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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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wahrscheinlich sogar – ich war nie in einem – größer als im Isolationstank voll mit Schwebelauge. Die Technik habe ich bei Heavy-Metal-Gigs gelernt, und mich nicht mal gewundert, daß sie auch im Krieg funktioniert.
    Daß es zu der Zeit plötzlich sehr viel lauter wurde, heller auch: Das habe ich schon mitgekriegt, nur fürchte ich, daß es mich nicht mehr besonders interessierte.
    Dabei wurden wir gerade gerettet, von jungen Löwen aus dem Westen – die Leute, denen wir Wasser gebracht hatten, die Jungs von der Siedlung bei den unheimlich in Reih und Glied Habacht stehenden Palmen, erfüllten endlich ihren Teil des Beistandspakts. Der Kapuziner mischte sich ein.
    Ich öffnete die Augen erst wieder, als Jamal, in die Seite getroffen und aus einer tiefen Schnittwunde auf der Stirn blutend, mich vor- und zu­rück­riß, als wollte er mir den letzten Rest Pudding aus den Ohren schütteln. Das Rollfeld war ein Altkleiderhaufen aus Leichen, die Geschütze der Flieger säbelten in den Boden wie Klingen.
    Unsere Retter legten sich mit ihren Maschinen in Spiralflüge, putzten die Sicherheitsgürtel aus, überflogen das Lager immer wieder, südwärts, nordwärts, südwärts, nordwärts. Als erstes hatten sie wohl von hinten die Geschütze des Feindes vernichtet, denn anders als unsere blieben ihre Flugzeuge lange genug in der Luft, um ihre Arbeit zu tun.
    Sweeps zu ebener Erde sind, während ich das hier schreibe, noch im Gange.
    Es müssen wohl welche entkommen sein ins Gebirge, aber nicht viele – etwa hundertachtzig Zombies, reguläre Soldaten und Zombotiker sind tot, gegenüber fünfzig Männern, Frauen und Kindern im Camp. Echnaton ist unverletzt. Kadaver: Bei jedem fragst du dich, ist da Solanum drin, schlagen wir dafür vielleicht paar Dollar raus?
    Sie werden wiederkommen, sagen die Piloten unserer Retter – sie können kein Englisch, Jamal und Alice übersetzen uns, was sie vorschla gen: Sie wollen Clinton in Sicherheit bringen, sagt Jamal, und einige besonders schwer Verletzte, die wir hier nicht versorgen können. Spätestens morgen müssen wir entscheiden, wohin wir übrigen gehen, denn das Camp ist nicht zu halten, und genau darum ging es: Ein Vorposten ist vernichtet, die Höhen gehören ihnen.
    Ich gehe jetzt zu Karin. Es geht ihr, höre ich gerade von Alice, sehr schlecht. Simon sitzt bei ihr, ich hoffe, er erträgt es, daß ich mich da zusetze, anstelle seines Vaters, der seit zwei Stunden bewußtlos ist und vielleicht nicht mehr zu sich kommen wird.

VIERUNDVIERZIGSTES KAPITEL
    Draußen und oben • Lebensumstände an der Grenze • Programmieren • Gipfeltreffen • Auf wessen Kosten?
    1  »Das ist so schön, dieses Ding. Diese … feierliche Riesenmurmel«, sagte Andy und drückte die Hand fest gegen die kalte Scheibe, während er auf die Erde schaute.
    »Man glaubt von hier aus gar nicht, wie es da zugeht«, sagte Judith und zog sich am Haltegriff links vom Nutzlastschrank in die Höhe.
    »Wenn du da hoch willst … raufgehst … runter … oder wie immer die korrekte Richtung heißt«, bemerkte Jennifer Brunner, deren Stimme noch immer ein bißchen heiser war, »an der ähm radialen Andocköffnung vorbei, dann siehst du durchs ähm eiförmige Panoramafenster den Mond. Kommt einem vor, als ob wir ungefähr gleich weit davon weg wären wie von der Erde.«
    »Ist aber nicht so, oder?« fragte Judith unsicher. »Wir sind doch in einer ziemlich … Cordula hat gesagt: in einer niedrigen Erdumlaufbahn.«
    Vorlaut rief Valerie aus der Tankzone: »Am Arsch, Umlaufbahn! Wir fallen, wir fallen an der Erde vorbei, das bedeutet Umlaufbahn! Des halb die Schwerelosigkeit, versteht ihr, wir befinden uns … im … freien … Fal l !«
    Andy machte »Tsss«, um den andern zu bedeuten, daß er Valeries zackiges Gehabe mißbilligte, und stieß sich vom Fenster ab. »Ich werd’ mal duschen, bin heute ja wohl dran.«
    »Viel Spaß«, sagte Judith geistesabwesend, sie konnte die Augen nicht von Nordafrika lassen: braune Kruste, bemalter und glasierter Teig. Das Modul, in dem sie sich befanden, war vergleichsweise klein, gerade mal die dreifache Größe des alten amerikanischen Skylab-Orbiters aus den siebziger Jahren. Es diente offenbar, hatte sich Judith gemerkt, weil sie glaubte, das vielleicht noch mal brauchen zu können, als eine Art »Zwischenposten für Colin Kreuzers Leute« (Cordula), wer immer die genau waren und was immer man sich unter »Zwischenposten« vorzustellen hatte. Judiths Haare wuchsen

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