Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
freundlich. Sie durfte ihre Gesprächspartnerin nicht verlieren. Sie hatte mit ihrem Freund wirklich etwas Entscheidendes gesehen. „Sie müssen verstehen, wir stehen hier unter großem Druck. Und Sie sind offensichtlich eine ganz wichtige Zeugin. Das war ein schrecklicher Mord, und wir müssen doch gemeinsam alles tun, um weitere Taten zu verhindern.“
„Ja, ich weiß“, antwortete die Frau weiterhin ängstlich. „Aber der Mann sah so gefährlich aus. So brutal. Wir wollen mit solchen Leuten nichts zu tun haben. Das macht uns Angst!“
Mechthild musste sich noch mehr einfallen lassen. Diese Zeugin, sofern sie nicht log, hatte eine wichtige Aussage zu machen. Ein Transporter und ein Plastiksack am späteren Fundort der Leiche, das konnte der Durchbruch sein. Schmerzlich fiel ihr ein, dass sie Roder am frühen Morgen so halbherzig abgefertigt hatte, als er ihr den Hinweis auf diese Zeugin gab. Roder hatte einen ausgeprägten Spürsinn. Das hätte sie nicht ignorieren dürfen. Jetzt war sie heilfroh, doch noch ans Telephon gegangen zu sein. Die Dienstbesprechung musste warten.
„Seien Sie bitte ganz beruhigt“, beschwichtigte Mechthild ihre Gesprächspartnerin. „Es geht uns nicht so sehr darum, zu wissen, wer Sie sind. Wir wollen diesen Mörder haben. Und ich bin dankbar für alles, was Sie mir mitteilen. Also erzählen Sie einfach weiter!“
Im Hörer hörte Mechthild eine Straßenbahn vorbeifahren. Die Anruferin schien aus einer Telephonzelle anzurufen. „Wir haben alles genau aufgeschrieben, was wir gesehen haben. Ich lese das jetzt einfach vor. Es war morgens, etwa sechs Uhr. Wir sind den Ostertorsteinweg Richtung Innenstadt gegangen. Das Auto stand in der Contrescarpe. Etwa da, wo die Leiche gefunden wurde. Der Mann war groß und sehr kräftig. Ein bisschen dick. Vom Alter her etwa dreißig. Er hatte einen kurzgeschorenen Schädel, wie die Neonazis. Er trug schwarze Kleidung. Und er hatte uns ganz merkwürdig angeguckt. Wir sind schnell weitergegangen, da wir Angst bekamen. Wir hatten das Gefühl, das etwas nicht in Ordnung war. Wir haben uns das Kennzeichen gemerkt und sind dann nach Hause gegangen.“
Mechthild hatte alles mitgeschrieben, doch jetzt stockte ihr der Atem. „Sie haben das Kennzeichen notiert?“
„Ja, es war HB-AC 316.“
Mechthild blätterte aufgeregt in ihren Unterlagen. Das Kennzeichen kam ihr bekannt vor. Wo war nur die Aussage der Frau, die den toten Gärtner gefunden hatte? Sie wurde nervös und zappelig. Endlich konnte sie das Papier finden. Fieberhaft überflog sie die Zeilen, die Heller protokolliert hatte. Sie fand die richtige Stelle und glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Dort stand: HB-AC und wahrscheinlich eine 3.
„Sie dürfen jetzt bitte nicht auflegen. Ihre Mitteilung ist unheimlich wichtig. Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht reinlegen will. Bitte glauben Sie mir und legen Sie nicht auf!“
Mechthild wartete. Der Hörer blieb stumm. Plötzlich hörte sie, wie die Frau weiteres Geld in den Münzautomaten warf. Das war geschafft. Sie blieb erst einmal dran. Mechthild konnte beruhigter fortfahren. Sie durfte jetzt nur nichts von der Aussage der anderen Zeugin erzählen. Sonst könnte die Frau denken, dass sie nicht weiter benötigt würde. „Sie sagen, Sie haben den Mann gesehen. Würden Sie ihn denn auch wiedererkennen?“ fragte sie vorsichtig.
„So was mache ich nicht!“ war die hektische Antwort der Frau. „Ich will mit der Sache nichts zu tun haben!“
Mechthild wusste, dass sie jetzt lügen musste. „Das verstehe ich. Ich hätte selber auch Angst vor solchen Leuten. Aber ich kann das so arrangieren, dass nur wir beide uns Photos ansehen. Wir verabreden uns. Keiner braucht etwas mitzukriegen. Wir können das auch abends machen, wenn hier keiner mehr ist. Sie brauchen mir nicht einmal Ihren Namen zu nennen. Wenn Sie jemanden erkennen, sagen Sie es mir, und dann gehen Sie einfach wieder. Ich brauche Sie!“
„Ich überlege es mir!“ antwortete die Anruferin kurz und legte abrupt auf.
Scheiße, dachte Mechthild. Ein Kennzeichen allein ist einfach noch keine runde Sache. Sie griff zum Hörer und wählte das Besprechungszimmer an. Roder nahm ab. Als er die Stimme seiner Chefin hörte, wollte er gerade darauf hinweisen, dass sie schon eine halbe Stunde überfällig sei. Aber Mechthild ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. „Ich brauche Sie sofort in meinem Büro. Allein. Sagen Sie den anderen, sie sollen warten!“
Roder stand im
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