Fuzzy Sapiens
sein“, sagte Gerd. „Darauf bin ich nicht gekommen. Vermutlich auch niemand anderes.“
Dr. Jan Christian Hoenveld war verärgert, verschnupft und verlegen, am meisten aber verärgert.
Es war eine befriedigende Sache gewesen, ein bisher unbekanntes Chemikal zu entdecken, besonders, wenn es sich in einem seit langem hergestellten und verbreiteten Produkt befand. Er begriff, wie es zustande gekommen war: ein Abfallprodukt bei einem Herstellungsprozeß, das sich als sicher und nahrhaft für Menschen und andere Lebensformen erwiesen hatte. Niemand hatte je weiter einen Gedanken daran verschwendet, bis ein paar kleine Tiere – nein, vernunftbegabte Wesen, das war wissenschaftlich erwiesen –, sein Fehlen einfach durch Probieren entdeckt hatten. So etwas geschah immer wieder einmal, und er war eigentlich stolz auf seine Entdeckung gewesen, hatte sogar schon einen Namen dafür gehabt: Hoenveldin. Ganz sicher hätte er es auch irgendwann künstlich herstellen können, aber das hätte eben mindestens ein Jahr gedauert, und das hatte er auch noch jedem erzählt.
Und jetzt war es innerhalb eines Tages künstlich hergestellt worden, falls man das so nennen konnte. Und zwar von einem reinen Amateur, einem Nichtwissenschaftler! Und dann auch noch in einer Küche, statt in einem Labor! In einer zerbeulten Bratpfanne!
Das Schlimmste daran war, daß dieser Laie auch noch sein Arbeitgeber war. Die Angaben eines Leitenden Managers der Zarathustragesellschaft konnten nicht so einfach ignoriert werden, jedenfalls nicht von einem Wissenschaftler der Gesellschaft.
Er erhob sich von dem Sessel in dieser Ecke des Labors, und begann, zwischen den Arbeitsbänken herumzulaufen. Zehn Männer und Frauen, acht von ihnen allein mit dem Problem beschäftigt, das Gerd van Riebeek ihnen aufgegeben hatte, die für eine kontinuierliche, ernsthafte Forschungsarbeit ausfielen. Er blieb am Arbeitsplatz einer der Frauen stehen.
„Miß Iresca, können Sie auf Ihrem Platz nicht besser Ordnung halten?“ fauchte er sie an. „Alles gehört an seinen Platz. Woran arbeiten Sie eigentlich?“
„Oh, ich hatte so eine Idee wegen diesem Hokfusin.“
Idee! Das war das ganze Problem des Wissenschaftszentrums – zuviele Ideen und Einfälle, aber keine handfesten Theorien.
„Oh, das Titaniumzeug. Es ist ein Name, den Mr. Grego vorgeschlagen hat. Er hat ihn von zwei Fuzzy-Bezeichnungen, hoku fusso, wundervolles Essen. So nennen die Fuzzys das Ex-Te-Drei.“
Natürlich, Hokfusin. Jetzt gingen sie schon an, Fuzzybegriffe in die wissenschaftliche Nomenklatur aufzunehmen!
„Dann vergessen Sie mal Ihre Ideen“, sagte er ihr, „Hier liegen genügend organische Proben und Muster von einem schwangeren Fuzzyweibchen herum, die zu analysieren sind. Man möchte schnell Ergebnisse haben – überhaupt muß heute alles schnell gehen, wie mir scheint. Und beseitigen Sie das Durcheinander auf Ihrem Arbeitsplatz. Muß ich Ihnen denn noch sagen, daß Ordnung die erste Tugend wissenschaftlicher Arbeit ist?“
16.
Sie saßen alle in Jacks Wohnzimmer, und beinahe war alles wieder so wie an jenem Abend, als Gerd van Riebeek das erste Mal hier herausgekommen war, als er und Ruth und Juan Jimenez gekommen waren, sich die Fuzzys anzusehen, ohne damals zu ahnen, welche Folgen das für den Vertrag der Gesellschaft haben würde. All die neuen Büromöbel und Maschinen, die bisher diesen Raum verstopft hatten, waren während der zwei Wochen, in denen er sich mit Ruth in Mallorys Port aufgehalten hatte, verschwunden, und es fand sich nur noch das massive, gemütliche Mobiliar, das Jack sich selbst geschreinert hatte. Dazu gehörten auch die Buschgoblin-, Veldtier- und Scheusalfelle und der Waffenschrank.
Sie waren nur zu fünft, wie an jenem Abend vor drei Monaten, oder drei Zeitaltern? Juan Jimenez und Ben Rainsford waren nicht anwesend, sie waren von Pancho Ybarra, der in einem tiefen Sessel lag, und Lynne Andrews auf der Couch neben Ruth ersetzt worden. Jack saß in dem Lehnstuhl vor seinem Tisch und versuchte, Baby Fuzzy davon abzuhalten, ihm auf den Kopf zu klettern. Auf dem Fußboden, mitten im Zimmer, spielte Jacks Fuzzy-Familie mit kleinen Bau- und Bastelteilen, die sich zu bunten Mustern und Farben zusammenlegen ließen.
„Und wir können überhaupt nichts tun?“ fragte Lynne.
„Nein, niemand kann etwas machen. Die Leute in Mallorys Port haben es aufgegeben. Natürlich wird noch daran gearbeitet, aber nur, um eine wissenschaftlich exakte
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