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Furchtbar lieb

Furchtbar lieb

Titel: Furchtbar lieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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gewesen war, und all seine Freunde aus dem Filmgeschäft schnupften Koks und fickten, wen auch immer sie ficken wollten. Er hätte seinem Regisseur und seinen Schauspielerkollegen niemals gesagt, dass er Mädchen unter zwölf Jahren bevorzugte, aber hätte er es getan, sie hätten vermutlich nicht mit der Wimper gezuckt.
    Er hatte L. A. verlassen, als die Mutter eines Mädchens anfing, Anschuldigungen zu erheben. Seitdem war er kreuz und quer durch Großbritannien gezogen. Zuerst hatte er in London gewohnt, wo er regelmäßig und auf angenehme Weise seinen Freizeitaktivitäten nachgegangen war. Wenn er nur an die neunjährige Statistin aus Staffel eins seiner Sitcom dachte, wurde er schon ganz scharf, und wenn er sich vorstellte, wie das Mädchen, das er im Park getroffen hatte, genau so im Gebüsch saß, wie er es ihr gesagt hatte, tat es fast weh.
    Dann war er nach Glasgow gezogen, um mit Vivienne Morgan und ihrer wunderschönen Tochter Sarah zusammenzuleben. Aber dann hatte Marie Johnston, eine Freundin von Sarah, ihn bei ihrer Mutter verpfiffen.
    Er hatte die Situation falsch eingeschätzt. Das Geld und die Stofftiere hatten nicht ausgereicht. Er wurde angeklagt, und ihr kleiner Bruder bestätigte ihre Aussage, aber sein Anwalt hatte die Anklage auf einen netten, vagen Verstoß gegen den öffentlichen Frieden heruntergedrückt.
    Damals hatte man auf Sexualstraftäter nicht so sehr geachtet wie heute. Es gab kein Polizeiregister für diese Delikte,nichts. Und so zog er einfach zurück nach London und fing von Neuem an. Aber irgendein Spinner kam ihm auf die Schliche, und so ging er in den Norden, in ein idyllisches, familienfreundliches Dorf namens Drymlee, dreißig Minuten von Glasgow entfernt – weit genug, um unerwünschten Begegnungen mit früheren Bekannten aus dem Weg zu gehen.
    Jane gefiel ihm wirklich sehr. Sie war die Reinheit in Person. Er liebte die Art, wie sie auf dem Sofa saß und kokett kicherte, während er vorgab, den Regisseur anzurufen, der vorgab, nicht kommen zu können. Dann führte er ein vorgebliches Interview über die Messerstecherei mit ihr, von dem sie ihrer Mutter erzählen konnte. Dann ging er in die Küche, traf ein paar Vorbereitungen und rieb sich ein paar Mal an dem verchromten Stahl des Kühlschrankes, während er überlegte, ob er dagegen ankämpfen solle. Alles lief so gut – seine Arbeit, seine Wohnung, sein Park, das Muttchen von Nachbarin mit seinen Pflanzen und der Enkelin – und er war in den letzten Monaten so vorsichtig gewesen.
    Ach, zum Teufel, dachte er, während er den Rest seines Whiskys herunterkippte und eine leere Videokassette aus seinem Büro holte. Er hatte es sich verdient. Heute würde er ein Glas Johannisbeersaft verschütten.

[Menü]
    Kapitel vierunddreißig
    »Bitte, Chas, bring mich nicht dazu, hinzugucken.«
    Aber seine sanfte Hand und der Ausdruck auf seinem Gesicht brachten mich doch dazu, aufzustehen und ihm zu der Öffnung zu folgen.
    Im Schatten der Felskante war es dunkel, und einen Moment lang sah ich nichts als Schwärze. Ich ging näher heran, und mir graute vor dem Anblick meiner besten Freundin Sarah, die ich umgebracht und hier zurückgelassen hatte. Ich war jetzt näher dran. Mein Kopf steckte in der Finsternis und meine Augen gewöhnten sich langsam an die Schwärze. Und jetzt sah ich etwas, etwas Weißes, Rotes …
    »Krissie! Krissie, wach auf! Krissie, kannst du mich hören?«
    Chas und einer der Kommissare tauchten über mir in meinem Blickfeld auf, und der riesige Himmel war blau und unschuldig für den kurzen Moment zwischen Bewusstlosigkeit und Realität.
    Ich fuhr hoch und saß kerzengerade da.
    »O Gott. Was? Wie?«
    Dem Gesichtsausdruck des Kommissars nach zu urteilen, empfanden wir alle dasselbe: Wir alle wollten entsetzt losschreien angesichts der Blutlache, in welcher der Leichnam schwamm, des geöffneten Mundes, vor dem eine acht Zentimeter große Spinne inmitten ihres perfekt symmetrischen Netzes saß, angesichts der Sehnen, die aus den Stümpfen der abgetrennten Arme hingen, und der ausgestochenen Augen von Doktor Kyle McGibbon.
    Chas brauchte eine Weile, bis er mich überzeugt hatte, dass ich Kyle nicht getötet hatte. Ich bekam das einfach nicht in denKopf. Wie konnte Kyle sonst in die Felsspalte gelangt sein? Schließlich war ich seit dieser unerlaubten Vögelei völlig von der Rolle gewesen. Vielleicht war es Kyle gewesen, den ich gestoßen hatte, nicht Sarah? Vielleicht war Sarah an dem Abend nicht einmal auf der

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