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Funke, Cornelia

Funke, Cornelia

Titel: Funke, Cornelia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rekkless
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Clara ging trotzdem zu ihm. Der Stein konnte den, den sie
geliebt hatte, immer noch nicht völlig verbergen, und er war so allein.
    »Jacob
kommt bald zurück, Will. Ganz bestimmt.«
    Er drehte
sich nicht um.
    »Bei Jacob
weiß man nie, wann er zurückkommt«, sagte er nur. »Glaub mir, ich weiß, wovon
ich rede.«
    Sie waren
beide da: der Fremde aus der Höhle, dessen Kälte sie immer noch wie Gift auf
der Zunge schmeckte, und der andere, der vor dem Zimmer seiner Mutter auf dem Krankenhauskorridor
gestanden und ihr jedes Mal, wenn sie vorbeiging, zugelächelt hatte. Will. Sie
vermisste ihn so sehr.
    »Er wird
zurückkommen«, sagte sie. »Ich weiß es. Und er wird einen Weg finden. Er liebt
dich. Auch wenn er nicht besonders gut darin ist, es zu zeigen.«
    Aber Will
schüttelte den Kopf.
    »Du kennst
meinen Bruder nicht«, sagte er und kehrte dem See den Rücken zu, als wäre er es
leid, sein Spiegelbild zu sehen. »Jacob hatte sich noch nie damit abfinden
können, dass manche Geschichten kein gutes Ende nehmen. Oder dass Dinge und
Menschen verloren gehen ...«
    Er wandte
das Gesicht ab, als erinnerte er sich an die Jade. Aber Clara sah sie nicht. Es
war immer noch das Gesicht, das sie liebte. Der Mund, den sie so oft geküsst
hatte. Selbst die Augen waren noch die seinen, trotz des Goldes. Aber als sie
die Hand nach ihm ausstreckte, schauderte er, wie er es in der Höhle getan
hatte, und die Nacht war wie ein schwarzer Fluss zwischen ihnen.
    Will zog
die Pistole, die Jacob ihm gegeben hatte, unter dem Mantel hervor.
    »Hier,
nimm«, sagte er. »Du wirst sie vielleicht brauchen, falls Jacob nicht
zurückkommt und ich morgen deinen Namen nicht mehr weiß. Falls du ihn töten
musst - den anderen mit dem Steingesicht -, sag dir einfach, dass er dasselbe
mit mir getan hat.«
    Sie wollte
zurückweichen, aber Will hielt sie fest und drückte ihr die Pistole in die
Hand. Er vermied es, ihre Haut zu berühren, aber er fuhr ihr mit den Fingern
durchs Haar.
    »Es tut
mir so leid!«, flüsterte er.
    Dann ging
er an ihr vorbei und verschwand unter den Weiden. Und Clara stand da und
starrte die Pistole an. Bis sie an den See trat und sie in das dunkle Wasser
warf.
     
    28
     
    NUR EINE ROSE
     
    J acob blieb die ganze Nacht. Auch wenn sie nach Asche
schmeckte. Er löste schwarzes Haar aus der Dunkelheit und suchte nach Trost
auf Mirandas weißer Haut. Erlaubte seinen Fingern, sich zu erinnern, und seinem
Verstand, zu vergessen. Draußen lachten und flüsterten die anderen Feen, und Jacob
fragte sich, ob Miranda ihn beschützen würde, falls sie ihn entdeckten. Aber es
war ihm gleich. Alles war ihm gleich in dieser Nacht. Kein Morgen. Kein
Gestern. Keine Brüder und Väter. Nur dunkles Haar und weiße Haut und rote
Flügel, die etwas in die Nacht schrieben, das er nicht verstand.
    Doch als
selbst das Zelt sie nicht mehr vor dem Tag schützen konnte, begann der Biss auf
seiner Hand zu schmerzen, und alles war zurück: die Angst, der Stein, das Gold
in Wills Augen - und die Hoffnung, dass er doch noch einen Weg gefunden hatte,
all dem ein Ende zu machen.
    Miranda
fragte nicht, ob er zurückkommen würde. Bevor er ging, ließ sie ihn nur
wiederholen, was sie ihm über ihre dunkle Schwester verraten hatte. Wort für
Wort.
    Bruder.
Schwester.
    Die Lilien
schlossen sich schon vor dem ersten Morgenlicht und Jacob sah auf dem Weg zum
Boot keine andere Fee. Aber der Schaum, der draußen auf dem See trieb, kündigte
an, dass das Wasser bald eine weitere gebären würde.
    Will war
nirgends zu sehen, als Jacob auf das andere Ufer zuruderte, aber Clara schlief
zwischen den Weiden. Sie schreckte auf, als er das Boot an Land schob. Nach der
Schönheit der Feen glich sie einer Wiesenblume in einem Strauß von Lilien. Doch
sie schien weder ihre schmutzigen Kleider noch das Laub in ihrem Haar zu
bemerken. Alles, was Jacob auf Claras Gesicht sah, war die Erleichterung
darüber, dass er zurück war - und die Angst um seinen Bruder. »Dein Bruder wird sie brauchen. Und du auch.« Fuchs hatte
wieder einmal recht gehabt. Sie hatte immer recht. Und diesmal hatte er zum
Glück auf sie gehört.
    Sie kam
mit so gesträubtem Fell unter den Weidenzweigen hervor, als wüsste sie genau,
warum er erst jetzt zurückkam.
    »Das war
eine lange Nacht«, sagte sie mürrisch. »Ich habe mir schon die Fische daraufhin
angesehen, ob einer von ihnen dir ähnlich sieht.«
    »Ich bin
zurück, oder?«, antwortete Jacob. »Und sie wird ihm

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