Für immer in Honig
Abschied nachholten, den sie damals, viel zu überzeugt, daß er schon nicht für lange sein würde, übersprungen hatten. Jenny fuhr mit der Hand in seinem Haar rum, Philip, der die beiden andern umgriffen hatte, drückte mit seinen starken Armen zu, und Robert dachte: In unsern Vierzigern. Das haben wir nicht für möglich gehalten, daß das mal kommt – die Revolution vielleicht, oder ein richtiger Weltkrieg, aber nicht das.
»Frau Dieringshofen! Es ist mir eine Ehre!«
Das gutmütige Bartmonster, das Robert immer noch nicht als den Vordenker einer vergessenen Weltpartei erkannte, räusperte sich, stand auf und ging zu der Frau, die hinter Jenny im Schatten auf dem Treppenabsatz stand. Robert, der sich jetzt von den andern löste wie die von ihm und voneinander, hatte sie noch nie getroffen, meinte aber, sie schon mal gesehen zu haben – Popstar, Film, internationale Politik? Sie sah Braun schweigend an, nahm aber seine Hand und ließ sich ins Zimmer führen, wo die Plätze neu verteilt wurden und der Alte, statt weiter von Plastik zu predigen, sich eine große Zigarre anzündete und mit Behagen auf die verschiedenen Wiedersehen und neu geschlossenen Bekanntschaften blickte.
»Robert, das ist Lena Dieringshofen.«
»Lena, das sind Sue und äh …«
»Wo hast du die ganze Zeit …«
»My name is Dawn.«
»Ich, nein äh, danke, nur Tee vielleicht wäre schön.«
»Stefanie.«
»It’s nice that you’re finally here, we were worried.«
»Was Neues von den Pfauen?«
»Jennifer, hallo.«
»Brauchst dich nicht auf ein Kissen setzen, wir haben noch genug Stühle übrig.«
»Are you hungry?«
»Wo sind wir eigentlich hier genau?«
Dies letzte, eine Frage, deren Antwort auch Robert interessierte, kam von Lena Dieringshofen, die sich nur zögernd neben dem Alten auf einen von Sue, der jüngeren der beiden Frauen, hinter einem der schweren Vorhänge vorgeholten und rasch herangeschobenen Sessel niederließ. Jennifer, die, kaum war sie im Schneidersitz günstig zentral am Boden plaziert, sofort angefangen hatte, Krabbenchips aus einem Schälchen, das Robert bislang übersehen hatte, in sich hineinzustopfen, antwortete, als wär’s keine große Sache:
»Wir sind in Florida, nahe Cape Kennedy – interessanter Ort Nummer eins – und, nach der andern Seite, unweit eines SHARP -Silos – interessanter Ort Nummer zwei –, und morgen, das heißt«, sie hob das Handgelenk und zeigte allen, die zu ihr hersahen – das waren fast alle im Raum – ihre protzige Taucheruhr, »in ungefähr neuneinhalb Stunden geht von Ort Nummer eins ein Satellit hoch, der die raumgestützten SHARP- Kanonen in ihrer erratischen Bäumchen-wechsel-dich-Umlaufbahn – interessanter Ort Nummer drei – auf das richten soll, was von Kreuzers Flotte im Orbit übrig ist, die nämlich Metallbauteil für Metallbauteil recycelt wurde, um daraus den neuen Personen- und Materialfrachter zu bauen, der in etwas mehr als zehn Stunden, also knapp nach dem Satellitenstart, die reichen Scheißer zum Mars bringen soll, wo ein Vorab-Trupp von Technikern, Terraformern und anderen Proleten schon auf sie wartet. Wir werden, wenn wir können, erst den Satelliten stoppen, den die amerikanische Präsidentin hochschickt, um der Menschheit die Bedrohung durch die Lords und Ladies vom Hals zu schaffen, die eines Tages gestärkt vom Mars zurückkehren könnten und die Erde erneut an sich reißen. Wir wollen diese Leute retten, wenn es geht, denn es sind zwar alles Arschlöcher, aber Massenmord billigen wir nicht. Dann werden wir in den Silo eindringen, dessen Lage die Präsidentin nicht kennt – sie hat es bloß fertiggebracht, die Weltraumwaffen wieder in amerikanische Gewalt zu bringen, die irdischen sind dank Lenas halb wissentlicher Vorarbeit schon so gut wie unter der Kontrolle von Cordula Späth. Auch das wollen wir ändern – hallo, Bela.«
Im Türrahmen erschien, ganz in Schwarz gekleidet, ein W, den Robert nicht kannte, Schnapsflasche in der rechten Hand, kleine elektrische Blitzfäden zwischen den Fingern der Linken.
»Freund und Genosse Bela hier«, nickte Jenny in seine Richtung »wird, weil er sich so gut auf Elektrisches versteht, uns dabei helfen, ohne Keyboard ins elektronische System des SHARP -Silos und damit ins Gravnetz, das ihn mit allen andern Silos seiner Art verbindet, einzudringen. Mit Lenas mathematischen und meinen Programmierkenntnissen können wir Bela dann diktieren, was er dem Zeug für Impulse geben soll, um es lahmzulegen.
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