Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
seinem Hinweis recht gehabt. Trotz seiner beträchtlichen Körpermasse wirkte Schatz nun kümmerlich und hilflos. Er saß zusammengesunken auf einem einfachen Stuhl vor einem Tisch mit grauer Kunststoffplatte. Eine Jammerfigur von einem Rocker.
Roder rieb sich aufgeregt die Hände. „Den knack ich in einer halben Stunde. Dann gesteht der!“
Er wäre am liebsten gleich zu Schatz gestürmt und hätte ihn niedergemacht, aber Mechthild wollte keine unkontrollierte Schlacht im Vernehmungszimmer, sondern eine planvoll durchgeführte Befragung. Sie erläuterte Roder und Ayse noch einmal eindringlich das gemeinsame Vorgehen, dann ging sie mit Roder zu Schatz.
Mechthild setzte sich auf den Stuhl gegenüber von Schatz. Nur der Tisch trennte sie. Roder hielt sich im Halbdunkeln hinter ihr und schaute bedrohlich drein. Er rieb sich mit der linken Hand die Faust der rechten. Schatz bemerkte sofort die feindlich gesinnte Anspannung, die von Roder ausging, und blickte immer wieder von Mechthild zu ihm. Mechthild tat aber so, als wenn sie seine verunsicherten Blicke nicht bemerkte.
„Mein Name ist Mechthild Kayser, Herr Schatz. Ich bin Kriminaloberrätin und leite die Mordkommission. Sie stehen im Verdacht, eine Frau ermordet zu haben.“
„Ich?“ rief Schatz entrüstet und machte Anstalten, sich vom Stuhl zu erheben, als er bemerkte, dass Roder sofort einen entschlossenen Schritt nach vorne machte. Schatz dachte, dass Roder ihn anspringen wollte, so gefährlich kam ihm dieser Mann vor, so dass er sich sofort wieder hinsetzte.
Mechthild tat so, als wenn sie Roder gar nicht bemerkt hätte. Aber es war zu spüren, dass Schatz sich eingeschüchtert fühlte. Dieser große, kräftige Mann war psychisch eine Null. Ohne seine Kutte und den Kreis seiner Freunde war er schwach und unsicher. Sie sagte kein weiteres Wort, verharrte nur mit ihrem Blick auf ihrem Gegenüber. Und Schatz begann leise noch einmal, da er dachte, wenn er nichts sagen würde, käme das einem Geständnis gleich. Obwohl er schon häufiger mit der Polizei zu tun gehabt hatte, war er noch nie in eine solche Vernehmungssituation gekommen. Er konnte seine Situation nicht einschätzen. Kam er hier wieder heraus? Kam ihm jemand irgendwann zu Hilfe? „Ich, ich habe niemanden umgebracht“, stammelte er. „Auch nicht diese beiden Frauen!“
Mechthild schaute auf. „Sie wissen, dass es um zwei Frauen geht, obwohl ich noch nichts davon gesagt habe?“
Schatz fühlte sich ertappt und war jetzt noch unsicherer geworden. Er rutschte auf dem Stuhl hin und her, als ob er nicht wüsste, in welcher Richtung er sich weiter äußern sollte. „Das können doch nur die beiden Frauen aus der Zeitung sein!“
„Was wissen Sie von ihnen?“ hakte Mechthild sofort nach.
Schatz fühlte sich noch weiter in die Enge gedrängt. „Gar nichts! Gar nichts! Sie wollen mir nur was anhängen. Das ist doch klar!“ platzte es aus ihm heraus.
Mechthild spürte, dass Schatz etwas zu verbergen hatte. Wenn er mit der Sache nichts zu tun gehabt hätte, dann wäre er nicht so nervös und ängstlich. Sie wusste: Jetzt mussten Fakten kommen. „Sie sind an einem der Tatorte in verdächtiger Weise gesehen worden. Sie lieben Gewaltvideos, in denen Frauen etwas angetan wird. Und in Ihrem Transporter haben wir Blutspuren gefunden! Wie erklären Sie sich das?“
Schatz antwortete gar nichts auf die konkreten Vorwürfe. Er wiederholte nur immer wieder, dass er nichts mit den Morden zu tun habe.
Mechthild erkannte, dass dies der Zeitpunkt war, wo sie nicht mehr weiterkommen würde. Schatz hörte nicht mehr zu, sondern versteifte sich auf das bloße Wiederholen seiner Unschuldsbeteuerungen. Entweder hatte er gemerkt, dass sie ihn richtig am Wickel hatten, oder er wusste einfach nicht mehr weiter und wollte Zeit schinden. Sie dachte an die Worte von Bernd Schultze und seine Tätereinschätzung: intelligent, weltgewandt, gute Manieren. So oder so ähnlich hatte er ihn beschrieben. Mechthild ärgerte sich, dass sie ihm nicht genau zugehört hatte. War Schatz in Wirklichkeit sehr schlau und machte hier einen auf dummen Rocker? War alles nur Verstellung? Mechthild wartete darauf, das Spielfeld jetzt Roder überlassen zu können. Wo blieb nur Ayse? Hatte sie noch nicht kapiert, was hier los ist?
Endlich wurde die Tür zum Vernehmungszimmer aufgerissen. Ayse trat halb ein. Schatz wandte hilfesuchend seinen Blick auf sie, aber sie beachtete ihn nicht. „Frau Kayser. Es ist wichtig. Könnten Sie mal eben
Weitere Kostenlose Bücher