Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
womöglich beliebig war! Dann hätten wir keine klassische Beziehungstat vor uns.“
„Abgesehen davon, dass das Opfer korpulent sein musste, um die Verstümmelungen vornehmen zu können. Und dass er sie natürlich auch irgendwo kennengelernt haben musste. Oder glaubst du an einen vorangegangenen Überfall oder eine Entführung?“
Mechthild überlegte kurz. „Darauf deutet im Moment nichts hin. Jedenfalls war die Wohnung der Toten in einem normalen Zustand. Wenn dort ein Einbruch oder ein Kampf stattgefunden hätte, dann wäre das den Flensburger Kollegen bestimmt nicht entgangen. Der Täter muss sie irgendwo anders getroffen haben. In einem unverfänglichen Rahmen.“
„Und was glaubst du? Wollte er, dass die Leiche gefunden wird?“
Mechthild spielte mit dem Rotweinglas in ihrer Hand. Sie versuchte sich zeitliche Dimensionen aus der Sicht eines Mörders vorzustellen. Wenn eine Leiche erst nach Wochen gefunden wurde und eher durch einen Zufall, als dass man damit rechnen konnte, war das zwangsläufig ein Hinweis darauf, dass sie nicht entdeckt werden sollte? Die Partyveranstaltung konnte jedenfalls nicht vorhergesehen werden. Und das Gebäude stand schon seit Jahren leer. Das hätten ohne Frage noch weitere Jahre werden können. Aber warum dann konservieren? „Ich bin mir völlig unsicher“, antwortete sie. „Zum einen kann das ein gutes Versteck gewesen sein. Aber warum lässt er die Leiche nicht verwesen? Ich weiß es nicht. Ich kann nicht mehr. Lass uns aufhören! Mir geht sonst zu viel im Kopf herum.“
Ayse stimmte ihr zu. Sie kamen nicht wirklich voran. Sie hatten einfach zu wenig Informationen, um sich ein ausreichendes Bild machen zu können.
„Schade, dass wir nicht in einem amerikanischen Krimi mitspielen“, versuchte Ayse die Stimmung wieder zu lockern. „Dann würde ich hier als Profilerin sitzen und sagen: Er ist männlich, circa vierzig Jahre, natürlich schwarzer Hautfarbe. Er hat einen mittleren Bildungsabschluss, vielleicht ein abgebrochenes Studium. Sein Frauenhass basiert auf einer unerfüllt gebliebenen Beziehung zu seiner Mutter, die er immer als zu dick empfand. Und er wollte immer, dass sie Weiße sind.“
Mechthild musste lachen. „Genau, und morgen machen wir eine Rasterfahndung, und dann haben wir ihn!“
Sie erhoben ihre Gläser und prosteten sich zu.
Als Ayse gegangen war, lag Mechthild noch lange wach in ihrem Bett. Mit Ayse zusammen zu sein, gab ihr ein wenig das Gefühl zu leben. Eine Normalität wie andere zu haben. Arbeiten zu gehen, Freunde zu besuchen und einzuladen. Gemeinsam schöne Dinge zu erleben und sich daran zu erfreuen, auf der Welt zu sein. Seit Anna verschwunden war, hatte sie fast nichts von alldem. Das kurze Zusammensein mit Ayse war das kleine bisschen Wohlgefühl, das sie zum Überleben brauchte. Mehr nicht. Sie wollte sich nicht mehr erlauben, Freude, Genuss, Schönheit und Liebe empfinden zu dürfen. Nicht ohne Anna. Wie hätte das gehen sollen? Es wäre ihr wie der Verrat an ihrer Tochter vorgekommen. Als wenn sie beginnen würde, sie vergessen zu wollen.
Tränen rannen Mechthild übers Gesicht. Sie fand keine Lösung für sich. Wenn Anna tot wäre, dann könnte sie wenigstens trauern und irgendwann einen Neubeginn unternehmen. Aber dieser Gedanke war schrecklich. Sie wollte ihre Tochter zurückhaben. Natürlich war ihr klar, dass die Fortsetzung ihres jetzigen Lebens ohne Anna nicht dafür geeignet war, eines Tages wieder glücklich zu sein. Vielmehr trüge die Abkehr von Freude und Liebe nur dazu bei, dass ihr Inneres eine Entmenschlichung erfahren würde. Irgendwann lief sie Gefahr, auf diesem Wege auch die Verantwortung für sich zu verlieren. Sie würde sich selbst gegenüber gleichgültig werden. Oder hatte dieser schleichende Prozess schon längst begonnen? War sie noch bei sich, war sie noch engagiert bei ihren Aufgaben? Begann sie vielleicht schon im Beruf zu versagen? Hatte sie schon begonnen, das Interesse am Leben zu verlieren? Kam sie deshalb mit ihren Ermittlungen im Fall Mathilde Burkhardt nicht voran?
„Warum hast du die tote Frau umgestaltet?“ fragte Mechthild leise die Wände ihres dunklen Schlafzimmers. Ihre Gedanken waren wieder bei der Suche nach dem Mörder. Ihre Tränen waren getrocknet.
KK Heller war bester Laune. Er saß im Campagne und erfreute sich an der Vielzahl junger, hübscher Frauen. Er stellte für sich fest, dass er viele der anwesenden jungen türkischen Mädchen äußerst attraktiv fand, und hätte
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