Für immer in Honig
was man daran sehen kann, daß es Verhexte in ihm gibt. Denn das wäre nicht nötig, wenn er nicht so unvollkommen wäre. Wichtig war das aber für Marx bloß als eine Art von längerer Abschweifung zu seinem eigentlichen Lieblingsthema, einer umfassenden Theorie von der möglichen und wünschenswerten modernen Enthexung der modernen Verhexten.
Moderne Verhexte verdienen ihren Lebensunterhalt am Markt oder kriegen ihn als Almosen von den Teilnehmern des Marktgeschehens zugewiesen. Sie sind also Verkaufte oder Verschenkte . Die Verschenkten lassen wir kurz weg und betrachten die Verkauften, denn sie sind wenigstens an der Scheiße beteiligt, statt nur zugucken zu müssen (das ist das beste wahre Argument dafür, sie mit der Abschaffung der Scheiße zu beauftragen anstelle der ganz Rausgefallenen – letzteres wollten immer nur Anarchisten, verrannt Religiöse und professionell Verrückte).
Das Verdienen des Lebensunterhalts vollstrecken die Verkauften unter den Verhexten in Form des Verkaufs ihrer Arbeitskraft. Davon leben sie, denn sie haben nicht genug Geld, um daraus mehr Geld zu machen. Das geht nämlich nur mit viel Geld. Man braucht im Laufe der kapitalistischen Geschichte sogar immer mehr Geld, um noch mehr Geld draus zu machen, denn die Produktionsmittel werden immer bombastischer, immer effektiver, immer zentralistischer, so daß nicht mal mehr einzelne Kapitalisten sie sich leisten können, sondern nur noch Aktiengesellschaften und andere Zusammenrottungen von Unternehmern, Machern, Betreibern, CEO s, Parasiten und Providern. Das Ende nennt der Sozialwissenschaftler »postindustrielle Gesellschaft«. Dies bedeutet keineswegs, daß die Industrie verschwunden, sondern im Gegenteil, daß sie so riesig geworden ist, daß der Sozialwissenschaftler sie nicht mehr sehen kann, weil sie bereits die Sonne verdunkelt. Das Subjekt des Ganzen sind zu diesem Zeitpunkt nicht mehr einzelne Kapitalisten, wie im ganz frühen Stadium, sondern es sind AG s, Konzerne, Multis, Transnationale, kurz, es ist die Klasse der Kapitalisten als Ganze.
(…) Was ist eine Klasse? Gibt’s das, ist das nicht so was Altes aus Indien mit Kasten und so? Dachte der Verf. auch lange. Aber man kann das Wort Klasse sinnvoller benutzen: In der industriellen und »postindustriellen« Gesellschaft ist das, kann man sich einigen, einfach eine Gruppe von Menschen, die als Gruppe , nicht individuell, ein bestimmtes Verhältnis zu den Maschinen der großen und riesigen Industrie hat: Besitzen, Besitzenkönnen, Dranarbeitendürfen, Nichtdranarbeitendürfen oder gar keins (= Penner).
(…) Man könnte sagen, das Subjekt ist allmählich das Geld selber, das stets mehr Geld werden will. Wenn das lange genug weitergeht, fängt das Geld sogar an zu denken. Noch weiter, und es merkt, daß es denkt. Davon wird es dann verrückt und glaubt, es bilde sich die Leute nur ein.
Dieser Zustand ist nicht nur nicht vernünftig, er ist unbegrei flich : Wie kann etwas, das nicht lebt, Subjekt werden? Dieser Zustand, weil er unbegrei flich ist, versetzt alle Leute, nicht nur die Verhexten, auch die Profitsucher, in eine permanente Höhlenpsychose: Die Welt wird was Mythologisches. Aus Produktion wird Magie, aus Vernunft wird Mythematik, aus Heilkunde Mythizin und so weiter. Wo was Totes Subjekt des gesamtgesellschaftlichen Geschehens ist, wirkt auf alle übrigen Kadaver das üble Vorbild des toten Königs stimulierend, lauter tote Sachen regen sich, galvanisiert vom zuckenden, auf seine eigene Vermehrung geilenden Geld, mischen sich ein, die Leichen greifen die Lebenden an.
So kam es zu der Welt, in welcher der Verf. dies schreibt.
3 Das Zucken des Geldes ist, du ahnst es schon, eine Metapher.
Was der Verf. meint, äußert sich als Wechsel der guten und schlechten Geschäftszeiten, in den Schwankungen einer zügellosen, unsere Volkswirtschaftler kurz vor der Postmortalen nannten es: deregulierten Konkurrenz. Das einzige, was die innerhalb des von ihr selbst geschaffenen Raums, wo ihre martialischen Gesetze gelten, punktuell eindämmt, sind Monopole: Wenn mal eine Partei eine Runde eindeutig gewonnen hat, hoch die Tassen.
Und die Verhexten? Dämmen die das Ding ein, können sie, könnten sie? (…)
Am Anfang des Vorgangs haben Marx und Co. für die modernen Verhexten ein Wort gebraucht, um sie vom Rest der Menschheit zu unterscheiden: Proletariat. Für dieses Wort hat man gegen Ende des Vorgangs kaum noch Verwendung gehabt, weil es nicht mehr nötig war, diese
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