind sozial erzeugt, aber auch ganz echt, sie verschwinden von allein, aber man muß sie abschaffen, sie sind illusionär, aber doch störend vorhanden.
    Das ist nicht Unbeholfenheit, sondern hat System: Er sagt damit, und das macht ihn für so viele kaputte Köpfe so anziehend, daß ihn eigentlich gar nicht interessiert, ob seine Behauptungen stimmen, daß es kein Entrinnen gibt, Hauptsache, sein ödes Leben, seine verschissene Intellektuellenexistenz wird ein bißchen bunter durch einerseits kontroverse Thesen und andererseits eine daran gekoppelte, wiederum symmetrisch begriffs- und theorielose blinde Aktionsgeilheit – auf die Straße gehen und schreien, mal für die finsteren Katholenschnauzbärte von Solidarn o ´ s c ´ , mal für gefangene Maoisten im französischen Knast, mal für Khomeini, mal für Kinderschänder, Hauptsache unterdrückt, dann kann er seine Schnöseleien zur scharfen Apostasie aufquirlen.
    Neben dem Laptop, auf dem ich Dir das hier schreibe, liegt umgedreht der zweite Band der »Schriften«. Da hintendrauf steht ein Zitat, das dies alles in vollendeter Schlichtheit zugibt und ganz offen sagt, daß all die »Theoriearbeit« nur Rabatz machen soll, daß er nichts, was er sagt, für wahr hält, bestenfalls für nützlich im Sinne ruhestörenden Krakeels: »Ich möchte, daß meine Bücher Skalpelle, Molotowcocktails oder Minengürtel sind und daß sie nach Gebrauch wie ein Feuerwerk zu Asche zerfallen.«
    Daß man nicht versteht, was er damit sagt, oder dieses Unverständnis erfolgreich hat vortäuschen und sich einreden können, liegt wohl daran, daß es so ungeheuerlich ist. Wollt Ihr den totalen Quatsch?
    Wer, der unterm Skalpell lag, einen Molotowcocktail an die Birne gekriegt hat oder durch einen Minengürtel sich bewegen mußte, kann das anders lesen als mit Ekel für die verrückte Spinne, von der es stammt?
    Sein Werk soll so aufregend sein, wie es in seinem Herzen leider nicht zugehen kann, weil das ein finsteres Loch ist. Und der Typ wurde be­rühmt dafür, daß er verlangte, die Menschen sollten aus ihren Leben Kunstwerke machen: Dieser Typ.
    Die Atmosphäre, die er schafft, weist ihn dabei immer als empfindlich auf subtile großräumige intellektuelle Wetterveränderungen reagierenden, in

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