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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Minuten handeln.«
    Spätere Kamera- und Tonaufzeichnungen von dem, was im Konferenzraum im siebten Stock geschah, als Reuland in Begleitung des Kommunikationsleutnants, seines eigenen Adjutanten und zweier Sicher heitsmänner diesen verließ, dokumentierten neben einem als Hustenanfall getarnten Fluch des gedemütigten Europa-CinC vor allem das namenlose Entsetzen auf dem Gesicht und in der Körpersprache eines der elf O ffizi ere, die außer den CinCs am elliptischen dunkelblauen Glastisch saßen.
    Das war der Mann mit der Sporenbombe im Koffer, deren Zündung zwar nicht automatisch, sondern manuell erfolgte, im Moment der Ankunft des Leutnants aber bereits erfolgt war – die im Kofferfutter eingenähte Drei-Komponenten-Waffe aus Plastiksprengstoff, chemischem und biologischem Gift konfigurierte sich selbst, noch während Reuland überlegte, ob er wirklich aufstehen sollte. Der O ffizi er mit der Bombe hatte die Nerven verloren, hatte gefürchtet, daß ihm sein geplantes Opfer entgehen konnte, als der Telefonbote erschienen war, und im Kopf ausgerechnet, daß die zweieinhalb Minuten von der Zündung bis zur Detonation eigentlich reichen müßten. Hatte den Knopf gedrückt.
    Und hatte dann zusehen müssen, wie sich die Tür hinter Reuland schloß. Er war nicht aufgesprungen, hatte nicht geschrien, war nicht geflohen, hatte den Koffer nicht von sich geschleudert – wenigstens die CinCs mußten dran glauben, insofern war das Attentat kein Fehlschlag. Reuland hörte den Knall der Explosion im Aufzug, duckte sich reflexhaft und wurde im nächsten Moment schon von zwei, dann von sechs Mann den Gang im sechsten Stock entlang zum Telefonzimmer geführt, in das man ihn daraufhin mehrere Stunden einschloß, während die Lockdown-Prozedur stattfand und die Dekontaminationsarbeiten erledigt wurden.
    Na gut, dachte Reuland und klopfte sich geistesabwesend mit der behandschuhten Linken auf den Bauch, als man ihn ins Telefonzimmer führte. Sicherheitseinschließung: Jeder der sechzig einzeln abriegelbaren Räume im Gebäude wies im Gegensatz zu den auch bei Lockdown noch untereinander verbundenen vierhundert übrigen eine Seitentür mit angeschlossenem Badezimmer, Toilette usw. auf, es würde also auszuhalten sein.
    Reuland ließ sich auf den einzigen Stuhl im Raum fallen, der Adjutant aus Mecklenburg stand in der Türe, sah ihn zweifelnd an. Reuland verscheuchte ihn mit einer Handbewegung und den Worten: »Geh mit dem Leutnant und den Sicherheitsfuzzis, laß dich in einen der Mannschaftsräume bringen. Ich komme klar hier drin.«
    In diesem Augenblick klingelte das gänsefedergraue Telefon auf dem Tisch – richtig, der Anruf. Der Mecklenburger schloß die Tür von außen. Reuland zog die Handschuhe aus, legte sie ruhig neben den dudelnden Apparat, wartete, bis das Lockdown-Alarmgeheul abgeklungen war und nahm dann den Hörer ab: »Reuland.«
    »Na, alte Gulaschkanone? Ist ja noch mal gutgegangen.«
    »Was eigentlich genau?« raunzte der General, und Cordula Späth antwortete: »Na der Mordanschlag, von dem ich leider erst vor zwanzig Minuten erfahren habe. Ich hätte zwar eher gedacht, er unterbleibt komplett, oder der Typ versucht, auf dich zu schießen, wenn ich dich aus dem Raum rufe.«
    »Hmpf«, machte Reuland, mäßig enthusiasmiert. »Und was willst du jetzt dafür, einen Orden? Ich könnte vor Freude voll abkotzen.«
    Cordula seufzte. Dann summte die Leitung leise, und Reuland fragte sich schon, ob die W-Beschützerin, mit der er auf Geheiß der US-Präsidentin leider zusammenarbeiten mußte und die er weniger mochte als eingewachsene Zehennägel, die Verbindung unterbrochen hatte.
    Dann holte Späth deutlich hörbar Luft und sagte: »Also, wenn ich wirklich einen Wunsch freihabe – sei nicht so hart zu den Jungs. Den Verschwörern. Laß sie einbuchten, aber am Leben, okay?«
    »Du hast mir gar nichts vorzuschreiben, Musikantin. Und wenn du irgendwelche Informationen hast, wer hinter diesem … Mordanschlag stecken könnte, dann rate ich dir gut …«
    »Ich wußte, daß du es persönlich nehmen würdest. Das hast du immer gemacht, schon als wir dich Matjasewitsch nennen sollten. Wer’s war, wirst du schon selber rausfinden müssen.«
    Damit unterbrach sie die Verbindung tatsächlich. Reuland kramte umständlich ein monogrammbesticktes grünes Taschentuch aus seiner Uniformhosentasche, um sich zunächst mal ausgiebig zu schneuzen.
    2  Allzu schwer war’s nicht, die Verantwortlichen für den Anschlag zu finden,

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